Mit diesen 5 Falschbehauptungen manipuliert Hans-Werner Sinn in der Bild-Zeitung

Hans-Werner Sinn ist studierter Volkswirt und war lange Zeit Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Man könnte meinen, dass jemand mit diesem Lebenslauf hochrangige Debatten mit anderen Ökonom:innen führt und seine Expertise gerade zu Krisenzeiten in der Regierungsberatung oder sonst wie zur Abwendung der aktuell drohenden Inflationsspiralen einsetzt.

Stattdessen entscheidet sich Professor Sinn leider, in die klebrigen Niederungen der Bild-Boulevardpresse vorzudringen und seine Thesen zwischen schlüpfrigen Bildchen und empörten Texten über schlüpfrige Bildchen unterzubringen. Kann man machen, weckt bei mir aber ähnliche Assoziationen als hätte Christian Drosten an einer Staffel Schwiegertochter gesucht teilgenommen, um darin die Natur von Escape-Mutationen zu beleuchten (und das wäre bestimmt trotzdem noch sehenswert gewesen).

Nun hat eine Veröffentlichung in einem Klatsch-Magazin für den Autor aber auch Vorteile: Quellen braucht er nicht und das Lektorat in der Rumpelpresse korrigiert an der Überschrift „Aufgedeckt:  Kommunistennazis haben Markus Söder entführt und durch einen, Roboter ersetzt“ maximal den Kommafehler. Wenn es einen guten Tag hat. Wer als Autor inhaltlich derartig freie Hand hat, kann auch den absurdesten Unsinn zu Papier bringen. Zum Beispiel das hier:

1. Grüne Energie sei gar nicht günstiger als konventionelle, denn  

„wenn die grüne Energie billiger wäre, dann würden die Menschen sie von ganz allein wählen. Tatsächlich muss der Staat sie erzwingen, indem er konventionelle Energien verbietet oder künstlich verteuert.“

Das ist nun gerade für einen Ökonomen beklagenswert unterkomplex argumentiert. Die Einteilung der unterschiedlichen Arten der Stromerzeugung in „grün“ und „konventionell“ wäre für einen Schulaufsatz in der dritten Klasse okay, tatsächlich soll es aber auch unter den konventionellen Kraftwerken große Unterschiede bzgl. der Erzeugungskosten geben:

Ein kombiniertes Erdgaskraftwerk (dessen Abwärme genutzt werden kann) lag 2019 weltweit bei Erzeugungskosten von etwa 56 US-Dollar pro Megawattstunde, Kohlekraft bei 109 US-Dollar, Kernkraft bei 155 US-Dollar und reine Gaskraftwerke bei 175 US-Dollar pro Megawattstunde. Und das war das Jahr 2019, bevor ein gewisser russischer Präsident mit Wachstumsschmerzen einen Krieg begonnen hat. Wie auch immer: Die teuerste Erzeugungsform war über 200 Prozent teurer als die billigste, was Sinns doch sehr pauschales Urteil fragwürdig macht.

Seine Behauptung ist so trennscharf als würde ich sagen, dass ein Fernseher gar nicht teurer ist als ein Smartphone, worauf mir mit der Materie vertraute Elektronikhänderinnen vermutlich ihren Produktkatalog um die Ohren hauen würden, an deren Inhalt man die Sinnlosigkeit meiner Aussage ablesen könnte.

„Grüne“ Energie kann durchaus günstiger sein als konventionelle, z.B. wenn ich relativ günstigen Onshore-Windstrom mit Atomstrom vergleiche (40 bis 80 Euro pro Megawattstunde vs. 130 Euro pro Megawattstunde). Anders sieht es aus, wenn ich Offshore-Windstrom an einem ungünstigen Standort mit Braunkohlestrom vergleiche (138 Euro / Megawattstunde vs. 46 bis 80 Euro / Megawattstunde). Ihr seht, warum ich Sinns Behauptung mindestens seltsam finde?

Der reine Preis, der ans Kraftwerk zu entrichten ist, mag mittels Braunkohleverbrennung tatsächlich vergleichsweise gering sein, aber dieser beinhaltet eben auch versteckte Kosten: Die Folgekosten der Klimawirkung dieser Stromerzeugung. Wir verbrauchen dann Strom, der auf der Rechnung mit 46 Euro/Megawattstunde wunderbar günstig aussehen mag, stellen aber auch gleichzeitig einen Schuldschein auf unsere Kinder aus, der vom Klima unerbittlicher eingelöst werden wird als von jedem Inkassobüro. Bei einem Kohlekraftwerk mit Wirkungsgrad von 35 Prozent sind das zusätzliche 235 Euro/Megawattstunde

Mit anderen Worten: Wir bezahlen für unseren Kohlestrom heute gerade mal 16 Prozent des tatsächlichen Preises und bürden den kommenden Generationen zusätzlich das Fünffache unserer eigenen Kosten auf. Diese himmelschreiende Ungerechtigkeit kann eigentlich niemand mit einem Funken Anstand im Leib ernsthaft gut finden, weswegen es ein europaweites System für CO2-Zertifikate gibt, das diese künstliche Verbilligung des Kohlestroms immer weiter ausgleicht.

Hans-Werner Sinn nennt dieses Zertifikate-System in seinem Text nun eine erzwungene, künstliche Verteuerung und impliziert damit, es sei in irgendeiner Form unrechtmäßig oder würde jemanden benachteiligen. Dass fossile Brennstoffe in Deutschland zusätzlich zu diesen, den Verursachern nicht in Rechnung gestellten Klimaschäden, noch jährlich mit 37 Milliarden Euro gefördert werden, erwähnt er ebenfalls nicht. Es ist nicht verwunderlich, dass dieser gefährliche Unsinn nur noch in einem recht ehrlosen Boulevardblatt stattfindet.

2. Der Strom sei wegen der Erneuerbaren teuer

Seine Behauptung ist folgende:

„Schon heute hat Deutschland wegen des hohen Anteils der erneuerbaren Energien neben Dänemark die höchsten Stromkosten der Welt.“

Das Fünkchen Wahrheit in dieser Aussage ist, dass private Haushalte in Deutschland in der Tat mehr für Strom zahlen als Menschen in den meisten anderen europäischen Ländern. Die Behauptung, das läge an den Erneuerbaren, hängt aber ziemlich in der Luft:

Der Preis, der auf unserer privaten Stromrechnung steht, stammt ja nicht allein aus den reinen Kosten Erzeugungskosten des Stroms, diese machen nur etwa 44 Prozent aus. Weitere 25 Prozent des Preises entstehen durch Netzentgelte, damit finanzieren die Netzbetreiber die Infrastruktur, also das Stromnetze, die Umspannwerke und all solche Dinge, die wir auch ohne Erneuerbare bräuchten.

Auch die Kosten für die neuen Stromtrassen SuedLink und SuedOstLink zum Transport von Windstrom in den Süden werden darüber auf uns alle umgelegt. Aktuell werden die Baukosten auf 15 Milliarden Euro geschätzt, für die unser aller Stromkosten leicht ansteigen: Je ungleichmäßiger wir Erneuerbare installieren und je mehr solcher Hochspannungstrassen wir stattdessen brauchen, desto stärker steigen unser aller Netzentgelte im Strompreis. Sollte Bayern sich also weiterhin weigert, selbst Windkraft zuzubauen, dann tragen einen Teil der dadurch entstehenden Mehrkosten wir alle.

Einen Teil der Netzentgelte müssen wir tatsächlich den Erneuerbaren zurechnen, da wir für ihren Einsatz ein robusteres Netz brauchen als im bisherigen System. Laut dieser Studie des Fraunhofer Instituts ISI sind die gestiegenen Netzkosten aber zum größten Teil strukturbedingt und nicht EE-bedingt.

Der dritte Teil sind mit 30% Steuern und Abgaben. Diesen Anteil beeinflussen die Erneuerbaren seit dem Wegfall der EEG-Umlage am 01. Juli 2022 gar nicht mehr, er bedeutete auch bei reinem Kohle-Atommix die gleiche Belastung für Haushalte.

So, das ist aber nur ein Strompreis. Es gibt daneben natürlich auch noch Gewerbekunden und Industriekunden, für die ganz andere Preise und teilweise Sonderregeln gelten, wodurch Sinns Aussagen erneut kläglich pauschal erscheinen.

Die Behauptung, Erneuerbare machten den Strom teuer, ist nun insofern perfide, dass gerade an Tagen mit guter Wind- oder Solareinspeisung der Börsenstrompreis in Deutschland rekordverdächtig niedrig ist. Am 04. Juli hatten wir zum Beispiel ordentliche Sonneneinstrahlung, der Day-Ahead-Strompreis sank in der Folge auf 172 Euro pro Megawattstunde während der französische Markt für 432 Euro / Megawattstunde anbot.

Ein deutscher Betrieb kann an Tagen mit viel Wind- und Solarstromeinspeisung ganz besonders günstigen Strom einkaufen, hier im Diagramm schön zu sehen:

Je mehr Wind- und Solarstrom im Netz war, desto niedriger war der Börsenpreis. Dieser Zusammenhang ist so berechenbar, dass manche energieintensive Unternehmen ihre teuren, aber zeitlich flexiblen Betriebsprozesse mittels schlauer Algorithmen an Zeiten anpassen, an denen viel Windstrom im Netz ist. Sie sparen damit heute schon siebenstellige Eurobeträge.

3. Erdöl einsparen sei sinnlos, weil es dann jemand anders kauft

Auch die nächste Behauptung von Sinn lässt seinen Nachnamen nicht gerade als optimale Wahl erscheinen: 

„Und ob der Umweltnutzen überhaupt kommt, ist mehr als fraglich, wenn Europa allein handelt, wie es das mit seiner rabiaten Politik zur Zurückdrängung der Verbrennungsmotoren tut. Damit das hierzulande nicht mehr verbrannte Erdöl zu einer Entlastung der Atmosphäre führt, müsste es Europa auf seinem Territorium lagern und versiegeln – ein absurder und teurer Gedanke.

Tatsächlich gibt Europa die nicht mehr gekauften Mengen für die Weltmärkte frei. Die Tanker liefern sie nun eben nach China und andere Länder, die sich nicht zur CO2-Einsparung verpflichtet haben. Wie sich empirisch zeigen lässt, gelangt dort ziemlich genau so viel mehr an CO2 in die Luft, wie wir einsparen. Wir ruinieren die deutsche Automobilindustrie, fördern unsere fernöstlichen Konkurrenten und helfen der Umwelt nicht einmal ein bisschen.“

Ich weiß, das klingt anmaßend, aber Professor Sinn scheint irgendwann vergessen zu haben, wie Märkte, Angebot und Nachfrage funktionieren und auch länger nicht mehr in irgendeine Zeitung geguckt zu haben.

Europa handelt in Bezug auf die Elektrifizierung seines Verkehrssektors alles andere als alleine. Auch außerhalb von Europa legen immer mehr ökonomisch einflussreiche Staaten Ausstiegsdaten für Verbrennertechnik fest, elektrifizieren ihre Busflotten und definieren Verbotszonen in dicht besiedelten Gegenden.

Für das Jahr 2035 haben die Autohersteller selbst bereits so klare Ausstiegsdaten definiert, dass sie zusammen 84 Prozent der Marktanteile ausmachen. Und gerade China, das Professor Sinn gerne als Ersatzmarkt für Erdöl ins Spiel bringt, hat eine höhere E-Auto-Quote in seinen Neuzulassungen als Deutschland und exportiert vermehrt E-Autos nach Europa.

Diese Entwicklung leugnet ja nicht mal mehr die Erdölbranche selbst. Darren Woods, Chef des größten US-Erdölkonzerns ExxonMobil, geht davon aus, dass 2040 weltweit keine neuen Verbrennerautos mehr zugelassen werden. Sinns seltsame Idee, dass Europa Erdöl einkaufen und im Boden verbuddeln muss, damit niemand anders es verbrennt, ist ähnlich grotesk wie die Vorstellung, dass der Verkauf von VHS-Kassetten in den 90ern trotz der Einführung der DVD gleich hoch geblieben wäre, weil einfach irgendwer anders sie kauft.

Dieser Mumpitz ist so weit weg von jeder wirtschaftlichen Realität, er hätte auch Teil der aktuellen Franz-Josef-Wagner-Kolumne sein können. Was Sinn hier eigentlich meint: Sollte Europa kein Erdöl mehr kaufen, so würde Erdöl aufgrund der sinkenden Nachfrage (theoretisch) billiger und andere Länder könnten es sich eher leisten. Nun verhält sich der Erdölmarkt aber selten nach normalen Marktgesetzen, weil das OPEC-Kartell die Fördermenge gerne mal künstlich knapp hält, um den Preis hoch zu halten.

Hinzu kommt: Die Elektrifizierung des Verkehrssektors ist ein globales Phänomen. An wen soll das Erdöl denn stattdessen verkauft werden? Selbst in Afrika entstehen aktuell Firmen, die robuste E-Motorräder mit Wechselakkus herstellen, große E-LKW drängen auf den Markt, die globale Batterieproduktion bricht jährlich Rekorde. Verbrennungsmotoren werden schlicht verdrängt werden, auch oder eher ganz besonders in China, das bei der Batteriefertigung richtig weit vorne ist und sich weltweit entsprechende Rohstoffvorkommen sichert.

Seine Behauptung, die chinesischen Mehremissionen entsprächen genau denen, die wir hier einsparen, entbehrt jeder Grundlage. Um das zu prüfen, müsste geklärt werden, wer genau „wir“ ist und welcher Zeitraum gemeint ist, aber selbst wenn wir einen Zeitraum fänden, in dem sich die chinesischen Emissionen in genau dem Maße erhöhen wie „unsere“ sich verringern, hätte das drölfzig Ursachen, von der Stromproduktion über die Zementherstellung, die Landwirtschaft, den Bausektor usw.

Die Idee, dass unsere und die chinesischen Emissionen sich quasi in einem exakten Gleichgewicht befinden, weil ein paar findige chinesische Trader jedes Fass Öl aufkaufen, dass wir in Europa nicht mehr brauchen, ist wirklich vollkommen abwegig. Schon allein aufgrund der Tatsache, wie viel Öl hier per Pipeline ankommt, das sich nicht mal eben nach China umleiten lässt, ohne den Kostenvorteil komplett zu verlieren.

Grundsätzlich hat Professor Sinn sich wohl festgelegt, dass elektrische Antriebe Teufelszeug sind, so dass ich etwas Sorge habe, ob er konsequenterweise bei sich zu Hause diverse Sonderanfertigungen nutzt. Wer weiß, vielleicht hat er sich Rasierapparat, Mixer und Ventilator auf ganz kleine Diesel-Aggregate umbauen lassen, damit diese nicht mit schändlichen Elektromotoren angetrieben werden wie in dieser Renault-Werbung, und er läuft morgens mit einer ganz kleinen Benzinkanne durch die Wohnung und füllt alle nach? So klingt das zumindest in Behauptung 4:

4. Mit E-Autos würden wir abhängiger von anderen Ländern:

„Aber wir werden doch vom Ausland unabhängiger, wenn E-Autos mit selbst gemachtem Grünstrom fahren? Nicht einmal diese Behauptung stimmt, denn wenn die Stromproduktion mit Hilfe von Wind- und Sonnenstrom ausgedehnt wird, damit auch der Verkehr elektrisch wird, brauchen wir auch mehr konventionelle Kraftwerke, um die manchmal wochenlangen Dunkelflauten ausfüllen zu können. Da Deutschland aus der Kohleverbrennung und der Atomkraft zugleich aussteigt, müssen Gaskraftwerke diese Arbeit leisten. Damit jedoch vergrößern die E-Autos die Abhängigkeit von Russland.“

Ja, doch, diese Behauptung stimmt sehr wohl, weil Professor Sinn schon wieder nicht gerechnet hat. Was er meint, ist: Wenn wir in Zukunft noch mehr Strom benötigen, weil ein paar Millionen E-Autos rumfahren, dann erhöht sich die Last im Netz. Für diese Last setzen wir zukünftig sinnvollerweise stark auf Wind- und Solarkraft, müssen dann aber auch vorsorgen für den Fall, dass beide punktuell mal keinen Strom liefern.

In Zukunft werden wir dafür verschiedene Speicher nutzen (wie genau habe ich hier erklärt), aber solange es diese Speicher nicht gibt, müssen eben andere Kraftwerke auf Abruf bereits sein. Diese können dann in den seltenen Fällen einspringen, in denen wirklich weder Wind noch Sonne verfügbar sind.

Der Witz ist nun: Wir HABEN bereits eine Menge Kraftwerke, die zur Reserve im Land stehen. Heute schon. Selbst nach dem kommenden Atomausstieg Ende 2022 werden wir noch 89 Gigawatt Kraftwerksleistung haben, die unabhängig vom Wetter Strom erzeugen kann (Kohle, Gas, Öl, Biomasse, Wasserkraft).

Selbst wenn also in Winter mal mehrere Tage kaum Wind wehen sollte und wir noch keine Speicher installiert haben, dann können wir immer noch locker genug Strom erzeugen. Üblicherweise verbraucht Deutschland bei solchen Wetterlagen um die 70 Gigawatt (das ist etwas weniger als im Schnitt, weil Strom dann teuer ist).

Dieser Verbrauch würde natürlich mit E-Autos steigen, bei einer Flotte von 10 Millionen E-Autos um etwa 3 Gigawatt im Schnitt, wir bräuchten also 73 Gigawatt. Was mit einem Kraftwerkspark von 89 Gigawatt immer noch vollkommen problemlos machbar ist.

Hinzu kommt: Bis wir 10 Millionen E-Autos im Land haben, haben wir auch Speicher. Beziehungsweise: E-Autos SIND Speicher. Wir können es in Zukunft preislich attraktiv gestalten, sie bei viel Wind- und Sonnenstrom zu laden, und bei hohem Strombedarf wieder Strom zurückzuspeisen. Die gesetzliche Regelung dazu wurde bereits in die Wege geleitet.

Bis dahin wird vermutlich auch der Erdgasbezug nicht mehr nennenswert über Russland laufen, aber selbst wenn das in 5 Jahren immer noch der Fall wäre UND wir keine Speicher gebaut hätten, dann bräuchten wir dieses Erdgas nur an den wenigen Zeiträumen im Jahr, an denen für mehrere Tage weder Wind weht noch Sonne scheint – was nun mal recht selten der Fall ist.

Phasen mit nur 15% Strom aus Sonne und Wind machen pro Jahr etwa 232 Stunden oder 10 Tage aus. Würden wir also an allen anderen Tagen mit Sonne und Wind versorgt und würden an diesen 10 Tagen Dunkelflaute unsere 10 Millionen E-Autos mit 100 Prozent Strom aus russischem Gas versorgen, wäre der Bedarf nach Energieimporten immer noch ein winziger Bruchteil von dem als wenn alle diese Autos immer (!) mit Import-Erdöl funktionieren.

5. Mit Erneuerbaren ließe sich kein grüner Wasserstoff herstellen

Im genau Wortlaut sagt er:

„Richtig ist, dass langfristig grüner Wasserstoff während der Dunkelflauten für die Stromproduktion eingesetzt werden kann. Aber auch der lässt sich nicht gut aus Wind- und Solarstrom herstellen, weil der zu flatterhaft ist. Der Wasserstoff wird deshalb aus den  vielen neuen Atomkraftwerken kommen, die Frankreich gerade zu bauen beschlossen hat“

Okay. wow. Allein über den Absatz könnte ich einen eigenen Artikel schreiben, weil er so hardcore konfus Dinge durcheinanderwirft. Wasserstoff lässt sich selbstverständlich aus Wind- und Solarstrom herstellen. Wie wichtig eine möglichst gleichmäßige Stromversorgung für Elektrolyse (Herstellung von Wasserstoff) ist, lässt sich nicht pauschal sagen, da es unterschiedliche Verfahren gibt.

Es wird entscheidend sein, wie diese Verfahren in den kommenden Jahren verbessert werden können, und zwar nicht nur für Energiespeicherung, sondern für alle wirtschaftlichen Anwendungen, die wir nicht ökonomisch sinnvoll elektrifizieren können. Für die Schifffahrt, den Flugverkehr, Hochöfen oder die Landwirtschaft werden wir synthetische Kraftstoffe benötigen.

Witzig: Sinn widerspricht hier vermutlich unbeabsichtigt den Verfechtern von E-Fuels in PKW, auf deren Seite er sich ja vermutlich eigentlich wähnt: Die größte Anlage für PKW-E-Fuels entsteht gerade unter der Federführung von Porsche in einer recht windigen Region in Chile. Surprise: Dort wird Wasserstoff mittels Windstrom hergestellt. Hält Hans-Werner Sinn diese Investition von 70 Millionen Euro für Unfug? Damit sollen doch Verbrennungsmotoren angetrieben werden, Sinns große Leidenschaft… wäre auch interessant, was Porsche dazu sagt.

Stattdessen formuliert Sinn in überzeugtem Indikativ, der grüne Wasserstoff werde aus den vielen französischen Kernkraftwerken kommen, die gerade neu gebaut werden. Echt? Französische Kernkraftwerke sollen Wasserstoff für die Puffer-Stromproduktion herstellen, welche Frankreich aber aufgrund der Grundlastfähigkeit von Kernkraftwerken gar nicht braucht? Wer hat sich den grotesken Plan ausgedacht, Tingeltangel-Bob?

Abgesehen von der ökonomisch haarsträubenden Unsinnigkeit, die eher verlässliche Leistung von Kernkraftwerken zusätzlich mit noch teurerem Wasserstoff abzusichern, überschätzt Sinn hier auch maßlos, wie viel die neuen Kraftwerke beitragen werden. Emmanuel Macron hat den Bau von bis zu (!) 14 neuen Meilern angekündigt. Selbst wenn es 14 werden, so wurde bislang nirgends näher erläutert, Wie viel Leistung diese dann erbringen werden. Aber sie müssen halt perspektivisch die jetzigen 56 Kernkraftwerke ersetzen.

Es kann natürlich sein, dass die neuen Kraftwerke das sogar schaffen, indem sie jeweils deutlich mehr Leistung erbringen als die alte Generation von Reaktoren, aber auch Frankreich will gleichzeitig weg von Öl und Gas. Diese Energieträger decken aktuell jedoch zwei Drittel des französischen Energieverbrauchs.

Das klingt zwar nach mehr als es ist, weil fossile Brennstoffe ineffizienter in der Nutzung sind als elektrische Maschinen, aber es dürfte dennoch ein paar hundert Terawattstunden zusätzlichen Strombedarf bedeuten. Die Idee von Hans-Werner Sinn ist also, dass 14 Kernkraftwerke in Zukunft den gesamten Strombedarf Frankreichs wuppen, alle heutigen Erdöl- und Erdgasverbraucher mit versorgen und zusätzlich noch gigantische Mengen grünen Wasserstoff herstellen.

Seid alle gespannt auf nächste Woche, da veröffentlicht die Bild Hans-Werner Sinns vermutlich ähnlich gut durchdachte Immobilientipps, laut denen ihr ganz viel Geld spart, indem ihr mit eurer 7-köpfigen Familie, einer Gruppe von Zirkusartistinnen und 30 aufgenommenen Straßenhunden gut für 300 Euro kalt in einer 3-Zimmer-Wohnung unterkommt. In der Münchner Innenstadt.

Ja, schade, das war nichts. Bitte im Hinterkopf behalten, was für grundsätzliche Verständnisprobleme Sinn hier offenbar hat, wenn er sich das nächste mal zu komplexen Energiethemen äußert.

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40 Gedanken zu “Mit diesen 5 Falschbehauptungen manipuliert Hans-Werner Sinn in der Bild-Zeitung

  1. Und was ist wenn Prof. Sinn nicht einfach die Herstellungskosten des Stromes daher nimmt, sondern auch einkalkuliert, dass bei den erneuerbaren Energien immer noch Reservekraftwerke vorgehalten werden? Hat er zumindest in einem Vortrag so gesagt. Gesamtkosten zu rechnen ist seriös, alles andere leider nicht.

      • Na ja, es gibt Methoden Strom zu erzeugen die konstant Laufen (z. B. Kohle, Gas, Kernenergie), da benötigt man keine bzw. nur wenig Backup. Dann gibt es regenerative Energien, da muss man leider 100 Prozent Backup vorhalten. Es gibt kein Sowieso in dieser Rechnung. Entsorgung wird ja leider nie mit eingerechnet, die ist bei z.B. Windkraft sicherlich günstiger, aber auch nicht eingerechnet. Bitte mein Kommentar nicht als Pro AKWs verstehen. Aber wenn man eine Rechnung rechnet, dann ganzheitlich. Und der Backup bei regenerativen Energien muss größer ausfallen und das sollte in eine seriöse Rechnung mit einfließen.

        • Es muss eben nicht „100%“ vorgehalten werden, also 100% der von erneuerbaren Kraftwerken erzeugten Strom. Es sind etwa 10 von 365 Tagen im Jahr „Dunkelflaute“, wo vorzuhaltender Strom stärker gebraucht würde, das sind ca. 2,7% des Jahres. An denen auch weniger als 2,7% der Jahresgesamtenergie verbraucht wird, weil Firmen damit Geld sparen.

          • Mit Jahresenergiemengen zu rechnen bringt nichts. Durchschnittswerte verfälschen die Statistik. Man brauch Reserven bei, qber nicht nur, z.B. einer Dunkelflaute von 100 Prozent der Spitzenlast. Also Kraftwerke, die die 60 bis 80 GW liefern (oder wo liegen wir da gerade). Und deren Standby muss bezahlt werden.

      • Könnte es sein dass gar keine oder nur minimale Kosten entstehen, wenn der Müll Energierohstoff genannt wird. Dies für neue Kernkraftwerke. Wir wollen diesen „Rohstoff „ für 1Mio Jahre vergraben. Andere Länder nutzen ihn zu Energieerzeugung. Wir waren mal führend in dieser Technologie. Grüne Ideologie verbietet. Intelligente Menschen nutzen ihn. Ohne Kernkraft gibt es keine CO2 freie Wirtschaft. 🇩🇪 bleibt allein mit diesem Wahn. Spätrömische Dekadenz oder Morgenthau lässt grüßen

        • > Ohne Kernkraft gibt es keine CO2 freie Wirtschaft.

          Richtig. Allerdings sollte man den Umgang mit der Kernkraft denen überlassen, die dafür schon seit Jahrmilliarden und milliardenfach im Universum die bessere und verantwortungsvollere Fachkompetenz bewiesen haben: den Sternen und in unserem Fall der Sonne, der auch erst in Jahrmilliarden der dafür nötige Brennstoff ausgehen wird. Und nicht einer kosmologisch unbedeutenden Spezies, die schon nur wenige Jahre nachdem sie die Kernkraft entdeckt hat, diese zur gegenseitigen Vernichtung einsetzte, danach immer wieder mit dem „roten Knopf“ gezündelt hat, noch keine zwei aufeinanderfolgende Jahrzehnte unfallfrei unterwegs war und auch aktuell wieder mal sich nicht als reif und verantwortungsvoll im Umgang mit der Kernkraft erweist.

          SCNR Satiram non scribere difficile est

        • Erstens wird niemand Atommüll begraben, das ware auch fatal, und es gibt bis jetzt nicht einmal Endlager und zweitens gibt garde kein einziges Atomkraftwerk, das unsere Atommüll benutzt, und die wird es so schnell auch nicht geben, Russland hat zwar zwei neuartige Reaktoren, die das theoretisch im geringen Maß könnten, die verwursten aber nur Abfälle aus Atomraketen. Frankreich hat seine Forschung dazu aufgegeben und auf die 2. Hälfte des Jahrhunderts vertagt und was Russland angeht hat man doch immer ein ungutes Gefühl was Sicherheit angeht.
          Mag sein, dass das in mittlere Zukunft vielleicht möglich sein könnte, aber bis dahin wird es zu einfach spät sein.

      • „ Wir HABEN bereits eine Menge Kraftwerke, die zur Reserve im Land stehen. Heute schon. Selbst nach dem kommenden Atomausstieg Ende 2022 werden wir noch 89 Gigawatt Kraftwerksleistung haben, die unabhängig vom Wetter Strom erzeugen kann (Kohle, Gas, Öl, Biomasse, Wasserkraft).“

        Diese Kraftwerke müssen nicht neu gebaut werden. Es kostet kein Geld, etwas nicht neu zu bauen, also kann man es auch nicht einrechnen in Gesamtkosten. Die Betriebskosten (und überhaupt alle zusätzlich anfallenden Kosten) dieser Kraftwerke, die jetzt schon anfallen, sind nicht den erneuerbaren Energien anzulasten. Ein ziemlich absurder Gedanke, die Kosten von schon lange vorhandenen Infrastrukturen den neu entstandenen anzulasten.

        Und mit zunehmendem Ausbau der Erneuerbaren und von Speichertechnologie – beides passiert gerade jetzt – wird es in Zukunft ohnehin nicht mehr nötig sein, nicht-erneuerbare Kraftwerke zu betreiben. Mit der Zeit werden sich also auch die Betriebskosten der nicht-erneuerbaren Kraftwerke erübrigen, durch die erneuerbaren. Ist auch gut so, denn das Geld wird dringend gebraucht, um die restlichen vier Fünftel der Kosten für Kohlestrom dann auch zu bezahlen…

  2. Tatsächlich haben Frankreichs Atomkraftwerke auch ein großes Kühlproblem im Sommer, da diese Meiler ja meist mit Flusswasser gekühlt werden und das Wasser oft zu warm wird, weswegen sie lange abgeschaltet werden und Frankreich deswegen viel Strom importieren muss. Dieser Herr Sinn hat Null Plan von der Energiewende und wird von Jahr zu Jahr dümmer.

  3. Da bin ich ja in einem ganz fanatischen „Energieschwurbler“ Blog gelandet

    Oooh nein, Ferdi, Sie sind halt einer von denen, die wie HW Sinn ständig davon reden, was die vermeintlichen Probleme sind. Sinn hätte bei 5% EE gesagt, das führt in die Katastrophe, bei 10% EE, bei 20% und so weiter. Stellen Sie sich HW Sinn vor, wie er geredet hätte in der Zeit, als die Kutschen durch Verbrenner ersetzt wurden…jedenfalls scheint eines sicher: Sinn leugnet den menschengemachten Klimawandel, sonst würde er nur noch eines bejammern: Dass die Elektrifizierung der Volkswirtschaft durch EE viel zu spät kommt und viel zu lange blockiert wurde, vor allem in Deutschland.

    • Die URSACHE aller Probleme unseres symptomatischen „Zusammenlebens“ ist der nun „freiheitliche“ WETTBEWERB, den es für ein globales Gemeinschaftseigentum abzuschaffen gilt – Doch Nein, Nein, Nein, dagegen wehrt sich die systemrational-gebildete Suppenkaspermentalität, die viel lieber an bewusstseinsbetäubte Konfusion und Sinnhaftigkeit von und zu zufälliger Einmaligkeit glaubt!?

  4. Ich muss zugeben, dass ich HW Sinn diese Annahme mit dem andernorts verbrauchten Öl mal abgekauft habe.

    Dann kam Corona und der Ölpreis ging in’s negative. Was für viele Ölfelder in den USA wohl die Insolvenz bedeutete.

    Sprich: wenn wir weniger Öl verbrennen, wird die Förderung irgendwann ein Minusgeschäft. Das kam ihm wohl nicht in den Sinn (pun intended)!

    • Tatsächlich ist mir dieser Punkt (Öl-Förderung, -Nutzung und Verwendung abseits der wachsenden elektrifizierten Welt) nicht ganz klar. Die Öl-Förderanlagen stehen und wollen betrieben werden. Durch die Elektrifizierung wird die Nachfrage reduziert. Die Folge wäre ein Überangebot, zumindest zeitweise und auf Regionen oder bestimmte Anwendungszwecke. Wann wird die Förderung denn wirklich ein Minusgeschäft und wo wären welche Abnehmermärkte?
      Falls hierzu jemand Infos hat, wäre ich dankbar.

    • was ist das denn für ne Rechenerei?
      Die Corona-Krise (also die übertriebenen Maßnahmen Lockdown,… nicht die Pandemie) war eine künstlich durch die Politik verursachte Krise, die weniger Energieverbrauch mancherorts verursachte.
      Diese Zeit ist vorbei, der Markt braucht Öl, also sprudeln alle Quellen wieder, und Erdöl ist wieder gefragt.

  5. Den Satz „Ein kombiniertes Erdgaskraftwerk (dessen Abwärme genutzt werden kann)“ finde ich etwas unklar formuliert, denn:

    In der verlinkten Quelle ist von „combined cycle gas plants“ die Rede, zu Deutsch Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk (GuD-Kraftwerk). Der elektrische Wirkungsgrad dieses Kraftwerkstyps ist mit ca. 60 % zwar deutlich höher, als bei einem einfachen Gaskraftwerk („gas peaker). Trotzdem geht ca. 40 % der eingesetzten Energie in Form von Abwärme über Kühltürme oder die Kühlung mit Flusswasser verloren. Es ist also mitnichten so, dass „die Abwärme genutzt werden kann“.

    Die meisten GuD-Kraftwerke dienen allein der Stromerzeugung. Ein sinnvolle Nutzung der Abwärme ist aufgrund der stromgeführten Betriebsweise und der immensen Leistung von häufig über 300 MW i.d.R. nicht vorgesehen.

    • Die Dampfturbine wird mit Dampf aus dem Abhitzekessel gespeist, welcher der Gasturbine nachgeschaltet ist. Dementsprechend findet bei einem GuD Kraftwerk immer eine Nutzung der Abwärme statt. Das diese noch weiter genutzt werden kann steht außer Frage, beispielsweise in Form einer Fernwärmeauskopplung. Dennoch spricht man im Zusammenhang von GuD Kraftwerken von einer „Nutzung der Abwärme“.

  6. „Mit anderen Worten: Wir bezahlen für unseren Kohlestrom heute gerade mal 16 Prozent des tatsächlichen Preises und bürden den kommenden Generationen zusätzlich das Fünffache unserer eigenen Kosten auf.“

    Das ist genau der Trick den die Energiewendler immer versuchen, einfach die anderen Energien teurer rechnen, obwohl es dafür überhaupt keine Belege gibt. Und gleichzeitig werden die Kosten für die Netze und Speicher komplett unter den Tisch gekehrt. Der Autor selbst ist das, was er Herrn Sinn vorwirft.

    „Der Preis, der auf unserer privaten Stromrechnung steht, stammt ja nicht allein aus den reinen Kosten Erzeugungskosten des Stroms, diese machen nur etwa 44 Prozent aus. Weitere 25 Prozent des Preises entstehen durch Netzentgelte, damit finanzieren die Netzbetreiber die Infrastruktur, also das Stromnetze, die Umspannwerke und all solche Dinge, die wir auch ohne Erneuerbare bräuchten.“

    Und genau deswegen machen die Erneuerbaren den Strom teurer. Stromerzeugung und Speicherung sowie der nötige Netzausbau sind nämlich zusammen teurer als die Stromerzeugung im Kernkraftwerk. Weshalb immer wieder der Trick versucht wird, externe Kosten auf die Konventionellen Kraftwerke zu rechnen. Während die externen Kosten der EE immer kleingeredet werden (Rohstoffverbrauch, Umweltzerstörung, Flächenverbrauch etc.).

    „Der dritte Teil sind mit 30% Steuern und Abgaben. Diesen Anteil beeinflussen die Erneuerbaren seit dem Wegfall der EEG-Umlage am 01. Juli 2022 gar nicht mehr, “

    Und die zahlt der Weihnachtmann oder wer?

    „Ein deutscher Betrieb kann an Tagen mit viel Wind- und Solarstromeinspeisung ganz besonders günstigen Strom einkaufen,“
    Na Klar, und den packt er dann in Tüten ab für den Winter oder was? Das muss man den Betrieben auch mal sagen, bevor sie Insolvenz gehen bzw. ins Ausland abwandern.

    „Ich weiß, das klingt anmaßend, aber Professor Sinn scheint irgendwann vergessen zu haben, wie Märkte, Angebot und Nachfrage funktionieren und auch länger nicht mehr in irgendeine Zeitung geguckt zu haben.“

    Ja seltsam, das gerade genau das Passiert. Indien und China kaufen billig in Russland ein, teilweise die 10fache Menge.

    „In Zukunft werden wir dafür verschiedene Speicher nutzen (wie genau habe ich hier erklärt), aber solange es diese Speicher nicht gibt, müssen eben andere Kraftwerke auf Abruf bereits sein. Diese können dann in den seltenen Fällen einspringen, in denen wirklich weder Wind noch Sonne verfügbar sind.“

    Von wegen seltenen Fälle. Bis zu 84 Tage in Deutschland:

    https://www.handelsblatt.com/meinung/homo-oeconomicus/gastkommentar-homo-oeconomicus-atomkraftwerke-sind-die-einzige-chance-die-energiewende-noch-zu-schaffen/28452048.html

    „Stattdessen formuliert Sinn in überzeugtem Indikativ, der grüne Wasserstoff werde aus den vielen französischen Kernkraftwerken kommen, die gerade neu gebaut werden. Echt?“

    Natürlich es wird kaum wirtschaftlich sein, diese nur an wenigen Tagen im Jahr zu betreiben, wenn gerade Überschusstrom herrscht.

    „Hinzu kommt: Bis wir 10 Millionen E-Autos im Land haben, haben wir auch Speicher. Beziehungsweise: E-Autos SIND Speicher. “

    Nein E-Autos sind Verbraucher (zumindest derzeit noch die meisten > 95%). Genauso wie Laptops, Smartphones und alles andere mit Akku. Keines der Geräte ist in der Lage den gespeicherten Strom wieder abzugeben. Und ob in Zukunft E-Auto Besitzer bereit sind, ihre Batterie ohne finanziellen Ausgleich erhöhtem Verschleiß auszusetzen darf bezweifelt werden. Ich habe selbst eins und lade es immer möglichst bis annähernd 90% auf, weil man ja nie weiß, wann man doch mal dringend eine längere Strecke fahren will.

    Dieser Artikel ist leider reine Polemik mit vielen unhaltbaren Behauptungen die dem reinen Wunschdenken entspringen.

  7. Nur in einer Welt- und Werteordnung OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik von/zu „Wer soll das bezahlen?“, kann es Wörter wie Teuer NICHT geben, doch dies würde bedeuten: Mensch organisiert sich wirklich-wahrhaftig demokratisch und zweifelsfrei-eindeutig vernünftig in einem globalen Gemeinschaftseigentum ohne Wettbewerb um die Deutungshoheit des zeitgeistlich-reformistischen Kreislaufes im imperialistisch-faschistischen Erbensystem (und somit auch ohne die heuchlerisch-verlogene Schuld- und Sündenbocksuche) – Doch lassen sich die auf egozentriertes „Individualbewusstsein“ konditionierten Wohlstands- und Gewohnheitsmenschen eher auf Angst und Gewalt ein, denn das passt besser zu ihrer gleichermaßen unverarbeiteten Bewusstseinsschwäche mit entsprechend-gepflegten Feindbildern!?

    H.W. Sinn hat schon recht, auch wenn er ohnmächtig/resigniert nur den Zeitgeist der Überproduktion von wettbewerbsbedingten Kommunikationsmüll surft!!!

  8. Ohne jetzt ins Detail zu gehen: Um uns herum werden neue Atomkraftwerke gebaut. Sind dort die Politiker, Wissenschaftler und Ingenieure völlig Verblödete und wir die einzig Klugen, die es besser wissen wie in einem Energie-intensiven Industrieland die Versorgung gesichert wird ?

    • Vielleicht sollten wir doch mal etwas ins Detail gehen, denn dort versteckt sich bekanntlich der Teufel:
      was heißt hier „um uns herum“? Ich seh die neuen AKWs jetzt nicht gerade wie die Pilze aus dem Boden sprießen. Dafür massive Probleme bei Neubauten wie dem EPR und generell alte AKWs dem Stand der Technik anzupassen.

      Und nur weil alle anderen etwas tun muss das nicht unbedingt richtig sein. Wenn alle von der Brücke springen, machst du das auch? Der Herdentrieb mag gewisse Vorteile haben, kann aber wie bei den Lemmingen fatale Folgen haben. Oder wie schon Bertrand Russell feststellte

      Auch wenn alle einer Meinung sind, können alle irren

      Für einer kluge Entscheidung ist daher was die Masse macht nicht unbedingt ein überzeugendes, mehr überredendes Kriterium. Taugt bestenfalls als Witz:

      Deutschland als Auto auf der Europa-Autobahn. Plötzlich eine Durchsage im Radio:
      „Achtung, Achtung! Auf der Europa-Autobahn kommt Ihnen ein Tempolimit-Falschfahrer entgegen“. Darauf Deutschland: „Was heißt hier einer? Dutzende!“

      Man sollte sich also lieber die Sachargumente ansehen und möglichst danach, gerne auch direktdemokratisch in einem Volksentscheid, entscheiden. Die Entscheidung muss dann immer noch nicht „richtig“ sein, aber sie hat dann wenigstens eine echte, demokratische Legitimation. Das Volk kann nämlich auch irren, ist aber deutlich weniger korrupt als ein paar Parlament-Arier wie schon Machiavelli erkannte.

      Und wenn ich mir die Atomkraft ansehe und welche Probleme es da gerade ganz aktuell mit dem Kühlwasser gibt, was bei fortschreitender Klimaerwärmung nicht besser werden wird. Dann was gerade in der Ukraine mit den AKWs in einem immer irrationalen Krieg abgeht. Ganz abgesehen von den sonstigen Problemen was Gewinnung von Uran (auch nicht sehr umweltfreundlich), Sicherheitsrisiken im Betrieb und die Endlagerung des Atommülls angeht, ist eins sicher: mit Atomkraft wird es keine Demokratisierung der Energiegewinnung geben! Mit PVAs die sich jeder Eigenheim- und Balkonbesitzer aufs Dach oder den Balkon schrauben kann, schon weit eher.

      Und wer nicht glaubt, dass es auch sehr große, sehr dumme Entscheidungen getroffen kann, dem sei die Känguruapokryphen empfohlen und dass wir immer noch zum allergrößten Teil fossile THG-aktive Energieträger verfeuern:

      Wie geht das ab auf einer Klimakonferenz? Sagen die:
      „Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun. Aber wenn sich in 50 Jahren herausstellt, dass sich alle Wissenschaftler geirrt haben und es gar keinen (menschengemachten) Klimawandel gibt, dann hätten wir völlig grundlos dafür gesorgt, dass Autos nicht mehr lärmen und stinken, man die Luft in den Städten wieder atmen kann, die Menschen sich gesünder (weil weniger Fleisch) ernähren und wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Öl-, Gas- und Kohlevorkommen. Da würden wir uns schön ärgern!“

  9. Der Text greift einen Bildzeitungs-Text auf und polemisiert als erstes die Niederungen, in die HW Sinn begeben hat. Vermittelte Botschaft: wer das macht kann nicht seriös sein. Die Bezüge werden auf die holzschnittartigen Auszüge des Bild-Textes genommen, der Bild-like vor allem Auflagezahlen sicherstellen soll. Unserem lieben Blogger war offensichtlich die Mühe zu groß, das dicke Buch zum Thema von Sinn zu lesen, um sich dort mit den aufgeführten Fakten und Zusammenhängen auseinander zu setzen. Es macht mich grundsätzlich stutzig, wenn vermeintliche Fachtexte mit Polemik anfangen.
    Dann kann ich bei dem Text keine Ende-zu-Ende-Betrachtung erkennen. Was kostet und verursacht ein Windkraftpark, eine Solaranlage etc. von der Produktion, über das Recycling bis zur endgültigen Entsorgung an an ökologischen und sozialen Nebenkosten im Verhältnis zu anderen Energieträgern. Das sollte der Autor des Blogs ja noch als Kosten des Trittbrettfahrer-Effekts aus einer der ersten VWL-Vorlesungen kennen. Wie wird und kann sich dieses Verhältnis in den nächsten Jahr(zehnten) vermutlich verändern? Auffällig ist auch, dass Forschungsergebnisse ausschließlich Richtung erneuerbaren Energien beschrieben werden. Welche Neuerungen gibt es zu anderen Technologien und welches Potential und Nebenkosten haben diese (Stichwort Kernreaktoren)? Welche Entwicklungen und Szenarien werden hier über alle Energieträger hinweg diskutiert? Was bedeutet die Energiedichte und Flüchtigkeit und (ökologischen und sonstigen) Folgekosten unterschiedlicher Energieträger (Anforderungen und Folgen der Wasserstoff-Verdichtung, Verdunstung und Einfluss auf das Ökosystem von hochgepumptem und aufgestauten Wasser, Energiedichte von Redox-Flow-Batterie im Verhältnis zu anderen Speicherformen) für die Tauglichkeit als Energiespeicher?
    Solange diese und ähnliche Fragen hier ausgeschlossen werden ist das für mich ein Pippi-Langstrumpf-Artikel „Ich mache mir die Welt, so wie sie mir gefällt!“.
    Wobei ich den bisherigen Rechercheaufwand ausdrücklich loben will, leider ist er einseitig. Der Einstieg ist unsachlich, um nicht zu sagen unseriös. Das ist schade, da ich mich dank einer Empfehlung zunächst über einen umfassenden und gut recherchierten Text zur Aufklärung bei dem Thema gefreut hatte. Aber vielleicht werden die Antworten auf meine Fragen noch nachgeliefert.

  10. So ein Unsinn. Keine Ahnung vom Strom, aber Sprüche klopfen.
    Empfehlung: 1 Jahr komplett ohne Strom leben, also auch kein Smartphone und Internet. Dann, sehen wir
    viel weiter. Bis dahin, viel Spaß mit der Oko- Scheiße und Energiewende.

  11. @W.M schrieb „Bis dahin, viel Spaß mit der Oko- Scheiße und Energiewende.“

    Och wie süß, mein lieber W.M.

    Dann erklär doch bitte mal, warum aus reinkapital-ideologischen Gründen die Kraftwerksböcke A und B in Hamburg Moorburg nach nur 5 Jahren Betriebszeit klammheimlich zum Jahresende 2020 ihren Betrieb eingestellt hatten?

    Kleiner Tipp: Es lag an der jahresnutzungszeit, die üblicherweise mit 45% oder sogar 85% angenommen wird in der Finanzierungsrechnung, hier aber bei nur 8% bzw. 18% erreichte.

    Damit könnte man nicht einmal das Urlaubsgeld finanzieren! 🤪

  12. Danke für diesen wunderbaren Artikel. Kommentare lesen muss ich aber aufhören, da platzt mir regelmäßig der Kragen. Als ob es eine Alternative zu einer Energiewende gäbe. Die Frage kann ja nicht sein, ob wir weg von verbrennen von Kohle, Öl, Gas usw. müssen. Sondern wie wir möglichst schnell und effizient hin zu erneuerbaren Formen der Energiegewinnung sowie Speicherung eben jener kommen. Was übrigens auch hilfreich wäre um weniger abhängig von Ländern wie Russland, Saudi-Arabien usw., zu sein. Auch kein Fehler. Ich frage mich schon, warum sich so mancher Mensch völlig versperrt? Ich denke da ist viel Ideologie und Weltfremdheit im Spiel. Und das Augen verschließen vor der Tatsache, dass die Menschheit ihrer Umwelt massiven Schaden zufügt und somit sich selbst. Von anderen Lebewesen ganz zu schweigen. Also nochmals danke und bitte weiter so.

    • Eigentlich muss man allen, die an der Notwendigkeit von effektivem Klimaschutz herum kritteln nur folgenden Satz von Marc-Uwe Kling zitieren

      Wie geht das ab auf so einer Klimakonferenz?
      Sagen die: Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun.
      Aber wenn sich in 50 Jahren herausstellt, dass sich alle Klimawissenschaftler doch geirrt haben
      dann hätten wir ohne Grund dafür gesorgt, dass alle Autos¹ und Heizungen nicht mehr stinken,
      dass die Luft sauber ist, keine Kriege ums „unser“ Öl mehr geführt werden und wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren oder Ölmultis und deren Gas, Öl und Kohlevorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.

      (sinngemäß zitiert)

      ¹ in den ersten 3 Minuten einer Fahrt wird mit kaltem Kat mehr Schadstoffe ausgestoßen als 1000km mit warmen Kat. Kann man gerade per Schnüffeltest in Wohngebieten gut feststellen.

  13. Guten Abend,
    Dr. Hans-Werner Sinn hat im Jahr 2008 das Buch „das grüne Paradoxon“ veröffentlicht.
    Dieses würde ich ihnen sehr ans Herz legen (ein Meisterwerk). Ich finde Ihre Beiträge sehr gut und ich finde Ihre kritische Haltung beim Thema Nachhaltigkeit vorbildlich. Aber hier stellen sie leider den falschen an den Pranger.

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