Wenn die anderen das machen ist es viel schlimmer!

Jaja, die Nepalesen sind schon ganz harte Sucker… erklärte man mir gestern. Ziemlich verrückte, abergläubische Wilde, die vollkommen grundlos ziemlich viele Tiere enthaupten wollen *sigh*. Es ist ja auch echt nicht möglich, eine Petition gegen solche in der Tat fragwürdige Aktionen zu starten, ohne dass ein paar denkfaule Internet-Parasiten die Zielrichtung der Petition von „Für die Tiere“ in „Gegen Nepalesen“ uminterpretieren.

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Diese Gadhimai-Nummer liest sich in der Tat nicht wie die tollste Idee seit Erfindung der Gegensprechanlage: Vor 260 Jahren träumte irgendein Typ in einem fernöstlichen Gefängnis von einem Blutopfer. Und nach seiner Entlassung bedankte sich dieser Ex-Knacki dann bei seiner Göttin für die offenbar geleistete Unterstützung, indem er irgendein wehrloses Tier dafür abmurkste.

Und weil das bei diesem Heini scheinbar ganz toll funktioniert hat, rennen in der Region Jahr für Jahr die Menschen zusammen, um noch viel mehr Tiere abzumurksen. Im Jahr 2014 geschätzte 500.000 Tiere. Wie auch sonst sollte man sich beim Schöpfer bedanken, wenn nicht, indem man einen Teil seiner Schöpfung zerstört?! „Hey Gott, danke für die Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte, die war super-praktisch! Zum Zeichen meiner Dankbarkeit habe ich mehrere der von Dir erschaffenen Tiere über den Haufen geballert und ein paar Wälder angezündet. Ich hab Dich nämlich echt lieb und hoffe, dass die Aschewolken von da oben hübsch aussehen“. *KRAWUMM* (Meine Theorie: Immer wenn es donnert macht Gott einen Facepalm).

Klingt das absurd hoch neun? Aber hallo… Trotzdem wirkt es auf mich einen Ticken heuchlerisch, wenn sich überzeugte Fleischesser (Michael, der Mann in der Kommentarspalte, nannte sich selber so) über diese ganze Geschichte ungebremst echauffieren. Ja, 500.000 Tiere auf einen Schlag, das sind ganz schön viele. Und die Vorstellung, dass die meisten dieser Tiere enthauptet werdenvon vom Blutopfer berauschten Jungs, ist ziemlich ekelhaft. Wenn die nicht alle über die Axt-Skills von Gimli dem Zwerg verfügen, überleben nicht wenige dieser Tiere den ersten Versuch. Und so eine missglückte Enthauptung wünscht man echt niemandem, es ist einfach nur furchtbar.

Aber wieso soll das jetzt um Größenordnungen schlimmer sein als das, was man hierzulande Tieren so antut? Ich will damit nicht sagen, man solle keine Kritik üben dürfen solange man nicht die perfekte Existenz erlangt hat; aber anderen abergläubische Blutrünstigkeit zu unterstellen während man selbst nun wirklich exakt das Selbe macht, das ist irgendwie plemplem. Stimmt, wir enthaupten unsere Tiere nicht. Wir lassen sie in unterschiedlichen Betäubungs-Stadien in Kreissägen oder Brühbäder fahren. Juhu, wir sind so toll! Wir kastrieren sie ohne Betäubung, kürzen Schnäbel, brennen Hörner aus und zerhäckseln Küken. Ich schlage die Bundesrepublik für den Nobelpreis für Tierliebe vor.

„Aber Moment!“, schreit Michael dazwischen, „Ich finde Massentierhaltung auch nicht gut, aber 500.000 Tiere auf einmal ohne guten Grund, das geht zu weit!“. Ja, das ist schon echt ’ne ganze Menge lieber Michael. Apropos ’ne ganze Menge… wie viele Tiere schlachen wir wohl so in Deutschland? Im Jahr 2012 waren es 750 Millionen Tiere. Das sind pro Tag ca. 2 Millionen Tiere. Jeden Tag töten wir in Deutschland 2 Millionen Kreaturen. Nun leben hier mehr Menschen als in Nepal, ungefähr 3 mal so viele, auf nepalesische Verhältnisse runtergerechnet töten wir nur knapp 700.000 Tiere pro Tag.

Mit anderen Worten: Wir veranstalten jeden fucking Tag im Jahr ein verdammtes Gadhimai-Schlachtfest, nur eben über das ganze Land verteilt.

Und wenn man sich jetzt trotzdem aufregt, weil wir dir Tiere zum essen töten während die Blutopfer primär aus Aberglauben sterben müssen: Wir haben hier im aufgekärten Westen auch ein paar hübsche Tage, an denen die Bolzen in den Schlachthöfen aus recht albernen Gründen in erhöhter Schlagzahl auf Schädel treffen. An Thanksgiving verspeist Nordamerika an einem Tag 46 Millionen Truthähne. Man will ja seine Dankbarkeit zeigen für die gute Ernte, die man dem Boden mit Monsanto-Samen und Kunstdünger abgetrotzt hat. Und was würde besser dazu passen als ein in Tierfabriken verendeter Truthahn? Aus lauter Dankbarkeit begnadigt der Präsident ja außerdem 2 Exemplare, das tröstet die Seelen der anderen 46 Millionen sicherlich.

In Europa murkst man dafür im November inflationär viele Gänse ab, weil vor 1680 Jahren ein Mann namens Martin angeblich seinen Mantel durchtrennte und die eine Hälfte einem ärmeren schenkte. Ist ja auch eine rührende Geschichte. Wie sonst soll man angesichts Martins Bescheidenheit und Demut seine Emotionen im Zaum halten, wenn nicht, indem man eine hochgemästete Gans totschlägt? Und auch an den anderen hohen Feiertagen der hier praktizierten Religionen muss natürlich viel Tierprotein auf den Teller.

Ich will damit übrigens nicht die Petition der Albert Schweitzer Siftung als solche schlechtmachen. Im Text derselben wird recht gut erklärt, warum in diesem Fall eine Einflussnahme auf ein Fest im Ausland eine recht effektive Maßnahme darstellt, auch wenn wir hierzulande eigentlich mehr zu tun hätten. Unter Anderem eben, weil dieses enorme Schlachtfest auch in Nepal selbst bereits nicht wenige Kritiker hat – allein deswegen ist Michaels “Die Nepalesen spinnen”-Dialektik schon recht sinnfrei. Und das heißt ja im Umkehrschluss nicht automatisch, dass in Deutschland alles super läuft.

Nur ist es halt mit der hochtechnisierten deutschen Massentierhaltung im Rücken nicht gerade glaubwürdig mit dem Finger auf andere zu zeigen. Einfach unterschreiben reicht ja 😉 

4 Gedanken zu “Wenn die anderen das machen ist es viel schlimmer!

  1. Die scheinen ja wirklich primitiv zu sein in diesem Nepal. Aus abergläubischen Gründen zu töten, das würde hierzulande keiner machen. Bei uns wird Fleisch aus rein wissenschaftlichen Gründen gegessen: Weil es Protein, Eisen und B12 enthält. Das kennt ja jedes Schulkind. Und mal ehrlich: Wenn man da so am Grill steht und die Nitrosamine einschnauft, spürt man so richtig, wie die Energie des Tieres, das man in mannhaftem Kampf erlegt hat, auf einen übergeht. Das ist halt einfach ein Stück Lebenskraft. Und wenn man oft genug das Mantra „Milch macht müde Männer munter“ aufgesagt hat, saugen sich unsere Knochen so richtig mit Kalzium voll. Heumilch ist gesünder. Deswegen haben wir bei uns auch kaum Probleme mit Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Osteoporose und solchen Krankheiten aus der Dritten Welt. Fleisch gehört zu einer ausgewogenen Ernährung dazu. Wir leben hier im Westen eben in aufgeklärten Zeiten.

  2. Jeder hat seine Meinung dazu. Irgendwann wird sich Mutter Natur reche, und dann werden sie betteln und sich fragen warum? Tiere fühlen genau so wie wir.sie haben schmerzen und angst. Sie wollen leben genau wie wir. Ein Löwe frisst auch nur so viel bis er satt ist.. wir töten so viel nur aus angst es könnte nicht genug geben. Wir wollen immer mehr jeden Tag. Es sind ja nicht eure lieben die da Tag für Tag unterm Messer liegen darüber sollte man echt mal nachdenken.

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