SKANDAL! Kriminelle Veganer schmieren Fleisch essenden Joggern nachts Tofu ins Gesicht, um sie an den Geschmack zu gewöhnen!

Pssst, schaut Ihnen auch niemand über die Schulter? Ich muss den Leser dieser Zeilen warnen, dieser Artikel enthält supergeheime Geheim-Informationen. Gut möglich, dass Sie mit dem Wissen ins Visier mächtiger Geheimbünde und finsterer Bruderschaften geraten und um ihr Leben bangen müssen! Es ist nämlich so, dass… Moment, ich mache schnell den Rollladen runter bevor ich das hinschreibe – *Bitte ab dieser Stelle verschwörerisches Flüstern denken* es ist so, dass skrupellose Salatisten von der Rückseite des Mondes versuchen, die Leichtathletik-Szene mit Soja-Gedankenstrahlen zu Veganern zu machen!

Artikel

Aber ja doch! Der aufrechte Journalist, dem wir diese Aufdeckung zu verdanken haben, nennt sich Mike Kleiß oder Kleiss und schreibt eine Kolumne, „So läuft’s“, über das Laufen in der BILD für Menschen mit mittlerer Reife, der WELT. Und weil Herr Kleiß wohl seit jungen Jahren nur die Buchhandlung seines Opas von innen gesehen hat, fiel ihm erst Ende 2014 auf, dass es mittlerweile recht viele vegane Kochbücher gibt. Ist ja kein Drama, jeder verpennt mal was. Aber muss man deswegen eine Kolumne für Laufsport dazu missbrauchen, gegen eine längst etablierte Buchsparte anzuwüten? Hätte Mike Kleiß erst gestern herausgefunden, dass man anstatt eines Walkman heutzutage MP3-Player verwenden kann, hätte er wohl eine schnarchige Abrechnung gegen die Digitalisierung von Musik in seine Laufkunde integriert.

Was nun aber so schlimm an veganen Kochbüchern ist, das vermag der Mann uns in 18 herum eiernden Absätzen nicht so richtig zu erklären. Wir lernen stattdessen, dass Herr Kleiß‘ Opa wohl eine echt gemütliche Buchhandlung hatte, gerne rauchte und seidene Halstücher trug, sowie weitere quälend langweilige Details über des Autors Kindheitserinnerungen mit der Relevanz von Hausstaub. Die substanzvollste Kritik an den Büchern ist dann noch, dass diese oft grün seien und ebenfalls das Laufen thematisierten. Mon Dieu, wie kann man nur! Was erdreisten sich diese doofen Veganer, einfach grüne Bücher über das Laufen zu schreiben, obwohl es dafür doch schon so eloquente Kolumnen in der WELT gibt?

Wie so oft in derartigen Pamphleten hätte der Verfasser sich und den Lesern viel Zeit erspart, wenn er vorher mal recherchiert hätte, warum Menschen sich vegan ernähren. Ich bezweifle, dass das passiert ist bei derartig unbeholfenen Rechtfertigungsversuchen wie:

aber was ist falsch an einem ordentlichen Stück Fleisch, wenn man ordentlich viel Sport macht? Nichts ist falsch. Nichts. Basta!

Kennt jemand das Youtube-Video von dem Kind, das unbedingt Unreal Tournament spielen will und vor lauter Zorn über den nicht laufenden PC auf seine Tastatur einschlägt und das Gerät anbrüllt? Keine Ahnung, warum mir das gerade in den Sinn kommt… Die meisten Veganer finden halt an einem Stück Fleisch, sei es jetzt ordentlich oder schlampig, nicht so toll, dass dafür eine Menge Kreaturen massakriert werden. Nein, das war jetzt vorschnell – wir machen selbstverständlich auch Ausnahmen, und zwar wenn jemand vorher ordentlich viel Sport gemacht hat.

„Nein danke, ich esse kein Fleisch. Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren finde ich einfach nicht ok“
„Aber Sie waren doch eben 10 km joggen!“
„Ach ja richtig, ich Dummerchen! Dann hätte ich gerne 4 Schnitzel und einen Eimer Gehacktes!“

Was hat denn die Frage, ob ich Sport gemacht habe, mit einer ethischen Entscheidung zu tun? Darf man sich auch 2 Sklaven vor die Rikscha schnallen, solange man sich damit zum Fußball-Turnier fahren lässt? Was ein Unsinn…

vegane Mafiosi2

Anyway, man kann vermuten, dass auch andere ihn schon erfolglos auf diese argumentative Logik-Lücke im Ausmaß eines kleinen Saturn-Monds hingewiesen haben, denn nun bekommen wir ganz exklusive Einblicke dieses Kenners der veganen Szene: Es ist nämlich so, wir Veganer, wir bringen nicht nur dreist wie Bolle grüne Bücher auf den Markt, wir sind außerdem eine „Sekte mit mafiösen Strukturen“, deren „Killer“ bei interessierten Läufern „Gehirnwäsche“ vornehmen. Tja Leute, wir müssen die geplante Weltherrschaft leider abblasen, der Kleiß hat alles über uns rausgefunden. Vermutlich hat der Mann auch unsere Todesstern-Pläne aufgespürt. Die konnten wir zwar abfangen, aber irgendwie habe ich den Verdacht, dass wir diese Rettungskapsel hätten abschießen sollen, obwohl die Sensoren keine Lebenszeichen zeigten.

Es wird weiterhin alles schonungslos offengelegt:

Hinter den Kulissen gibt es ein, zwei Leute in Deutschland, die eine recht geschickte Taktik fahren. Sie geben sich als freundliche Damen aus, die in den sozialen Netzwerken für „Aufklärung“ sorgen. Diese mädchenhaften Elfen werden zu eiskalten Engeln, wenn man Kritik am System übt. Die veganen Elfen werden plötzlich zu Kriegerinnen, zu fleischgewordenen Killerpflanzen. Ich habe das alles erlebt. Alles. Mich kümmert es nicht groß, ich habe während einer sozialen Netzwerkdiskussion mit einer dieser Kampfveganerinnen ein sehr leckeres Hähnchenfilet verspeist. Mit großer Freude. Und riesigem Genuss.

Ich weiß, die Versuchung ist groß, aber eine Kolumne schreiben während man sich gerade den dritten Teil von „der Hobbit“ ansieht, das funktioniert einfach nicht. Elfen, Kriegerinnen und Engel? Wovon redet der Mann? Ach ja, und hinter den Kulissen regiert eine Gras mümmelnde Elite, die Veganer-Freimaurer, mit dem Ziel, eine Armee aus Joggern gegen den Wiesenhof-Konzern ins Feld zu führen, ist klar. Manche Leute flippen über Weihnachten ja einfach aus, da kann man nichts machen. Vielleicht kann jemand dem Mann einen Alu-Hut zuschicken als Schutz vor der Gedankenstrahlung, die von zu grünen Büchern ausgeht? In der nächsten Ausgabe von „So läuft’s“ geht es dann um Chemtrails und die Reptiloiden, welche vom Erdinneren aus 9/11 geplant haben.

Aluhut

Oder vielleicht erklärt man ihm, dass wenn man in einer sozialen Netzwerkdiskussion so richtig Lehrgeld gezahlt hat, weil man sinnfreie Gleichnisse zu ordentlichem Sport mit ordentlichem Fleisch zum Besten gab, einfach mal reflektieren kann, ob man evtl. einfach Blödsinn geredet hat. Ich war bei dieser wohl recht bedeutsamen Diskussion leider nicht dabei, aber wenn Kleiß‘ „Kritik am System“ ähnlich dumpf formuliert war wie sein Artikel, dann kann ich den Veganern nicht wirklich ankreiden, ihn offenbar wie einen dummen Jungen dastehen gelassen zu haben. Klar, das ganze kümmert den Mann laut eigener Aussage nicht groß. Er schreibt ja nur 18 lange Absätze in einer fachfremden Kolumne, um eine verlorene Online-Diskussion zu verarbeiten, der ist da voll drüber weg *hust*.

Er ist sich nicht mal zu schade, die Klassiker-Trotz-Reaktion vieler Verlierer von Fleisch-Diskussionen selbst in seine Kolumne zu zwängen: „Ich ess‘ jetzt erst mal ein Steak!“ mit dem Bild eines möglichst großen Tier-Lappens. Er hat also während der Diskussion ein Hähnchen gegessen, wow! Da werden seine veganen Kontrahentinnen aber Rotz und Wasser heulen, dass von den hierzulande jährlich 740 Millionen gemarterten Hühnerseelen eine auf Mikes Teller gelegen hat. Hätte er stattdessen einfach „Eierbätsch“ geschrieben, hätte das seinem Text eine erwachsenere Note gegeben.

Au weia, das ist selbst für Springer vollkommen plemplem. Der Verschwörungs-Jogger beweist dann noch, dass er keine Ahnung hat, in welchen Lebensmitteln Jod, Eisen und Vit. B2 vorkommen bzw. dass (die meisten) Veganer Vit. B12 supplementieren. Und hätte er eines dieser grünen Bücher mal aufgeschlagen anstatt sich vor lauter Panik zu bekreuzigen und schreiend aus dem Laden zu rennen, dann hätte er den unmarinierten Tofu auch nicht direkt aus Plastikverpackung gezuzelt. Das Hähnchenfilet lag ja vermutlich auch nicht roh und ungewürzt auf seinem Teller, oder?

erst mal lecker steak2

Er findet außerdem, dass man Achtsamkeit vor Pflanzen und Tieren zeigen sollte und muss spucken, wenn er den Umgang von Fleischgroßkonzernen sieht. Und isst dann Hähnchenfilet, um es Leuten heimzuzahlen, die achtsam mit Pflanzen und Tieren umgehen und was gegen Fleischgroßkonzerne haben. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn so jemand den „veganen Sektenführern“ Argumente-Resistenz vorwirft.

Generell scheint es nicht in sein Gedankenuniversum zu passen, dass Läufer sich ganz ohne vermeintliche gesundheitliche Vorteile zu einer Ernährungsumstellung bewegen, einfach weil ihnen Tierleid nahe geht. Und eine leichte Ernährung (auch wenn vegane Ernährung nicht mal zwingend leicht sein muss) macht vielleicht nicht unsterblich, aber zum Joggen ist das manchmal schon praktisch, wenn man nicht nach 5 Kilometern mitten im Wald vergeblich nach einer Toilette suchen muss. Und um gegen die vegane Sekte vorzugehen, die überall ihre Heilsbotschaft verkündet, gründet der Mann dann kurzerhand selbst eine. Ich weiß, es gibt nicht wenige Veganer, laut denen vegane Ernährung das allergesündeste überhaupt ist, aber das ist bei den Anhängern von Atkins, Paleo-Kost, Blutgruppendiäten oder Low-Carb auch nicht anders. Es gibt außerdem genügend Vertreter des Veganismus, die das anders sehen.

Anstatt also einfach zu schreiben, dass Veganismus nicht zwangsläufig immer gesünder ist als alles andere, schwingt das Mike Kleiß-Pendel in die komplett andere Richtung und er versichert uns, fortan allen ihm schreibenden Lesern zu einer nicht-veganen Ernährung zu raten. Genau Mike! Die von der judäischen Volksfront, die sind doch alle verrückt! Die Volksfront von Judäa, die hat den Bogen raus! „Jeder möge sich ernähren, wie er will.“ proklamiert der Mann, der mit wehendem Banner wider den veganen Sekten-Mafiosi-Geheimbund in den heiligen Krieg zieht.

Lieber Mike, wenn das nächste Mal jemand in einer Facebook-Diskussion den Boden mit Dir wischt, dann trag es doch einfach mit Fassung und nimm es sportlich. Peinliche Verschwörungstheorien und Randgruppen-Bashing hingegen dürften den ahnungslosen Eindruck von Dir nicht unbedingt gerade rücken.

42 Gedanken zu „SKANDAL! Kriminelle Veganer schmieren Fleisch essenden Joggern nachts Tofu ins Gesicht, um sie an den Geschmack zu gewöhnen!“

  1. Schade. Ich habe mich beim Lesen der Kolumne von Kleiß schon auf eine Anti-Vegan-Kolumne mit den typischen Scheinargumenten gefreut, die man super einfach widerlegen kann. Leider enthält sein Text nichts außer klindlichem Geflenne und vergeblicher Provokation. Respekt, dass du es da noch schaffst, so einen genialen Gegentext zu zaubern, Jan!

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  2. Und in den Kommentaren sammeln sich wieder meine „Lieblingskommetare“ … „in Notzeiten essen die doch eh alle wieder Fleisch“ … lustig das das so manch einer glaubt in „Notzeiten“ gäbe es den großen Fleischsegen (zeigt wie weldfremd so manch einer mit seinen Nahrungsmitteln umgeht) …

    Die andren 7 Milliarden Menschen dürfen ja gerne zusammen im Wald jagen gehen (da hab ich dann immerhin was zu lachen) … ich sammeln währenddessen lieber Wurzeln, Eicheln und geh aufn Karoffelacker etc …

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    • hach, das erinnert mich an die zeiten, als mein (verstorbener) großvater von den zeiten während und nach dem krieg (der große! also der zweite große – der mit dem bärtchenträger – nein, nicht chaplin, der andere. genau, der von der pegida) erzählt hat: wie ihm damals das fleisch zum hals raushing, weil es in den notzeiten nix anderes gab. morgens den schinken daumendick, ja, also, nicht auf´s brot, getreide gab es ja kaum und war schweine-, ach was sag ich, apfelteuer!!
      mittags dann braten, aber ohne beilagen – wir erinnern uns: notzeiten = keine kartoffeln.
      und abends dann natürlich auch zwei handvoll hackfleisch – welch ironie – auf die hand.

      was hätte er für eine möhre gegeben, nur um mal was anderes zu essen…

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  3. Respekt ! Der Artikel ist genial geschrieben, in manchen Abschnitten etwas ausufernd und langatmig, aber im Ganzen sowas von Klasse ! Danke…beim Lesen dieser dämlichen Kleiß – Kolumne ist mir mein Tofu – Gemüse – Burger ( fast ) im Hals stecken geblieben.
    Ernsthaft : gibt’s da keinen Redakteur bei der WELT der “ halt“ ruft ???

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    • Danke 🙂

      Stimmt, meine Rohfassung war aber noch doppelt so lang, ich musste schon ganz schön stark kürzen. Der hat da so viel Unsinn reingepackt, man müsste 10 mal so viel schreiben, um auf alles einzugehen.

      Ich frage mich da auch immer, ob die Redaktion überhaupt gegen liest, was da veröffentlicht werden soll. Ich habe den Artikel zuerst von zwei Fleisch essenden Freunden zugeschickt bekommen, selbst die beiden fanden ihn entsetzlich.

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      • Ich habe ehrlich zuallererst gedacht, nachdem ich diese “ Kolumne“ gelesen hatte : Thema total verfehlt.
        Dann : Was für ein unglaublicher Unsinn!
        Problem ist : dieser Mike Kleiss hat sehr viele Speichellecker – Anhänger und ein übersteigertes Selbstbewusstsein.

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        • da gibt es noch so einen verfehlten fleischmissionar, der von der materie keine ahnung hat aber ordentlich auf dicke hose macht: der pollmer-udo – was hat der mich schon nerven gekostet oO

          der typ ist lebensmittelchemiker, der kann die zusammensetzung von „zeug“ analysieren, aber keine aussagen oder gar empfehlungen darüber abgeben, welche ernährungsform die beste sei^^
          das ist genauso als ob abby ihr essen durch major massenspektrometer analysieren läßt und dann fragt, ob es gesund sei…

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      • Kannst Du Deine Rohfassungen mal veröffentlichen? Das klingt immer so spannend, wenn Du davon erzählst.

        Oder sammelst Du die für das Graslutscher-Buch. Kann ich das schon mal vorbestellen, bitte?

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        • Nee, das ist nicht spannend. Die sind einfach doppelt so lang, wiederholen sich und lesen sich viel holpriger als wenn man den ganzen Ballast rauswirft. Ja, ins Buch kommen ein paar Director’s cuts, versprochen. Ich habe Deinen Namen auf die Liste geschrieben 🙂

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  4. Dankeschön 😀

    Nur als kleiner Hinweis: (falls du Perfektionist bist)

    Plastiverpackung steht da ohne k herum und „Und eine leichte Ernährung (die vegan nicht mal zwingend sein muss) “ liest sich (für mich) ein wenig holprig.

    Sonst genial, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, danke ich dir herzlich für deinen ehrlichen Einsatz. 🙂

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      • Genau das was hier abgeht hat der Welt Autor beschrieben!
        Und die Veganer Maffia ist auch voll auf den Zug aufgesprungen, hat er teilweise wohl doch recht gehabt.
        Und das Tiere leiden weiß ja jeder und ob nicht Fleisch esser gesünder leben sei dahin gestellt. Aber bewiesen ist es nicht wirklich.
        Die beiden letzten über 100 Jahre alte Menschen waren keine Veganer ob das nun in irgendeiner Weise aussagekräftig ist sei dahin Gestell 😉

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        • Echt? Genau das? Und wer von uns ist da jetzt die Elfe und wer der Krieger?

          Generell kenne ich zu wenig Fabelwesen persönlich, um Mikes Artikel so was wie Realismus zu bescheinigen. Aber wenn man Artikel oder Blog-Kommentare wie Deine unter Runner’s High Einfluss schreibt kommt es einem ja vielleicht anders vor 😉

          Vielleicht kannst du ja auch auf eines meiner Argumente eingehen, anstatt denselben Unsinn einfach zu wiederholen. Das wäre zumindest erhellender.

          Ich habe auch noch nie behauptet, vegane Ernährung sei das gesündeste überhaupt. Eigentlich habe ich hier sogar explizit gesagt, dass ich genau das nicht denke und damit auch unter Veganern nicht allein.

          Hast Du meinen Artikel eigentlich gelesen?

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  5. Was mir viel schlimmer aufgestoßen ist, als die Ignoranz ggü. den Beweggründen für Veganismus ist eigentlich der überall eingestreute Sexismus. Aber es ist schwer einzeln irgendwelchen Quatsch zu benennen, da der gesamte Artikel eine einzige, ununterbrochene Aneinanderreihung von Palmfaces ist.

    Wenn ich versuche mich in solche Individuen wie etwa Mike Kleiß hineinzuversetzen, dann wird mir immer wieder klar wie viel Arbeit wir noch vor uns haben.

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  6. Hallo Jan,

    ich habe deinen Blog kürzlich zufällig entdeckt und mich mit Genuss von vorne bis hinten durch die traurige Hilarität geklickt. Jetzt wende ich mich ratsuchend an dich:

    Ich (selbst leider nur Vegetarier und noch kein konsequenter Veganer) diskutiere viel mit Fleischessern, mittlerweile auf recht hohem Niveau, nachdem wir die ganzen alten Strohmänner mühselig gemeinsam abgefackelt haben. Aber jetzt sind wir an einem Punkt, an dem mir nicht mehr viel einfällt. Das Argument der Carnivoren ist nun „es gibt keine absolute Ethik, „ICH WILL“ ist die einzig ethisch valide Letztbegründung“. Da haben sie ja recht. Leider sind die Leute aufgeklärt genug, dass ich ihnen nicht mit „aber Jesus hätte gewollt“ kommen kann. Das hab ich jetzt von meinen Religionsdiskussionen, Erfolg ist nicht immer ein Vorteil. Aber ich schweife ab. Die Nichtexistenz einer absoluten Ethik zweifle ich nicht an; wenn man Begriffe wie „gut“ oder „böse“ als Argument in den Raum wirft, hebelt man seine eigene atheistische Überzeugung aus, und das will ich ja nun auch nicht. Massentierhaltung (über „ich kauf ja nur Weidelandfleisch“ sind wir zum Glück hinweg) wird als notwendiges Übel gesehen, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, welche dem menschlichen Allesfresser eben näher sind als die Gefühle des Mastschweins, und mein Einwand, dass ganz simpel Mitleid mit gequälten Tieren Grundlage der allgemeinen Handlungsmaxime sein sollte, wird jetzt mit der Bemerkung weggebügelt, dass das ebenfalls nur meiner eigenen Bedürfnisbefriedigung dient („du fühlst dich halt besser wenn dein Handeln kein Tierleid hervorruft“). „ICH WILL“ darf so weit ausgelebt werden, wie es der Gesetzgeber erlaubt – dessen System als „Konsensethik“ des kollektiven „ICH WILL“ gesehen wird. Ist halt doof, dass bei den meisten Menschen „Ich will billiges Schnitzel“ höhere Priorität hat als „Ich will Tierleid minimieren“, aber so ist das nun mal. Und ich stehe da argumentativ jetzt ein bisschen im Regen, weil sämtliche meiner Einwände mit „du WILLST halt“ abgebrettert werden. Ich wäre für jeden Rat dankbar.

    Besten Gruß,
    M.

    P.S. Noch mehr traurige Hilarität: https://www.youtube.com/watch?v=NG4WhppBNCM Man muss dazu kein Portugiesisch verstehen, Merkbefreitheit kennt keine Grenzen

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    • Sollte laut deinen Diskussionspartnern „ICH WILL“ also eben nicht die einzig ethisch valide Letztbegründung sein, sondern eher „der Bundestag hat beschlossen, dass ich das darf (solange ich mich in der BRD aufhalte)“?

      Für mich kann ein System, welches Gruppen von Individuen anhand irrelevanter Kriterien (Geschlecht, Hautfarbe, Spezies etc.) ungleich berücksichtigt, überhaupt nicht unter ethischen Gesichtspunkten bewertet werden, da sich Willkür abseits jeglicher Definition von Ethik und Moral bewegt. Wenn von Ethik oder einer validen Letztbegründung gesprochen werden soll, so muss der Grundsatz der gleichen Berücksichtigung gleicher Interessen mit einbezogen werden, sonst sprechen wir eben nicht von Ethik, sondern von Willkür.

      Soll heißen: Wenn unsere „Konsensethik“ die Ausbeutung von erwachsenen männlichen Menschen verbietet, wäre es diskriminierend (und damit ethisch nicht begründbar), andere Individuen, die ein ebenso großes Interesse daran haben, nicht ausgebeutet zu werden (Kinder, Frauen, Hühner, …) in dieser Hinsicht zu benachteiligen. Wir können zwar sagen „ich will das Huhn essen, und das Gesetz erlaubt es mir hier derzeit auch“, und unsere inkonsistente „Konsensethik“ vorschützen, unsere Abweichung davon begründen wir aber mit ethisch nicht relevanten Merkmalen und landen somit wieder bei der Willkür.

      Vielleicht helfen dir auch folgende kleinen Texte:

      Entschuldigung, jetzt ist Jan dran. 😉

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    • Ich würde neben Tierlieb mindestens eine weitere Argumentaitionsebene vorschlagen und zwar eine ökologische. Die Produktion von Fleisch verschlingt einen unfassbar hohen Ressourcenaufwand: Wasser, Futter, fossile Brennstoffe für Transport usw. Für Menschen, die sich auf eine ethische Diskussion einlassen, sollte es eher nachzuvollziehen sein von anthropozentrischer, also menschenzentrierter Ethik auszugehen. Das bringt mich zu einem zweiten Argument:
      Die Sicherung der Ernährungsgrundlage für alle Menschen dieser Erde, sprich die Bekämpfung des globalen Hungers. Dieses Ziel wird mittel- und längerfristig allein vegetarisch oder besser noch vegan zu erreichen sein, da die Produktion von Getreide zum Verzehr nun einmal weitaus weniger kosten- und ressourcenintensiv ist, als die Verfütterung möglicher Nahrungsmittel an Tiere. Dies ist vermutlich eines der größten globalen Problem der kommenden Jahrzehnte: Ernährung. Und da in sämtlichen Entwicklungsländern mit dem Lebensstandard auch der Fleischkonsum steigt, wird sich dieses Problem nur verschärfen.
      Womit wir bei einem dritten Argument angelangt sind: einem menschlich teleologischen. Wo geht unsere Spezies hin? Wird sie irgendwann dazu in der Lage sein im Einklang mit unsere Erde zu leben und sogar zu anderen Himmelskörpern aufzubrechen? Ich bin der Meinung, dass der Mensch zunächst seine interkulturellen und Konflikte, dann vor allem aber auch seinen Umgang mit Tieren überdenken und verändern muss um diese teleologischen Fragestellungen auf lange Sicht zu lösen.

      Ich hoffe diese Argumente können dir in einer Diskussion weiterhelfen.

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  7. Hallo Graslutscher! (Schöner Name! :D)

    Etwas verspätet bin ich dann auch mal auf der Welt – Kolumne des Herrn Kleiß gelandet. Und musste entäuscht feststellen, dass die Kommentarfunktion bereits desaktiviert war.
    Aber dann stoplerte ich in den Kommentaren über Deinen link – und war wirder sehr versöhnt. Damit ist, glaube ich, alles gesagt. Und man muss der Kolumne nun eines zugute halten: Ohne sie wäre ich nie auf deinem Artikel hier gelandet, der mir ein paar äusserst vergnügliche Minuten bereitet hat! Danke, danke, danke!!! Ich werd‘ Dich im Auge behalten…. 😀

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  8. Habe über Suses Blog auf Literaturschock.de hierher gefunden. Super Artikel, ich habe mich köstlich amüsiert (obwohl es ja eigentlich traurig ist, dass Bild und Welt solchen Leuten als Sprachrohr dienen).

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  9. Bin ich die einzige, die wirklich interessiert, wer die zwei Elfen sein sollen? Das mit dem Läufer ist ja ziemlich offensichtlich, aber zwei Vegan-Elfen, die hinter allem stecken? Ich wüsste zu gerne, was der gute Herr da meint herausgefunden zu haben.

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  10. Ich kenne da zwei Damen, die evtl. gemeint sind und die argumentativ und publizistisch mehr auf der Kelle haben als dieser Herr Kleiß und ihm daher bekannt sein dürften. Dass die nun von süßen, kleinen plüschigen Fellknuddels zu schleimig hintertriebenen menschenfressenden Gremlins mutieren, wenn man ihnen anti-vegan das Wasser reicht, hab ich persönlich noch nicht mitbekommen. Aber wenn man als „männlicher“ Kolumnenschreiber inhaltlich nichts drauf hat und alles jenseits des eigenen Bauchnabels als Bedrohung abtut, dann hat man vermutlich wegen besser argumentierenden Frauen eher ein Problem mit eigenen Minderwertigkeitsgefühlen.

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  11. Kriegt bei der Welt eigentlich inzwischen jeder eine Kolumne der denkt irgendwo seinen Senf abgeben zu müssen?
    Schade, dass sich „die Welt“ dafür nicht zu schade ist.

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  12. Was denn, wir sind KEINE Eso-Freaks?
    Dabei war das doch der einzige Grund für meinen Veganismus 🙁
    Och Menno.

    *Beißt in seine Tofu-Wings und steigt dann traurig in sein Haunebu und fliegt zurück nach Aldebaran*

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  13. Lustig das die Kommentar den Artikel bestätigen.
    Das sich drüber lustig machen und eine gewisse Arroganz in den Kommentaren ist doch genau das was der Autor bemängelt. Euer verklärtes Weltbild.

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  14. Anscheinend möchte er sich nun 4 Wochen vegan ernähren und suchte Unterstützung.
    Er moniert, keine bekommen zu haben:
    „Ich habe übrigens in der Vorbereitungszeit einige prominente Veganer angefragt und um fachliche Unterstützung gebeten. Ich habe gerade an jene Türen geklopft, die mich massiv wegen der beiden „veganen Laufkolumnen“ angegriffen haben. Hier wäre ihre Chance gewesen, sich mit mir sachlich und inhaltlich auseinanderzusetzen. Echte Aufklärung zu schaffen. Sie werden es kaum glauben, es war einfach Stille. Stille.“

    Vielleicht hast du ja Tips für ihn? 😉
    http://www.welt.de/sport/fitness/article143162499/Liebe-Veganer-ihr-habt-mich-Ich-laufe-tierfrei.html

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