Das Buch ist fertig! (und so kommt ihr als Supporter an euer Gratisexemplar)

So, da isses endlich, mein Buch. Wobei, Quatsch, das ist euer Buch 🙂

Es befindet sich jetzt tatsächlich im Druck und soll ab dem 02. August im Buchhandel herumliegen, und dass ich das mal so schreiben kann, liegt zu einem großen Teil an eurem Support. Wenn ihr es in euren Händen haltet, dann macht euch ruhig mal ganz unbescheiden klar, dass ich dieses Risiko alleine und ohne Unterstützung kaum eingegangen wäre.

Es wäre natürlich wunderprächtig, wenn sich auch unter den Menschen, die mich nicht supporten, Interessierte fänden 🙈 Ihr solltet es überall da bekommen, wo ihr ohnehin wöchentlich eure Fantasy-Erotikromane ersteht (ISBN 978-3-8312-0604-9) und laut dem Vertriebsteam des Verlags ist es immer am besten, wenn schon in der ersten Woche viele Bestellungen eingehen (Vorbestellungen zählen da auch rein).

Wow, surprise. Klar, was Vertriebler halt so sagen. GELD! SUCCESS! UMSATZ!Geht aber tatsächlich darum, dass es dann in entsprechenden Listen landet, die auch von düsteren Wurstbaronen gesehen werden, die sich ansonsten nie im Leben auch nur in der Nähe dieses Buches hätten aufhalten wollen. Und ja, es ist auch als E-Book erhältlich.

Wenn ihr dieser Seite hingegen folgt, weil ihr mich und meine Arbeit ausnehmend doof findet und mir jeden Erfolg missgönnt, dann kauft das Buch am besten nicht in der ersten Woche, sondern erst später. Life-Hack: Am besten kauft ihr gleich mehrere und entsorgt sie direkt im Müll, dann können andere sie gar nicht lesen! Damit gebt ihr es mir so richtig.

So, der Deal war, dass die Supporter ein Exemplar kostenlos bekommen bzw. ab 7-Euro-Support eins mit Widmung. Auf Steady und Patreon habe ich schon eigene Posts dazu verfasst, ihr solltet eine E-Mail dazu bekommen haben, wenn ihr mich dort unterstützt.

Wenn ihr eins möchtet und mich per Paypal oder Direktüberweisung unterstützt, ist es leider etwas komplizierter: Schreibt mir dann bitte eine E-Mail an weltuntergangfaelltaus@gmx.net mit eurer Adresse und der Info, ob ihr per Paypal oder per Direktüberweisung gespendet habt und ob Ihr eine Widmung wünscht. Ich kann euch dann in die Datenbank mit aufnehmen (die Daten behandle ich natürlich streng vertraulich und lösche sie, sobald der Versand erfolgt ist).

ACHTUNG: DIE ADRESSE IST KEIN PAYPAL-KONTO! Das ist einfach nur eine Email-Adresse, um das alles zu koordinieren und die Gratisexemplare sind für Leute, die mich bereits unterstützt haben. Bitte schickt KEIN Geld per Paypal an diese Email, ich kann euch kein Buch verkaufen, das geht nur über den Buchhandel!

Ich muss irgendwie prüfen, ob ihr zu meinen Supportern gehört. Schreibt mir also bitte etwas dazu, damit ich euch identifizieren kann:

Paypal: Wenn Ihr mir die E-Mail mit der gleichen E-Mail-Adresse schickt, die ihr auch bei Paypal nutzt (mit der loggt ihr euch ein), reicht das eigentlich schon. Schreibt dann einfach „gesendet mit meiner Paypal-Adresse“ dazu. Wenn nicht müsstet ihr mir entweder die Paypal-Email-Adresse sagen oder den Transaktionscode, den könnt ihr für jede Paypal-Überweisung einsehen, hier mal beispielhaft anhand meiner Bestellung von Fahrrad-Ersatzteilen:

Direktüberweisung: Meistens geht eure Überweisung ohnehin aus eurem Namen hervor. Ihr müsst mir eigentlich nur den Namen des Kontoinhabers / der Kontoinhaberin (oder die IBAN) nennen, mit dem ihr was überwiesen habt .

Achtung: E-Mails sind standardmäßig nicht verschlüsselt, schreibt da nichts rein, was in den Händen zwielichtiger Blödmänner ein Problem wäre. Schickt mir das dann im Zweifel lieber als verschlüsselte Mail.

Ach so, mich haben schon ein paar Rückfragen von Menschen erreicht, die das Buch trotz ihres Supports selbst kaufen möchten (yeah) und eine Widmung aber auch nicht schlecht fänden. Da gibt es folgende Optionen:

  • Ihr kauft das Buch und trefft mich dann auf der (hoffentlich stattfindenden) Lesereise
  • Ihr kauft das Buch und schickt es mir, ich signiere es und schicke es zurück
  • Weil wir bei Option 2 nicht viel weniger Geld für Porto raushauen als ich im Einkauf für das Buch bezahle, könnt ihr euch auch einfach hier eintragen, bekommt eine signierte Ausgabe und kauft dann im Handel eins, das ihr eurer Tante schenkt, die mit „f**k-you-Greta-Aufkleber“ auf dem Pickup-Truck rumfährt 😉

Ich bin gespannt, wie ihr es findet 🙂 PS: Ich versuche, euch allen zu antworten, kann aber ggf. etwas dauern. In dem Fall bitte nicht wundern.

Mit diesen 5 Falschbehauptungen manipuliert Hans-Werner Sinn in der Bild-Zeitung

Hans-Werner Sinn ist studierter Volkswirt und war lange Zeit Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Man könnte meinen, dass jemand mit diesem Lebenslauf hochrangige Debatten mit anderen Ökonom:innen führt und seine Expertise gerade zu Krisenzeiten in der Regierungsberatung oder sonst wie zur Abwendung der aktuell drohenden Inflationsspiralen einsetzt.

Stattdessen entscheidet sich Professor Sinn leider, in die klebrigen Niederungen der Bild-Boulevardpresse vorzudringen und seine Thesen zwischen schlüpfrigen Bildchen und empörten Texten über schlüpfrige Bildchen unterzubringen. Kann man machen, weckt bei mir aber ähnliche Assoziationen als hätte Christian Drosten an einer Staffel Schwiegertochter gesucht teilgenommen, um darin die Natur von Escape-Mutationen zu beleuchten (und das wäre bestimmt trotzdem noch sehenswert gewesen).

Nun hat eine Veröffentlichung in einem Klatsch-Magazin für den Autor aber auch Vorteile: Quellen braucht er nicht und das Lektorat in der Rumpelpresse korrigiert an der Überschrift „Aufgedeckt:  Kommunistennazis haben Markus Söder entführt und durch einen, Roboter ersetzt“ maximal den Kommafehler. Wenn es einen guten Tag hat. Wer als Autor inhaltlich derartig freie Hand hat, kann auch den absurdesten Unsinn zu Papier bringen. Zum Beispiel das hier:

1. Grüne Energie sei gar nicht günstiger als konventionelle, denn  

„wenn die grüne Energie billiger wäre, dann würden die Menschen sie von ganz allein wählen. Tatsächlich muss der Staat sie erzwingen, indem er konventionelle Energien verbietet oder künstlich verteuert.“

Das ist nun gerade für einen Ökonomen beklagenswert unterkomplex argumentiert. Die Einteilung der unterschiedlichen Arten der Stromerzeugung in „grün“ und „konventionell“ wäre für einen Schulaufsatz in der dritten Klasse okay, tatsächlich soll es aber auch unter den konventionellen Kraftwerken große Unterschiede bzgl. der Erzeugungskosten geben:

Ein kombiniertes Erdgaskraftwerk (dessen Abwärme genutzt werden kann) lag 2019 weltweit bei Erzeugungskosten von etwa 56 US-Dollar pro Megawattstunde, Kohlekraft bei 109 US-Dollar, Kernkraft bei 155 US-Dollar und reine Gaskraftwerke bei 175 US-Dollar pro Megawattstunde. Und das war das Jahr 2019, bevor ein gewisser russischer Präsident mit Wachstumsschmerzen einen Krieg begonnen hat. Wie auch immer: Die teuerste Erzeugungsform war über 200 Prozent teurer als die billigste, was Sinns doch sehr pauschales Urteil fragwürdig macht.

Seine Behauptung ist so trennscharf als würde ich sagen, dass ein Fernseher gar nicht teurer ist als ein Smartphone, worauf mir mit der Materie vertraute Elektronikhänderinnen vermutlich ihren Produktkatalog um die Ohren hauen würden, an deren Inhalt man die Sinnlosigkeit meiner Aussage ablesen könnte.

„Grüne“ Energie kann durchaus günstiger sein als konventionelle, z.B. wenn ich relativ günstigen Onshore-Windstrom mit Atomstrom vergleiche (40 bis 80 Euro pro Megawattstunde vs. 130 Euro pro Megawattstunde). Anders sieht es aus, wenn ich Offshore-Windstrom an einem ungünstigen Standort mit Braunkohlestrom vergleiche (138 Euro / Megawattstunde vs. 46 bis 80 Euro / Megawattstunde). Ihr seht, warum ich Sinns Behauptung mindestens seltsam finde?

Der reine Preis, der ans Kraftwerk zu entrichten ist, mag mittels Braunkohleverbrennung tatsächlich vergleichsweise gering sein, aber dieser beinhaltet eben auch versteckte Kosten: Die Folgekosten der Klimawirkung dieser Stromerzeugung. Wir verbrauchen dann Strom, der auf der Rechnung mit 46 Euro/Megawattstunde wunderbar günstig aussehen mag, stellen aber auch gleichzeitig einen Schuldschein auf unsere Kinder aus, der vom Klima unerbittlicher eingelöst werden wird als von jedem Inkassobüro. Bei einem Kohlekraftwerk mit Wirkungsgrad von 35 Prozent sind das zusätzliche 235 Euro/Megawattstunde

Mit anderen Worten: Wir bezahlen für unseren Kohlestrom heute gerade mal 16 Prozent des tatsächlichen Preises und bürden den kommenden Generationen zusätzlich das Fünffache unserer eigenen Kosten auf. Diese himmelschreiende Ungerechtigkeit kann eigentlich niemand mit einem Funken Anstand im Leib ernsthaft gut finden, weswegen es ein europaweites System für CO2-Zertifikate gibt, das diese künstliche Verbilligung des Kohlestroms immer weiter ausgleicht.

Hans-Werner Sinn nennt dieses Zertifikate-System in seinem Text nun eine erzwungene, künstliche Verteuerung und impliziert damit, es sei in irgendeiner Form unrechtmäßig oder würde jemanden benachteiligen. Dass fossile Brennstoffe in Deutschland zusätzlich zu diesen, den Verursachern nicht in Rechnung gestellten Klimaschäden, noch jährlich mit 37 Milliarden Euro gefördert werden, erwähnt er ebenfalls nicht. Es ist nicht verwunderlich, dass dieser gefährliche Unsinn nur noch in einem recht ehrlosen Boulevardblatt stattfindet.

2. Der Strom sei wegen der Erneuerbaren teuer

Seine Behauptung ist folgende:

„Schon heute hat Deutschland wegen des hohen Anteils der erneuerbaren Energien neben Dänemark die höchsten Stromkosten der Welt.“

Das Fünkchen Wahrheit in dieser Aussage ist, dass private Haushalte in Deutschland in der Tat mehr für Strom zahlen als Menschen in den meisten anderen europäischen Ländern. Die Behauptung, das läge an den Erneuerbaren, hängt aber ziemlich in der Luft:

Der Preis, der auf unserer privaten Stromrechnung steht, stammt ja nicht allein aus den reinen Kosten Erzeugungskosten des Stroms, diese machen nur etwa 44 Prozent aus. Weitere 25 Prozent des Preises entstehen durch Netzentgelte, damit finanzieren die Netzbetreiber die Infrastruktur, also das Stromnetze, die Umspannwerke und all solche Dinge, die wir auch ohne Erneuerbare bräuchten.

Auch die Kosten für die neuen Stromtrassen SuedLink und SuedOstLink zum Transport von Windstrom in den Süden werden darüber auf uns alle umgelegt. Aktuell werden die Baukosten auf 15 Milliarden Euro geschätzt, für die unser aller Stromkosten leicht ansteigen: Je ungleichmäßiger wir Erneuerbare installieren und je mehr solcher Hochspannungstrassen wir stattdessen brauchen, desto stärker steigen unser aller Netzentgelte im Strompreis. Sollte Bayern sich also weiterhin weigert, selbst Windkraft zuzubauen, dann tragen einen Teil der dadurch entstehenden Mehrkosten wir alle.

Einen Teil der Netzentgelte müssen wir tatsächlich den Erneuerbaren zurechnen, da wir für ihren Einsatz ein robusteres Netz brauchen als im bisherigen System. Laut dieser Studie des Fraunhofer Instituts ISI sind die gestiegenen Netzkosten aber zum größten Teil strukturbedingt und nicht EE-bedingt.

Der dritte Teil sind mit 30% Steuern und Abgaben. Diesen Anteil beeinflussen die Erneuerbaren seit dem Wegfall der EEG-Umlage am 01. Juli 2022 gar nicht mehr, er bedeutete auch bei reinem Kohle-Atommix die gleiche Belastung für Haushalte.

So, das ist aber nur ein Strompreis. Es gibt daneben natürlich auch noch Gewerbekunden und Industriekunden, für die ganz andere Preise und teilweise Sonderregeln gelten, wodurch Sinns Aussagen erneut kläglich pauschal erscheinen.

Die Behauptung, Erneuerbare machten den Strom teuer, ist nun insofern perfide, dass gerade an Tagen mit guter Wind- oder Solareinspeisung der Börsenstrompreis in Deutschland rekordverdächtig niedrig ist. Am 04. Juli hatten wir zum Beispiel ordentliche Sonneneinstrahlung, der Day-Ahead-Strompreis sank in der Folge auf 172 Euro pro Megawattstunde während der französische Markt für 432 Euro / Megawattstunde anbot.

Ein deutscher Betrieb kann an Tagen mit viel Wind- und Solarstromeinspeisung ganz besonders günstigen Strom einkaufen, hier im Diagramm schön zu sehen:

Je mehr Wind- und Solarstrom im Netz war, desto niedriger war der Börsenpreis. Dieser Zusammenhang ist so berechenbar, dass manche energieintensive Unternehmen ihre teuren, aber zeitlich flexiblen Betriebsprozesse mittels schlauer Algorithmen an Zeiten anpassen, an denen viel Windstrom im Netz ist. Sie sparen damit heute schon siebenstellige Eurobeträge.

3. Erdöl einsparen sei sinnlos, weil es dann jemand anders kauft

Auch die nächste Behauptung von Sinn lässt seinen Nachnamen nicht gerade als optimale Wahl erscheinen: 

„Und ob der Umweltnutzen überhaupt kommt, ist mehr als fraglich, wenn Europa allein handelt, wie es das mit seiner rabiaten Politik zur Zurückdrängung der Verbrennungsmotoren tut. Damit das hierzulande nicht mehr verbrannte Erdöl zu einer Entlastung der Atmosphäre führt, müsste es Europa auf seinem Territorium lagern und versiegeln – ein absurder und teurer Gedanke.

Tatsächlich gibt Europa die nicht mehr gekauften Mengen für die Weltmärkte frei. Die Tanker liefern sie nun eben nach China und andere Länder, die sich nicht zur CO2-Einsparung verpflichtet haben. Wie sich empirisch zeigen lässt, gelangt dort ziemlich genau so viel mehr an CO2 in die Luft, wie wir einsparen. Wir ruinieren die deutsche Automobilindustrie, fördern unsere fernöstlichen Konkurrenten und helfen der Umwelt nicht einmal ein bisschen.“

Ich weiß, das klingt anmaßend, aber Professor Sinn scheint irgendwann vergessen zu haben, wie Märkte, Angebot und Nachfrage funktionieren und auch länger nicht mehr in irgendeine Zeitung geguckt zu haben.

Europa handelt in Bezug auf die Elektrifizierung seines Verkehrssektors alles andere als alleine. Auch außerhalb von Europa legen immer mehr ökonomisch einflussreiche Staaten Ausstiegsdaten für Verbrennertechnik fest, elektrifizieren ihre Busflotten und definieren Verbotszonen in dicht besiedelten Gegenden.

Für das Jahr 2035 haben die Autohersteller selbst bereits so klare Ausstiegsdaten definiert, dass sie zusammen 84 Prozent der Marktanteile ausmachen. Und gerade China, das Professor Sinn gerne als Ersatzmarkt für Erdöl ins Spiel bringt, hat eine höhere E-Auto-Quote in seinen Neuzulassungen als Deutschland und exportiert vermehrt E-Autos nach Europa.

Diese Entwicklung leugnet ja nicht mal mehr die Erdölbranche selbst. Darren Woods, Chef des größten US-Erdölkonzerns ExxonMobil, geht davon aus, dass 2040 weltweit keine neuen Verbrennerautos mehr zugelassen werden. Sinns seltsame Idee, dass Europa Erdöl einkaufen und im Boden verbuddeln muss, damit niemand anders es verbrennt, ist ähnlich grotesk wie die Vorstellung, dass der Verkauf von VHS-Kassetten in den 90ern trotz der Einführung der DVD gleich hoch geblieben wäre, weil einfach irgendwer anders sie kauft.

Dieser Mumpitz ist so weit weg von jeder wirtschaftlichen Realität, er hätte auch Teil der aktuellen Franz-Josef-Wagner-Kolumne sein können. Was Sinn hier eigentlich meint: Sollte Europa kein Erdöl mehr kaufen, so würde Erdöl aufgrund der sinkenden Nachfrage (theoretisch) billiger und andere Länder könnten es sich eher leisten. Nun verhält sich der Erdölmarkt aber selten nach normalen Marktgesetzen, weil das OPEC-Kartell die Fördermenge gerne mal künstlich knapp hält, um den Preis hoch zu halten.

Hinzu kommt: Die Elektrifizierung des Verkehrssektors ist ein globales Phänomen. An wen soll das Erdöl denn stattdessen verkauft werden? Selbst in Afrika entstehen aktuell Firmen, die robuste E-Motorräder mit Wechselakkus herstellen, große E-LKW drängen auf den Markt, die globale Batterieproduktion bricht jährlich Rekorde. Verbrennungsmotoren werden schlicht verdrängt werden, auch oder eher ganz besonders in China, das bei der Batteriefertigung richtig weit vorne ist und sich weltweit entsprechende Rohstoffvorkommen sichert.

Seine Behauptung, die chinesischen Mehremissionen entsprächen genau denen, die wir hier einsparen, entbehrt jeder Grundlage. Um das zu prüfen, müsste geklärt werden, wer genau „wir“ ist und welcher Zeitraum gemeint ist, aber selbst wenn wir einen Zeitraum fänden, in dem sich die chinesischen Emissionen in genau dem Maße erhöhen wie „unsere“ sich verringern, hätte das drölfzig Ursachen, von der Stromproduktion über die Zementherstellung, die Landwirtschaft, den Bausektor usw.

Die Idee, dass unsere und die chinesischen Emissionen sich quasi in einem exakten Gleichgewicht befinden, weil ein paar findige chinesische Trader jedes Fass Öl aufkaufen, dass wir in Europa nicht mehr brauchen, ist wirklich vollkommen abwegig. Schon allein aufgrund der Tatsache, wie viel Öl hier per Pipeline ankommt, das sich nicht mal eben nach China umleiten lässt, ohne den Kostenvorteil komplett zu verlieren.

Grundsätzlich hat Professor Sinn sich wohl festgelegt, dass elektrische Antriebe Teufelszeug sind, so dass ich etwas Sorge habe, ob er konsequenterweise bei sich zu Hause diverse Sonderanfertigungen nutzt. Wer weiß, vielleicht hat er sich Rasierapparat, Mixer und Ventilator auf ganz kleine Diesel-Aggregate umbauen lassen, damit diese nicht mit schändlichen Elektromotoren angetrieben werden wie in dieser Renault-Werbung, und er läuft morgens mit einer ganz kleinen Benzinkanne durch die Wohnung und füllt alle nach? So klingt das zumindest in Behauptung 4:

4. Mit E-Autos würden wir abhängiger von anderen Ländern:

„Aber wir werden doch vom Ausland unabhängiger, wenn E-Autos mit selbst gemachtem Grünstrom fahren? Nicht einmal diese Behauptung stimmt, denn wenn die Stromproduktion mit Hilfe von Wind- und Sonnenstrom ausgedehnt wird, damit auch der Verkehr elektrisch wird, brauchen wir auch mehr konventionelle Kraftwerke, um die manchmal wochenlangen Dunkelflauten ausfüllen zu können. Da Deutschland aus der Kohleverbrennung und der Atomkraft zugleich aussteigt, müssen Gaskraftwerke diese Arbeit leisten. Damit jedoch vergrößern die E-Autos die Abhängigkeit von Russland.“

Ja, doch, diese Behauptung stimmt sehr wohl, weil Professor Sinn schon wieder nicht gerechnet hat. Was er meint, ist: Wenn wir in Zukunft noch mehr Strom benötigen, weil ein paar Millionen E-Autos rumfahren, dann erhöht sich die Last im Netz. Für diese Last setzen wir zukünftig sinnvollerweise stark auf Wind- und Solarkraft, müssen dann aber auch vorsorgen für den Fall, dass beide punktuell mal keinen Strom liefern.

In Zukunft werden wir dafür verschiedene Speicher nutzen (wie genau habe ich hier erklärt), aber solange es diese Speicher nicht gibt, müssen eben andere Kraftwerke auf Abruf bereits sein. Diese können dann in den seltenen Fällen einspringen, in denen wirklich weder Wind noch Sonne verfügbar sind.

Der Witz ist nun: Wir HABEN bereits eine Menge Kraftwerke, die zur Reserve im Land stehen. Heute schon. Selbst nach dem kommenden Atomausstieg Ende 2022 werden wir noch 89 Gigawatt Kraftwerksleistung haben, die unabhängig vom Wetter Strom erzeugen kann (Kohle, Gas, Öl, Biomasse, Wasserkraft).

Selbst wenn also in Winter mal mehrere Tage kaum Wind wehen sollte und wir noch keine Speicher installiert haben, dann können wir immer noch locker genug Strom erzeugen. Üblicherweise verbraucht Deutschland bei solchen Wetterlagen um die 70 Gigawatt (das ist etwas weniger als im Schnitt, weil Strom dann teuer ist).

Dieser Verbrauch würde natürlich mit E-Autos steigen, bei einer Flotte von 10 Millionen E-Autos um etwa 3 Gigawatt im Schnitt, wir bräuchten also 73 Gigawatt. Was mit einem Kraftwerkspark von 89 Gigawatt immer noch vollkommen problemlos machbar ist.

Hinzu kommt: Bis wir 10 Millionen E-Autos im Land haben, haben wir auch Speicher. Beziehungsweise: E-Autos SIND Speicher. Wir können es in Zukunft preislich attraktiv gestalten, sie bei viel Wind- und Sonnenstrom zu laden, und bei hohem Strombedarf wieder Strom zurückzuspeisen. Die gesetzliche Regelung dazu wurde bereits in die Wege geleitet.

Bis dahin wird vermutlich auch der Erdgasbezug nicht mehr nennenswert über Russland laufen, aber selbst wenn das in 5 Jahren immer noch der Fall wäre UND wir keine Speicher gebaut hätten, dann bräuchten wir dieses Erdgas nur an den wenigen Zeiträumen im Jahr, an denen für mehrere Tage weder Wind weht noch Sonne scheint – was nun mal recht selten der Fall ist.

Phasen mit nur 15% Strom aus Sonne und Wind machen pro Jahr etwa 232 Stunden oder 10 Tage aus. Würden wir also an allen anderen Tagen mit Sonne und Wind versorgt und würden an diesen 10 Tagen Dunkelflaute unsere 10 Millionen E-Autos mit 100 Prozent Strom aus russischem Gas versorgen, wäre der Bedarf nach Energieimporten immer noch ein winziger Bruchteil von dem als wenn alle diese Autos immer (!) mit Import-Erdöl funktionieren.

5. Mit Erneuerbaren ließe sich kein grüner Wasserstoff herstellen

Im genau Wortlaut sagt er:

„Richtig ist, dass langfristig grüner Wasserstoff während der Dunkelflauten für die Stromproduktion eingesetzt werden kann. Aber auch der lässt sich nicht gut aus Wind- und Solarstrom herstellen, weil der zu flatterhaft ist. Der Wasserstoff wird deshalb aus den  vielen neuen Atomkraftwerken kommen, die Frankreich gerade zu bauen beschlossen hat“

Okay. wow. Allein über den Absatz könnte ich einen eigenen Artikel schreiben, weil er so hardcore konfus Dinge durcheinanderwirft. Wasserstoff lässt sich selbstverständlich aus Wind- und Solarstrom herstellen. Wie wichtig eine möglichst gleichmäßige Stromversorgung für Elektrolyse (Herstellung von Wasserstoff) ist, lässt sich nicht pauschal sagen, da es unterschiedliche Verfahren gibt.

Es wird entscheidend sein, wie diese Verfahren in den kommenden Jahren verbessert werden können, und zwar nicht nur für Energiespeicherung, sondern für alle wirtschaftlichen Anwendungen, die wir nicht ökonomisch sinnvoll elektrifizieren können. Für die Schifffahrt, den Flugverkehr, Hochöfen oder die Landwirtschaft werden wir synthetische Kraftstoffe benötigen.

Witzig: Sinn widerspricht hier vermutlich unbeabsichtigt den Verfechtern von E-Fuels in PKW, auf deren Seite er sich ja vermutlich eigentlich wähnt: Die größte Anlage für PKW-E-Fuels entsteht gerade unter der Federführung von Porsche in einer recht windigen Region in Chile. Surprise: Dort wird Wasserstoff mittels Windstrom hergestellt. Hält Hans-Werner Sinn diese Investition von 70 Millionen Euro für Unfug? Damit sollen doch Verbrennungsmotoren angetrieben werden, Sinns große Leidenschaft… wäre auch interessant, was Porsche dazu sagt.

Stattdessen formuliert Sinn in überzeugtem Indikativ, der grüne Wasserstoff werde aus den vielen französischen Kernkraftwerken kommen, die gerade neu gebaut werden. Echt? Französische Kernkraftwerke sollen Wasserstoff für die Puffer-Stromproduktion herstellen, welche Frankreich aber aufgrund der Grundlastfähigkeit von Kernkraftwerken gar nicht braucht? Wer hat sich den grotesken Plan ausgedacht, Tingeltangel-Bob?

Abgesehen von der ökonomisch haarsträubenden Unsinnigkeit, die eher verlässliche Leistung von Kernkraftwerken zusätzlich mit noch teurerem Wasserstoff abzusichern, überschätzt Sinn hier auch maßlos, wie viel die neuen Kraftwerke beitragen werden. Emmanuel Macron hat den Bau von bis zu (!) 14 neuen Meilern angekündigt. Selbst wenn es 14 werden, so wurde bislang nirgends näher erläutert, Wie viel Leistung diese dann erbringen werden. Aber sie müssen halt perspektivisch die jetzigen 56 Kernkraftwerke ersetzen.

Es kann natürlich sein, dass die neuen Kraftwerke das sogar schaffen, indem sie jeweils deutlich mehr Leistung erbringen als die alte Generation von Reaktoren, aber auch Frankreich will gleichzeitig weg von Öl und Gas. Diese Energieträger decken aktuell jedoch zwei Drittel des französischen Energieverbrauchs.

Das klingt zwar nach mehr als es ist, weil fossile Brennstoffe ineffizienter in der Nutzung sind als elektrische Maschinen, aber es dürfte dennoch ein paar hundert Terawattstunden zusätzlichen Strombedarf bedeuten. Die Idee von Hans-Werner Sinn ist also, dass 14 Kernkraftwerke in Zukunft den gesamten Strombedarf Frankreichs wuppen, alle heutigen Erdöl- und Erdgasverbraucher mit versorgen und zusätzlich noch gigantische Mengen grünen Wasserstoff herstellen.

Seid alle gespannt auf nächste Woche, da veröffentlicht die Bild Hans-Werner Sinns vermutlich ähnlich gut durchdachte Immobilientipps, laut denen ihr ganz viel Geld spart, indem ihr mit eurer 7-köpfigen Familie, einer Gruppe von Zirkusartistinnen und 30 aufgenommenen Straßenhunden gut für 300 Euro kalt in einer 3-Zimmer-Wohnung unterkommt. In der Münchner Innenstadt.

Ja, schade, das war nichts. Bitte im Hinterkopf behalten, was für grundsätzliche Verständnisprobleme Sinn hier offenbar hat, wenn er sich das nächste mal zu komplexen Energiethemen äußert.

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Dieser Text wäre nicht zu Stande gekommen, wenn mich nicht viele großzügige Menschen unterstützen würden, die zum Dank dafür in meiner Hall of Fame aufgelistet sind.

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