Breaking News: Jugend nicht so grün, wie ein paar alte Männer dachten

Stellt euch vor, bei euch im Büro oder der Fachschaft geht auf einmal das Gerücht rum, ihr nehmet es mit eurer Körperhygiene nicht so genau, weil die Firmen -oder Campuszeitung getitelt hat „Anneliese Unterberg wäscht sich seltener als gedacht!“. Ihr sprintet also zum vierschrötigen Chefredakteur und stellt ihn zur Rede, immerhin duscht ihr ja täglich. „Ach so“, erwidert der, „aber wir DACHTEN halt, du wäschst dich häufiger. Tja, blöd gelaufen.“

Was für ein Glück, dass das ein fiktives Beispiel ist, oder? Nicht auszudenken, wenn irgendwer auf Basis dieser unseriösen Herangehensweise eine Studie herausgäbe, diese allen großen Redaktionen des Landes schickte, welche diesen Quatsch dann unkritisch übernähmen. Genau das ist aber leider passiert. Nur geht es nicht um Körperhygiene, sondern darum, wie „grün“ die heutige Jugend eigentlich ist.

Es ist wohl eine der beliebtesten Geschichten, die meine Generation sich selbst erzählt, um sich die eigene Trägheit in Bezug auf die Klimakrise schönzureden: Weil Jugendliche selbst auch das Klima belasten, sollen sie von der Politik gefälligst keine Klimaschutz-Maßnahmen fordern. Und obwohl die Stichhaltigkeit dieses Arguments nicht wirklich mehr hermacht als „Eierbätsch, selber doof!“, findet sie in der Bevölkerung und vielen Redaktionen gruselig viel Anklang.

Nach dieser naiven Maßgabe dürften sich ja nur Menschen mit perfekter Lebensführung für bestimmte Veränderungen stark machen: Für ein Tempolimit dürfte nur eintreten, wer nie zu schnell fährt. Eine Lebensmittelampel darf nur fordern, wer seinen eigenen Zuckerkonsum unter Kontrolle hat, und für verbindliche Lieferkettengesetze darf nur sein, wer keine Elektronikprodukte zu Hause hat. Also quasi niemand.

Während die meisten Leute euch einen Vogel zeigen würden, wenn ihr solche Bedingungen aufstellen würdet, schlüpft der exakt gleiche Unsinn beim Thema Klimaschutz durch das Logikzentrum vieler Leute. Noch schlimmer: Obwohl junge Menschen in einer Studie Antworten gegeben haben, die eine überdurchschnittlich nachhaltige Lebensweise nahelegen, zitiert die halbe Medienlandschaft diese Studie damit, dass die Jugend nicht so grün ist „wie gedacht“.

Wer da was gedacht hat und ob das vielleicht von Beginn an grandioser Unsinn war, scheint nicht so wichtig. Wir lesen: „Jugend nicht so grün wie gedacht“ (Tagesschau), „Klimaschutz? Aber nicht ohne mein Auto“ (Spiegel), „Studie: Jugend nicht so „grün“ wie angenommen“ (Arte), „Nicht so „grün“ wie gedacht“ (F.A.Z.) „Jugend in Deutschland: Doppelmoral unter dem grünen Mäntelchen“ (Neue Osnabrücker Zeitung), „Jugend nicht so „grün“ wie angenommen“ (Stuttgarter Zeitung).

In den Kommentarspalten wird frohlockt, wie heuchlerisch und blöde die Jugend doch sei, alte Männer ätzen gegen Greta Thunberg, Luisa Neubauer und Carla Reemtsma und überhaupt habe man ja schon immer gewusst, dass von dieser Klimajugend nichts zu halten ist. Tja, pauschal auf junge Menschen schimpfen geht halt immer. Der doppelte Haken an der Sache: Die Ergebnisse dieser Studie lassen den vielfach zitierten Schluss gar nicht zu. Es wirkt so, als hätte keine der genannten Redaktionen sie jemals gelesen.

Was ist das überhaupt für eine Studie? Es handelt sich um eine Trendstudie mit dem Namen „Jugend in Deutschland“, die mittels einer Online-Befragung die Einstellungen von 1014 Personen im Alter von 14 bis 29 Jahren abgefragt hat. Studienleiter ist ein gewisser Simon Schnetzer, laut Studienseite ist er „führender Jugendforscher in Europa“ und hat viele zufriedene Kunden, darunter Google, TikTok, die IG Metall und Kirche (sic). Erstaunlich, dass der laut eigenen Angaben führende Jugendforscher Europas gar kein entsprechendes Studium der Sozialwissenschaften abgeschlossen hat, sondern VWL studiert hat und seine Führungsposition in der Jugendforschung mit dem Wissen aus „Workshops“ erlangt haben will. Zudem ist die Studie nirgends publiziert, außer auf der Homepage von Simon Schnetzer, wo man sie dann auch für 29 Euro kaufen muss, wenn man sie lesen will.

Keine Sorge, ihr müsst sie nicht kaufen, eine sehr nette Supporterin hat mir schneller 30 Euro gespendet, als ich „wollen wir zusammenlegen?“ in die Facebook-Gruppe „Europäische Energiewende“ schreiben konnte. Aber was steht denn nun drin? Wie „grün“ ist die deutsche Jugend und was dachte Simon Schnetzer, wie „grün“ sie ist? Und wieso soll es für eine objektive Beurteilung überhaupt wichtig sein, für wie „grün“ Simon Schnetzer, Jahrgang 1979, die Jugend hält?

Die Studie ist unterteilt in 3 Abschnitte, Corona, Klima, Politik. Teil 2, also Klima, beginnt so:

„Die von Angehörigen der jungen Generation initiierte Umweltbewegung hat in den letzten vier Jahren mit vielen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. Selbst während der Corona-Pandemie hat die Organisation Fridays for Future immer wieder gezielte Kampagnen durchgeführt, um auf die Bedeutung von Umweltschutz und die Notwendigkeit der Bekämpfung des Klimawandels aufmerksam zu machen.

Hierdurch ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, die junge Generation habe insgesamt ein größeres Interesse an der Sicherung der natürlichen Grundlagen des Lebens als die mittlere und ältere Generation in Deutschland.“

Und diesen Eindruck wollen die Studienautoren nun überprüfen, indem sie das persönliche Konsumverhalten von jungen Menschen untersuchen. Es gibt zwei Gründe, warum dieses Framing hochproblematisch ist:

  1. Es vermittelt der Öffentlichkeit, dass nur solche Menschen politische Veränderung fordern dürfen, die selbst mit gutem Beispiel vorangehen.

    Wie schon eingangs erwähnt, ist das eine vollkommen naive, nicht praktikable Vorstellung von politischer Teilhabe. Oft sind die Umstände, die wir mit effektiver Klimapolitik zu beseitigen versuchen, ja genau der Grund für unseren hohen persönlichen CO2-Impact. Forderte ich beispielsweise, den ÖPNV auszubauen, wäre es irgendwie nicht zielführend, mir vorzuwerfen, dass ich selbst ja mit dem Auto zur Arbeit fahre. Genau das zu ändern ist ja nun mal das Ziel meiner Forderung.

    Vollends absurd gerät das Ganze, wenn man sich klarmacht, wieviel CO2-Emissionen ähnlich strukturell bedingt sind und damit von uns, den älteren Generationen, mitverursacht werden.

  2. Es vermittelt der Öffentlichkeit, die Klimakrise sei mit persönlichem Verzicht lösbar.

    Ja, jedes eingesparte Gramm CO2 hilft, die Erderwärmung auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Es spricht also nichts dagegen, auch heute schon so klimaschonend wie möglich zu leben, aber als Ansatz zur Lösung der Krise reicht das nicht mal annähernd. Ich persönlich esse keine Tierprodukte, bewege mich zu 90 Prozent mit Füßen und Fahrrad fort, bewohne mit Ökostrom versorgte 34 m² pro Person und dennoch liegt mein Impact bei 4,5 Tonnen CO2 im Jahr.

    Und das bleibt so, solange unsere Gesellschaft noch mit fossiler Energie läuft, da kann ich mich so sehr einschränken, wie ich will. Irgendwann sind Gebrauchsgüter am Ende ihres Lebenszyklus angekommen und dann brauchen wir eben neue Busse, neue Möbel, neue Batterien und neue Heizungen. Die Rohstoffe für diese Gebrauchsgüter werden aktuell fossil aus der Erde gegraben, in Fabriken mit fossiler Energie verarbeitet und dann fossil zu uns transportiert. Sparsam ist nett, aber CO2 wirkt kumulativ. Ohne einen echten Umbau der Gesellschaft ist das also alles nur ein Aufschub des Problems. Das, was in den Kommentarspalten gerne als „Heuchelei der Klimakids“ bezeichnet wird, ist also in Wirklichkeit deren größter, sinnvollster Hebel, um echte Veränderungen zu bewirken.

Das Seltsame daran: Sowohl Schnetzer als auch der Co-Autor Prof. Klaus Hurrelmann scheinen der jungen Generation gegenüber recht wohlgesonnen zu sein und machen in Interviews auf deren schwierig Lage durch gleich mehrere Krisen (Corona, Klima, Politik) aufmerksam. Sie fordern mehr Aufmerksamkeit für deren Themen und mehr Verständnis für ihre von mehreren Seiten bedrohte Lage. Vielleicht können sich die Herren für die nächste Ausgabe ja einen Medienprofi ins Team holen, um der Jugend nicht noch so einen Bärendienst zu erweisen.

Und wenn sie gerade dabei sind, können sie sich vielleicht noch etwas Beratung in Klimafragen einkaufen, denn in der Online-Umfrage werden eine Menge Dinge abgefragt, die mit effektivem Klimaschutz kaum etwas zu tun haben oder bezogen auf die Altersgruppe bizarr anmuten:

„Was tust du konkret, um Klima und Umwelt zu schützen?“

ist die erste Frage und darunter finden sich dann z. B. Antworten wie „Mülltrennung“, „Öko-Strom aus erneuerbarer Energie beziehen“, „Verzicht auf Einweg-Plastik“, „Kompensationszahlungen für CO2-Verbrauch“. Aua:

Quelle: Trendstudie „Jugend in Deutschland – Winter 2021/22″ | N = 1.014, repräsentativ für 14- bis 29-Jährige in Deutschland“, Seite 14

Mülltrennung ist gut, hat aber einen sehr überschaubaren Einfluss auf unsere Klimabilanz. (Echter) Ökostrom ist vermutlich wirklich eins der effektivsten, persönlichen Mittel, aber welche 15-Jährigen haben einen eigenen Stromvertrag (48 Prozent der Befragten leben noch bei ihren Eltern)? Auch die Wirkung von Einwegplastik ist je nach Menge kaum ausschlaggebend (in Bezug auf das Klima) und mit welchem Geld Jugendliche CO2-Kompensationszahlungen leisten sollten, ist mir auch nicht klar. Zudem wird das CO2 emittiert, nicht verbraucht (!).

Die nächste Frage lautet „Welchen Beitrag zum Umweltschutz bist du bereit durch persönlichen Verzicht oder Verhaltensänderung zu leisten?“, die Optionen können mit „ja“, „vielleicht“ und „nein“ beantwortet werden. Eine irgendwie recht hypothetische Fragestellung, denn laut Umfragen sind Deutsche zu einer ganzen Menge Dinge bereit, auch zu Frühsport, anteilig mehr Biofleisch und weniger Autofahrten. Ob sich in der Realität an solche Vorsätze gehalten wird, steht dann auf einem ganz anderen Blatt.

Wie auch immer, die Ergebnisse dieser Frage konnten wir in allen oben verlinkten Artikeln lesen:

Rund ein Viertel (26 Prozent) ist bereit, konsequent auf Fleisch zu verzichten. Dauerhaft auf alle tierischen Produkte verzichten wollen hingegen nur 16 Prozent.

Schrieb die Tagessschau und findet offenbar, dass das recht wenig ist. Ist es? Naja, 26 Prozent antworteten auf die Frage mit „ja“ und weitere 27 Prozent mit „vielleicht“. Es sind also 53 Prozent, die eine Ernährung ohne Fleisch zumindest in Erwägung ziehen, was verglichen mit dem hohen Fleischkonsum der Gesamtbevölkerung ein sensationell hoher Wert wäre. Wie passt das also zum Tagesschau-Claim „Jugend nicht so grün wie gedacht“?

Quelle: Trendstudie „Jugend in Deutschland – Winter 2021/22″ | N = 1.014, repräsentativ für 14- bis 29-Jährige in Deutschland“, Seite 15

Nun, die zählt halt nur die „ja“-Antworten und orientiert sich zudem an der wirklich merkwürdigen Erwartungshaltung des Co-Autors, der sich in Interviews so ausdrückt:

„Die Vorstellung, die wir Älteren haben: Dass sich fast nur vegan und vegetarisch in der jungen Generation ernährt wird und das Auto nicht mehr benutzt wird […]. Umso überraschender war es für mich zu sehen, dass sie eine Minderheitengruppe ist und es noch nicht geschafft hat, die Mehrheit auf ihre Seite zu ziehen.“

Aha. Wieso geht ein Professor der Soziologie einfach davon aus, in der jungen Generation ernährten sich fast alle vegetarisch oder vegan? Ist nicht genau das etwas, das es im Rahmen soziologischer Forschung herauszufinden gilt bzw. wozu andere Forscher:innen bereits entsprechende Erkenntnisse gesammelt haben? Liest der Mann zur Abwechslung nicht auch mal, was seine Kolleg:innen so erarbeitet haben?

Selbst die Umfragen mit den höchsten Quoten ermitteln in der Gesamtbevölkerung 10 Prozent Vegetarier:innen und 2 Prozent Veganer:innen. Laut der jährlichen Marktanalyse des renommierten Marktforschungsinstituts Allensbach stieg der Anteil der sich vegan ernährenden Menschen von 0,85 Prozent im Jahr 2015 auf 1,13 Prozent im Jahr 2020.

Die Annahme, in der jungen Generation würde sich nur vegan und vegetarisch ernährt, ist also gerade aus soziologischer Sicht eine sehr, sehr steile These. Und im Verhältnis zur Grundgesamtheit aller Deutschen ist das Ergebnis der Studie, dass 16 Prozent der jungen Menschen bereit sind, dauerhaft auf tierische Produkte zu verzichten und weitere 33 Prozent diese Frage mit „vielleicht“ beantworten, ein krasser Kontrast. „Jugend nicht so grün wie gedacht“ ist hier also synonym für „Anteil der sich vegan ernährenden Jugendlichen nur 16-mal größer als bei Älteren“, was genauso plemplem klingt, wie die eigentliche Schlagzeile ist.

Ergänzt wird dieser Themenkomplex in Punkt 3.4 mit der Frage „Wie hast du dich in den letzten 7 Tagen ernährt?“, was die Schwäche der vorherigen Fragestellung offenbart: Rein vegetarisch ernähren sich demnach 15 Prozent der Befragten und rein vegan 4 Prozent (was immer noch eine deutliche Steigerung wäre).

Auch in Bezug auf die Mobilität scheinen sich die Herren hinter dieser Studie derartig in einer absonderlichen Idealisierung der Jugend verheddert zu haben, dass sie von vollkommen erwartbaren Ergebnissen überrascht sind. Gefragt wurde „Wie häufig hast du in den letzten 7 Tagen die folgenden Verkehrsmittel genutzt?“, um dann in den Antworten fröhlich Nah- und Fernverkehr miteinander zu vermischen:

Quelle: Trendstudie „Jugend in Deutschland – Winter 2021/22″ | N = 1.014, repräsentativ für 14- bis 29-Jährige in Deutschland“, Seite 16

So überrascht es eigentlich nicht, dass Fernzug und Fernbus eher niedrige Prozentsätze erreicht. Soll ja gerade während einer Pandemie eine Menge Menschen geben, die innerhalb von sieben Tagen schlicht keine Fernreise unternehmen. Insofern ist fraglich, wie vergleichbar diese Ergebnisse überhaupt sind. Aber zurück zur nicht so grünen Jugend:

Auffällig sei laut den Autoren, dass 40 Prozent der Befragten täglich oder mehrfach mit dem eigenen Auto unterwegs gewesen seien. Die starke Häufigkeit der Nutzung des Autos mache „unzweifelhaft deutlich, welche Schlüsselrolle diesem Verkehrsmittel nach wie vor zukommt.“ Fun Fact: 21 Prozent der Befragten waren jünger als 18, vermutlich ist der Prozentsatz unter den 18- bis 29-Jährigen also noch mal ein paar Prozentpunkte höher.

Aber gut, die Herren Schnetzer und Hurrelmann finden ja schon 40 Prozent „auffällig“ viel. Die 40 ist zugegeben eine große Zahl, sogar größer als 39 und 38,5 (das muss man sich mal vorstellen) und damit quasi der Beweis für eine nicht so grüne Jugend. Aber nur um ganz sicher zu gehen: Wie viel Prozent der Deutschen benutzen das Auto denn mindestens dreimal pro Woche? Leider gibt es aufgrund der Antwortmöglichkeiten keine guten Vergleichsdaten für exakt diese Frage, aber bezogen auf die tägliche Nutzung gibt es sie: Während 18 Prozent in der Jugendstudie angaben, fast täglich ein Auto zu benutzen, liegt dieser Prozentsatz in der Gesamtbevölkerung bei 50 Prozent (Quelle: „Mobilität in Deutschland, Seite 56)“.

Quelle: Mobilität in Deutschland, Seite 56

Unter den jungen Deutschen finden sich verglichen mit der Gesamtbevölkerung also nur gut halb so viele Menschen, die mindestens dreimal pro Woche mit dem Auto unterwegs ist, und trotzdem wird ihnen vorgeworfen, nicht grün genug zu sein?! Was für ein seltsames Anspruchsdenken ist hier am Werk, das von einer jungen Generation fordert, all die Dinge konsequent zu 100 Prozent zu unterlassen, die von den älteren Generationen frenetisch zelebriert werden?

Junge Menschen werden hier in eine Gesellschaft hineingeboren, die verrückt nach Tierfleisch und Autos ist, die vegetarische und vegane Ernährung künstlich verteuert und bekämpft und Mobilität ohne Auto irrwitzig verkompliziert und gefährlich macht. Und jetzt finden zwei Forscher heraus, dass diese ihre Fleisch- und Autonutzung dennoch viel stärker einschränken als wir Älteren das tun, und dennoch meckern die jetzt, dass das nicht genug sei. Uff.

Es ist, als würden ein paar Eltern ein Kinderzimmer mit Süßigkeiten und Fanta vollstellen, das Obst im Keller aufbewahren und dann beobachten, dass das Kind trotzdem in den Keller geht und sich da regelmäßig Obst und Leitungswasser holt. Und dann kommentieren sie es auf Facebook mit „Unser Kind ernährt sich nicht so gesund wie gedacht“, haben dabei selbst 200 Gramm Gammelfleisch im Mund und bekommen von allen Freunden und Bekannten Recht, wie verwahrlost die Jugend doch ist. Wie wenig souverän kann ein Jahrgang mit den eigenen Fehlern umgehen? Meine Generation: Ja!

37,5 Prozent der Befragten von „Jugend in Deutschland“ leben übrigens in Dörfern und Kleinstädten und haben dann dieselben Probleme wie wir Älteren: kaputtgesparter und teurer ÖPNV, kaum Radwege, kaum Sharing-Angebote, aber feste Uhrzeiten, zu denen es in Uni, Berufsschule oder am Arbeitsplatz zu sein gilt. Wer ein System aufbaut, in dem viele Menschen von privatem Autobesitz abhängig sind, was passiert dann wohl? Richtig, viele Menschen kaufen sich ein Auto. Weil sie es müssen.

Oh, auch unter jungen Menschen wollen nicht alle auf Flugreisen verzichten? Ob das daran liegt, dass ein spontaner Flug von Frankfurt nach Berlin oft billiger ist als eine Zugfahrt und die Züge auf dem kontinuierlich zusammenschrumpfenden Schienennetz regelmäßig ausfallen?

Da es bei „Jugend in Deutschland“ angeblich um die Einstellung zum Klimaschutz geht, wäre es da nicht vielleicht noch mal spannend zu sehen, wie viele dieser jungen, ach so ungrünen Menschen elektrisch unterwegs sind? Nein, Auto ist Auto, scheinen sich die Macher gedacht zu haben. Dass die Umfrage zwischen klassischen Fahrrädern und E-Bikes unterscheidet, aber nicht zwischen Erdöl- und Elektroautos, rundet das seltsame Gesamtbild ab.

Als wäre das alles nicht schon konfus genug, ließen sich die beiden Forscher von allen möglichen Medien dazu interviewen und stellen es (unbeabsichtigt?) so dar, als sei die heutige Jugend inkonsequent. Der Klimawandel sei die größte Sorge der Jugend (wird von 56 Prozent als solche genannt), lassen sie sich z. B. von der Tagesschau zitieren, dennoch sei die „Bereitschaft gering, auf das eigene Auto oder Flugreisen zu verzichten.“ Es ist zum Wegrennen.

Sie ist halt nicht gering, sie ist (laut den vorliegenden Zahlen) doppelt so hoch wie der Durchschnitt. Was sollen die jungen Deutschen denn machen? Alle in Erdlöcher ziehen, um den unrealistischen Ansprüchen von zwei Forschern zu genügen, deren Generation mit diesem ganzen Unsinn erst angefangen und bislang auch nicht aufgehört hat?

Wie viel Prozent Autoverweigerer hätten es denn sein müssen, damit der Anspruch auf Einhaltung des Pariser Klimaabkommens von zwei Männern Jahrgang 1944 und 1979 als adäquat angesehen wird? Ich meine, ich bin ja kein Soziologe, aber nur weil die Jugend die Generation mit der größten Sorge vor der Klimakrise ist, heißt das ja nicht, dass alle jungen Menschen diese Sorge gleich teilen (und schon gar nicht, dass sie alle konsequent handeln). Woher ich das weiß? Aus den Zahlen der Studie: Von allen Befragten gaben lediglich 23 Prozent an, sich regelmäßig für Klimaschutz zu engagieren. 16 Prozent wählen FDP, 10 Prozent wählen CDU/CSU und 6,5 Prozent wählen die AfD.

Wie kann irgendwer bei solchen Zahlen davon ausgehen, die Jugend würde sich „fast nur vegan und vegetarisch ernähren und das Auto nicht mehr benutzen“ und dann die Ergebnisse seiner Studie aus der Perspektive dieser Fiktion heraus beurteilen?

Die Tagesschau formuliert das alles noch einen Tick verzerrender: 18 Prozent haben die Fragestellung „Welchen Beitrag zum Umweltschutz bist du bereit durch persönlichen Verzicht oder Verhaltensänderung zu leisten?“ bezogen auf „dauerhafter Verzicht auf ein eigenes Auto“ mit ja beantwortet und 28 Prozent mit „vielleicht“. Daraus macht die Tagesschau: „Mehr als 80 Prozent können sich ein Leben ohne Auto nicht vorstellen“.

Die meisten Medien (Tagesschau, Spiegel, Arte, Zeit, Stuttgarter Nachrichten) zitieren auch ohne jede Einordnung die Formulierung:

„Der größte Gegenspieler von Veränderung ist die Komfortzone des Wohlfahrtstaats, in der sich die jüngere Generation nach dem Vorbild ihrer Eltern bequem eingerichtet hat. […] Die große Mehrheit ist noch nicht bereit, die lieb gewordenen Gewohnheiten in den Bereichen Konsum, Mobilität, Ernährung aufzugeben und wartet erst einmal auf Entscheidungshilfen durch die Politik.“

Im Wohlfahrtsstaat? Was hat der denn mit (zu wenig) Klimaschutz zu tun? Mini-Exkurs: Der Wohlfahrtsstaat gewährleistet unsere sozialen Grundrechte, kümmert sich also um unsere Absicherung in Form von z. B. Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und ist damit das Gegenmodell zur individuellen Eigenvorsorge, bei der solche Dinge eigenverantwortlich geregelt werden müssen. Eine private Krankenversicherung hat mit Klimaschutz aber weniger zu tun als Andreas Scheuer mit Anstand, was soll diese groteske Formulierung also?

Und wieso hat die junge Generation sich darin „bequem“ eingerichtet? Ist es nicht besonders die junge Generation, die erst ein Dutzend unbezahlte Praktika absolvieren muss, bevor sie eine sozialversicherungspflichte Anstellung bekommt, und die alles andere als sicher sein kann, mit den Bezügen aus der Rentenkasse ihren Ruhestand finanzieren zu können?

Und noch mal: Es ist vollkommen egal, wie sehr die junge Generation sich in Bezug auf Konsum, Autos und Ernährung einschränkt, solange eine Armee älterer Menschen mit einem vielfach höheren Budget einen viel größeren Klimaschaden anrichtet, als gäbe es kein Morgen, und den Umbau unserer Gesellschaft weg von fossiler Technologie blockiert. In dieser Situation ist es daher das Klügste und Effektivste, so viel Druck auf Gesellschaft und Politik auszuüben, wie es geht.

Solange das System selbst klimafreundliches Verhalten bestraft und verteuert, ist es illusorisch anzunehmen, der Anteil sich freiwillig einschränkender Menschen klettere irgendwann auch nur in die Nähe von 50 Prozent. Und selbst wenn er bei 100 Prozent wäre: Auch sich einschränkende Menschen brauchen ein Minimum an Ressourcen, um Grundbedürfnisse zu decken: Beheizter Wohnraum, Bildung, Medizin, Strom, Lebensmittel, Produkte des täglichen Bedarfs, Kleidung etc.

Solange diese Dinge alle aus fossiler Energie stammen, ist Verzicht allein keine Lösung, sondern nur eine verlängerte Galgenfrist, bis den jungen Menschen dann doch irgendwann die Kipppunkte um die Ohren fliegen. Ein Umstand, den ein Medium ja ruhig mal ansprechen könnte, wenn die Studie des „führenden Jugendforschers Europas“ mit solchen Worten beworben wird. Keines der genannten Medien hat nachgefragt.

Wie gesagt, Professor Hurrelmann scheint sich als Verbündeter der Jugend zu verstehen, so oft wie er betont, unter welch schwierigen Bedingungen diese sich im Spannungsfeld zwischen Pandemie, ökologischen und ökonomischen Krisen befindet und wie solidarisch sie sich mit den von Covid-19 bedrohten Risikogruppen verhalten hat. Vielleicht will er mit Aussagen wie

„Unter diesen Umständen kann der von jungen Leuten mehrheitlich befürwortete Klimaschutz nur mit klaren Regeln und Vorgaben durch die Politik gelingen.“

dafür werben, es nicht der Jugend allein zu überlassen, das Klima zu retten (anders kann ich mir das nicht erklären).

Diese Wirkung verfehlt er jedoch. Durch einen mutmaßlichen Bärendienst epischen Ausmaßes gewinnt eine riesige Leserschaft den Eindruck, die Jugend stelle anmaßende Forderungen, sei bequem, verwöhnt und würde ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Dabei fordert sie einfach nur die Einhaltung des rechtlich bindenden Pariser Klimaabkommens, um massive Verwerfungen zu verhindern. Der Beitrag der Tagesschau wird hämisch in der Anti-Fridays-for-Future-Bubble geteilt und dort dutzendfach mit Aussagen wie „Wasser predigen, aber Wein saufen“ kommentiert.

Sorry, liebe Jugend. Meine Generation ist unfähig, das Klima zu stabilisieren, und sinnvolle Berichterstattung kann sie auch nicht mehr.

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19 Gedanken zu “Breaking News: Jugend nicht so grün, wie ein paar alte Männer dachten

  1. Ich finde vieles in dieser Debatte sehr weltfremd. Die Eltern bauen riesige Häuser ins Nirgendwo, damit die überhaupt bezahlbar sind und beschweren sich, dass sie die Kinder fahren müssen oder die mit 18 ein Auto brauchen. Wie sollen Kinder und Jugendliche, deren Eltern Tierprodukte einkaufen und kochen denn vegan oder vegetarisch leben – welches Schulessen unterstützt so eine Ernährung? Erwachsene brauchen Jahrzehnte um ihre Erziehung (teils therapeutisch) aufzuarbeiten und Kinder und Jugendliche sollen das aus dem Abhängigkeitsverhältnis heraus spontan irgendwie bewerkstelligen? Wer hat zu Schulzeiten überhaupt die finanziellen Mittel und die persönliche Freiheit, gegen die Meinung der Eltern perfekt ökologisch zu leben? Wer entscheidet, wohin der Urlaub geht, was gekauft wird, …? Doch nicht die Kinder und Jugendlichen.

    Die Alten wählen weiter Parteien, die es seit Jahrzehnten nicht hinbekommen und zeigen mit dem Finger auf die Jungen. Und jetzt, nachdem alle aus der Elterngeneration durchgeimpft sind machen wir einen auf Normalzustand und unsere Kinder müssen auch das wieder ausbaden… Da kann man schon an der Menschheit zweifeln.

    • Ich muss kurz nochmal eine Lanze für dir ältere Generation brechen.
      Viele Eltern ziehen ja auch ins nirgendwo in ein Haus mit Garten, damit die Kinder in behüteten Zuständen aufwachsen. Ich hab das zb unter anderem auch deswegen gemacht.
      Das gilt auch für andere Lebensbereiche, bei dem Eltern viel davon für ihre Kinder tun.

  2. Guter Artikel, wie meist. Nur eine kleine Korrektur. Mit 4,5 Tonnen bist Du nicht soweit weg von der Klimaneutralität. Derzeit liegt die Klimaneutralität bei rund 4 Tonnen für EU-Bürger.

    Das wird leider oft übersehen (und daher die eigenen Anstrengungen unterbewertet), dass die diversen CO2-Rechner immer mit 1,5 – 2 Tonnen/Kopf den weltweiten möglichen Durchschnittswert angeben. Aber es gibt sehr viele Menschen auf diesem Planeten, die diese Zahl nicht annähernd erreichen und auch in Zukunft noch lange nicht erreichen werden. Menschen in Äthiopien stoßen zB im Schnitt weniger als 0,2 Tonnen aus.

    Wenn man jetzt diese Differenz von 0,2 Tonnen zu 2 Tonnen nimmt und das bei allen Ländern macht, die unter 2 Tonnen emittieren (und in Abhängigkeit ihrer Bevölkerungszahl), dann können diese sozusagen nicht ausgeschöpften Werte Ländern und Staatengemeinschaften wie den USA, der EU, China… die über 2 Tonnen/Kopf liegen, angerechnet werden. Das ergibt dann die oben genannten rund 4 Tonnen/Kopf.

    Es ist klar, dass diese 4 Tonnen nicht auf ewig gleich bleiben. Und Klimaneutralität reicht eigentlich auch nicht mehr aus, aufgrund der bereits in die Atmosphäre gepusteten Emissionen. Aber anderseits sind 4 Tonnen ein persönlich erreichbares Ziel und bedeuten tatsächlich heute Klimaneutralität. Wer will, kann die restlichen 4 Tonnen dann bei Atmosfair recht günstig kompensieren (92 €/Jahr) und hilft somit auch den Ländern, auf deren Kosten wir unser Leben ermöglichen.

    • Die Kommentare hier gefallen mir fast schon besser als der Artikel. 😉 Danke. Diese Informationen finde ich wichtig. Ich liege beim Rechner des Umweltamts, den ich ausprobiert habe, bei 4,7 Tonnen. Wenn vier Tonnen C02 Neutralität bedeutet, finde ich das zu schaffen.

    • Was meinst du damit, die Klimaneutralität liegt bei 4 Tonnen für EU-Bürger? Das entspricht dann ja immer noch 1,8 Gigatonnen CO2 im Jahr.

      Wieso ist es für meinen persönlichen CO2-Fußabdruck wichtig, wie hoch der weltweite Durchschnittswert ist? Ein CO2-Molekül wirkt doch nicht abhängig davon, wie viel andere ausstoßen?

      CO2-Kompensation ist ne prima Geschichte, aber ab einem bestimmten Punkt hat sie einen stark abnehmenden Grenznutzen, da hilft das dann alles nichts mehr.

      • Alle mir bekannten CO2-Rechner nehmen die Menge an CO2e an, die weltweit ausgestoßen werden darf, um klimaneutral zu sein, und teilen diesen Wert durch die Weltbevölkerung. So entsteht ein Wert von 2 Tonnen/Kopf, mit zunehmender Weltbevölkerung entwickelt sich dieser Wert in Richtung 1,5 Tonnen pro Kopf. (Klimaneutral bedeutet nicht, dass null CO2e-Emissionen entstehen dürfen!)

        Bei dieser Rechnung wird aber, wie schon geschrieben, vergessen, dass es sich um einen Durchschnittswert handelt, bei dem viele „arme“ Länder noch deutlich mehr CO2e ausstoßen dürften, wohingegen „reiche“ Länder ihren Ausstoß drastisch reduzieren müssten. Wenn man nun anstatt eines „fairen“ Wertes wie die CO2-Rechner, bei dem alle Länder gleich viel CO2e ausstoßen, den IST-Wert nimmt, um sofort klimaneutral zu sein, dann ist es klar, dass sich dieser Wert nach oben verschiebt für die Industriestaaten. Denn knapp die Hälfte der Weltbevölkerung emittiert deutlich weniger als 2 Tonnen pro Kopf, ein kleinerer Teil etwa 2 Tonnen/Kopf, ein weiterer Teil etwas mehr und wiederum ein kleiner Teil deutlich mehr als die 2 Tonnen/Kopf (USA, EU…).

        Das Ergebnis eines klassischen CO2-Rechners sieht dann in etwa so aus: Sie verbrauchen 4,5 Tonnen CO2e, klimaneutral wäre 2 Tonnen. Sie verbrauchen also immer noch 2,5 Tonnen zu viel um klimaneutral zu sein. Richtig wäre aber die Aussage (in D): Als Deutsche:r sind sie derzeit mit 4 Tonnen klimaneutral, sie liegen also mit ihrem Verhalten 0,5 Tonnen darüber. Bedenken Sie aber, dass mit zunehmender Weltbevölkerung und wenn zukünftig Schwellenländer mehr CO2e-Emissionen ausstoßen, dieser Wert sinken wird.

        Ich finde das ermutigend, dass mit dem eigenen Verhalten man durchaus derzeit persönliche Klimaneutralität erhalten kann. Den Restwert kompensiere ich, weil dies nur fair gegenüber den ärmeren Ländern ist, die mir das ermöglichen.

        • Es tut mir wirklich sehr Leid, die Hoffnung zu zerstören, mit einem Austoß von 4 Tonnen (!) CO2e-Emmissionen im Jahr klimaneutral zu sein. Die Aussage der CO2-Rechner ist schlicht Blödsinn. Die Wissenschaft hat längst klargestellt, dass CO2 kumulativ wirkt. Und ja natürlich wird es auch in mittelfristiger Zukunft nicht möglich sein, sämtliche Treibhausgasemmissionen komplett zu vermeiden, das wird auch zum Beispiel vom IPCC in seinen Klimaneutralitätspfaden berücksichtigt. Aber damit sind in keinem Fall absolut vermeidbare Emmissionen durch das Verfeuern fossiler Brennstoffe gemeint. Da geht es um wirklich sehr kleine Restbestände, die dann auch wirklich kompensiert werden müssen.
          Wo sollen denn bitte 4 Tonnen CO2e-Emmissionen pro Bundesbürger pro Jahr kompensiert werden, sodass eine Klimaneutralität entstehen könnte? Die Gase müssten ja wieder aus der Atmosphäre verschwinden, aber wie soll das passieren?
          Die Vorstellung diese absurde Menge an Treibhausgasen austoßen zu können und sich dabei noch Klimaneutralität anzumaßen ist eine gefährliche Fehlvorstellung, die von den wirklich notwendigen Maßnahmen ablenkt.

  3. Ich habe diesmal an diesem Artikel wenig bis gar nichts auszusetzen, spiegelt er doch ziemlich genau meine eigene Erfahrung mit den sogenannten „Qualitätsmedien“, die sich mit der Mitgliedschaft im Deutschen Presserat von der „Kontrolle“ (böse Zungen sprechen von Zensur) freigekauft haben, wider. (Quelle: Markus Kompa Blog „Fake News der Medienwächter – Ist die ZAK wirklich auf zack?“) Und einer meiner Standardlebensweisheiten lautet: Umfragen sind Dummfragen. Was auch hier wieder bestätigt wird.
    Zur eigentlichen Sachfrage: ich denke es geht gar nicht um die Sache, sondern es sollen auf Stammtischniveau einmal mehr die Generationen gegeneinander aufgehetzt werden. Teile und herrsche. Und die Reichen, denen die Massenverdummungsmedien gehören oder gehorchen, sollen einmal mehr aus der Schußlinie genommen werden.

    Reichtum ist die leiseste Sache der Welt

    Baron de Lefouet
    Die Top 10% der reichsten Menschen auf diesem Globus sind für über 50% aller THG-Emissionen verantwortlich (die Top 1% Superreichen sogar für 16%, Quelle: Oxfam), leiden aber selbst praktisch (noch) gar nicht unter den Folgen bzw. werden die letzten sein. Ich kann nur wiederholt empfehlen zu studieren was //George Carlin in seinen Best 3 Minutes// gesagt hat und was er sonst noch so von sich gegeben hat. Und wer des Englischen nicht so mächtig ist der schaue sich mal die 1970er TV-Serie Timm Thaler an. Hat alles nicht die Spur an Aktualität eingebüßt. Es ist eher noch schlimmer geworden, sprich: die Reichen reicher und die Armen ärmer. Und dem Einzelnen eine Schuld am Klimawandel einzureden und individuellen Klimaschutz zu fordern, soll auch nur vom Versagen der Politik (Politiker und das System „Fuchs Adenauer“, übrigens schon seit Jahrzehnten, seit der Klimawandel und seine Ursachen bekannt sind) abgelenkt werden.

    Im übrigen haben Klimawissenschaftler schon ausgerechnet, dass das „weniger als +2°C“-Ziel von Paris bis 2100 selbst in den optimistischsten, politischen Szenarien (wenn alle(!) das einhalten was sie nur versprechen) nicht mehr zu schaffen ist, von nur +1,5°C ganz zu schweigen. Eher +3°C als +2°C und das ist eine Abschätzung nach unten(!). Wenn „wir“ (also eher vor allem die Reichen 10% von „uns“, der Menschheit) so weitermachen wie bisher, dann liegen wir eher bei +4 – +5°C im globalen Durchschnitt(!) bis 2100. Das heißt auf dem Land und in der Arktis wird es noch deutlich wärmer, da der Ozean kälter bleibt und die Mittelwerte der Temperatur drückt. Das mag sich keiner mehr vorstellen mit welchen Wetterextremen die die nach uns kommen hier in Mitteleuropa bei +7 oder +8°C kämpfen werden.

    Ich bin 1978 übrigens nicht wegen dem Klimawandel, sondern vollkommen unverdient Veganer geworden. Erst später habe ich das aus ethischen Motiven (Tierrechte abolitionist approach) nachvollzogen und das ist bis heute meine primäre Motivation. Nur wegen dem Klimawandel braucht für mich niemand Veganer werden. Eine Menschheit der die Tiere egal sind und die nur vegan wird, weil sie selbst das Muffensausen kriegt, bedeutet für mich keinen signifikanten moralischen Fortschritt.

  4. Ich würde gerne noch einen Gedanken an Achims Beitrag anhängen.
    Wenn der durchschnittliche CO2 Austoß 11t pro Jahr und Kopf ist. Und wenn jeder ihn auf, sagen wir 6 t reduzieren würde, würde sich der CO2 Austoß Deutschlands dann nicht um ca. 400 Mio t reduzieren? Bei einem CO2 Ausstoß Deutschlands 2019 von 810Miot wäre das eine Halbierung. Oder ist das zu einfach gedacht und jeder einzelne hat doch nicht diesen Einfluss?

    • Hallo Ingo, bin auf deinen Kommentar hingewiesen worden und möchte ihn aus meiner Sicht beantworten. Die 9-11 Tonnen pro Jahr und Kopf, die für Deutschland angegeben werden, sind Durchschnittswerte, die nur bedingt unser Konsumverhalten berücksichtigen. Produkte, die wir nutzen, die aber in China hergestellt werden, werden zB nicht berücksichtigt. Wenn dies berücksichtigt würde, müsste die pro Kopf Emission für D um 1-2 Tonnen höher angesetzt werden.

      Anders ist dies aber bei den CO2-Rechnern. Diese ermitteln (geschätzte) tatsächliche Emissionen des/der Nutzer:in. Wenn also wie bei dem Graslutscher ein Verbrauch von 4,5 Tonnen CO2e das Ergebnis ist und man dieses Ergebnis hochskalieren würde auf alle Menschen in Industrieländern, dann würde der Klimawandel tatsächlich stark verlangsamt.

      Hinzu kommt, dass bei den CO2-Rechnern nur der private Konsum, das private Verhalten zählt. Wenn also ein Manager für ein Produkt viel fliegt, dann sind diese Emissionen im Produkt (theoretisch) bereits enthalten und werden dem Konsumenten des Produkts anteilig angerechnet.

      Es bringt also durchaus etwas, sich klimafreundlich zu verhalten. Der Punkt ist nur, dass dies eben viel zu wenige machen (werden) und deshalb es politische Rahmenbedingungen geben muss, um es denjenigen schwer zu machen ( – es ihnen teuer zu machen), die nicht aus moralischer oder wissenschaftlicher Einsicht bereits Veränderungen anfangen. Aber am Ende sind es nie die Politiker:innen die handeln, sondern es sind wieder die Bürger:innen, die unter den besseren Rahmenbedingungen der Politik nun klimafreundlicher agieren. Also könnte man auch gleich damit anfangen.

  5. Sehr, sehr gut geshrieben. Danke dafür.

    Ich habe seit vielen Jahren kein Auto mehr. Und muss mich regelmäßig dafür erklären. Vor einigen Jahren war ich mal wieder in dem Ort, ein wirklich sehr kleines Dorf, in dem ich in den Schulferien immer meine Kindheit verbracht habe. Meine Großeltern wohnten dort.
    Ich war mit meiner Freundin an einem Sonntag dort. Ich sagte zu ihr, bevor wir meinen Freund anrufen damit er uns mit dem Auto abholt, lass uns schauen wann der nächste Bus fährt. Früher fuhren dort Sonntags stündlich Busse. Wir liefen also zur Haltestelle und welch Drama, kein einziger Bus fährt das Dorf an. Wirklich gar nichts. Also, in den 70er – 80er Jahren war der ÖPNV sehr viel besser, als heute. Zumindest in diesem Beispiel.

    Zudem gab es dort früher einen kleinen Sparmarkt, gibt es auch nicht mehr. Früher konnte man dort ohne Auto leben, heute nicht mehr. Das kann es doch nicht sein.

    Grüße – Marc

  6. Ich könnte dich küssen für diese herrliche Analyse!!!
    Hoffentlich bekommt deine Arbeit bald eine sehr viel größere Reichweite als diese zweifelhafte Studie!

  7. Der einzige wirklich klimafreundliche Lebensstil wäre: zeitlebens mit einer einzigen Garnitur Kleidung (oder besser Lumpen) in einem selbst gegrabenen Erdloch leben, sich von nichts als selbst angebauten Kartoffeln ernähren, dabei nie einen BMI von 16 überschreiten und spätestens mit 40 Jahren an Hunger und Entkräftung sterben. Kinder würde man keine in die Welt setzen, da in einem solchen Zustand chronischer Auszehrung ohnehin keine Sexualität mehr stattfindet. Ein elendes Vegetieren wie in einem nordkoreanischen Konzentrationslager.

    Will irgendjemand auf der Welt so leben? Nein. Folglich ist der Zusammenbruch des Weltklimas und damit der Untergang des allergrößten Teils der Menschheit nicht mehr abwendbar. Wir haben es verbockt… vor 50 oder 40, vielleicht auch noch vor 30 Jahren hätten wir noch umsteuern und dabei eine menschenwürdige Zivilisation bleiben können. ES IST VORBEI! FÜR IMMER VORBEI! MENSCHHEIT VERRECKE!

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