TEST TEST

Vielen Dank für eure vielen Nachrichten zu meinem Auftritt bei DAS! Am Freitag Abend. Da ich keine Zeit habe, euch allen einzeln zu antworten und es vielleicht manch andere auch interessiert, kommt hier eine Art Sammelantwort für euch alle:

Nein, ich wusste vorab nicht, welche Fragen mir gestellt werden und ging davon aus, dass es ein eher freundschaftliches, wohlwollendes Gespräch wird. Im Vorhinein gab es zur Abstimmung ein wirklich sehr konstruktives Gespräch und Chat-Austausch mit der Redaktion, die Klima Bullshit Bingo auch gelesen hatte und eigentlich recht angetan wirkte. Deswegen wurde mir ja auch angeboten, meine wichtigsten Grafiken für die Sendung vorzubereiten:


Insofern war ich dann doch überrascht, in welcher Form mir in der Sendung viele Fragen gestellt wurden, für deren Antwort am Ende leider oft die Zeit fehlte. Bitte nicht falsch verstehen, ich brauche keinen Jubelsendung, in der ich Fragen wie „Herr Hegenberg, wie erreicht man derartig hohe Intelligenz bei gleichzeitig fabelhaftem Aussehen?“ oder „Können sie uns noch mal erzählen, warum E-Autos die Großartigste Erfindung aller Zeiten sind?“ beantworte. Die Fragen können gerne kritisch sein und meinen Aussagen auf den Zahn fühlen bzw. das würde ich mir für alle Sendungen wünschen.

Wer mein Buch gelesen hat, weiß aber, dass ich im ersten Kapitel vor allem die Art bemängle, WIE wir uns oft über die Dinge streiten. Ich hebe da vor allem eine Taktik hervor, die ich für das Gegenteil eines sinnvollen Diskurses halte: Wenn Person A immer wieder faktenferne Behauptungen in den Raum stellt, die Person B dann zu widerlegen hat. Hier kommt Brandolinis Gesetz zum Tragen, auch Bullshit-Asymmetrie-Prinzip genannt: Das Widerlegen von Falschbehauptungen erfordert eine Größenordnung mehr Energie als dessen Produktion.

Selbst wenn man richtig tief im Thema steckt, ist das so. Man kann auf die einzelnen Punkte so gut es geht eingehen, aber wenn das auch noch mit wildem Springen durch verschiedene Themen gepaart ist, hat man eine sehr undankbare Aufgabe. Deswegen rate ich in meinem Buch auch davon ab, solche Gespräche weiterzuführen.

Viele haben mich gefragt, warum ich mich dann trotzdem darauf eingelassen habe. Ich hätte ja auch sagen können „Moment mal, so kommen wir nicht weiter, lassen sie uns bitte erst mal das Thema Netzentgelte zu Ende bringen.“. Das hätte ich in einer Facebook-Unterhaltung auch so gemacht. Aber ich definiere im Buch auch eine Ausnahme von der Regel, so eine Unterhaltung gar nicht erst zu führen: Wenn ihr ein großes Publikum habt. Und das hatte ich nun mal. Mein Ziel ist ja nicht, den Moderator zu überzeugen, sondern die Menschen vor dem Fernseher.

Ja, ich hätte auch erst mal die Zusammensetzung des Strompreises ausdiskutieren können, aber da gab es in meinen Augen ohnehin wenig zu gewinnen und Herr Baumgarten wirkte bei dem Thema auch nicht up to date. Nicht nur, dass ich ihn beim Begriff „Netzentgelte“ korrigieren musste (er nannte sie „Nutzentgelte), er war davon ausgegangen, diese Beträge gingen an den Staat, bzw. dieser „verleibe sie sich ein“.

Das sind aber tatsächlich die Gelder, mit denen private Unternehmen unseren dringend benötigten Netzausbau finanzieren. Sie gehen deswegen auch nicht an den Staat. Wir brauchen ja dicke Leitungen, um den Windstrom in den Süden zu transportieren, aber auch Verteilnetze für E-Mobilität und Wärmepumpen. Das so zu sagen ist aber auch nicht ganz ohne Risiko, wenn ich hier nicht gleichzeitig die Information unterbekomme, dass dieser Netzausbau gerade Projekt aller großen Volkswirtschaften ist – sonst steht da am Ende wieder Geisterfahrer Deutschland als Vorwurf.

Nach einer kurzen Korrektur habe ich es also dabei belassen, damit wir endlich zum nächsten Thema wechseln können. Ich wollte ja meine Grafiken zeigen, was dann ja auch zum Teil geklappt hat.

In den Augen mancher Leute aus der Energiewendebubble reichte das nicht. Ich hätte schärfer widersprechen und alles widerlegen sollen. Ja, das wäre wohl das absolute Optimum gewesen, aber allein im Mittelteil hat Herr Baumgarten so viele Behauptungen aufgestellt, dass eine Widerlegung von Allem rein zeitlich mehr möglich war. Schon gar nicht, wenn ich immer wieder unterbrochen werde. In der Situation hatte ich im Prinzip 2 Optionen:

1. Richtig deutlich werden und ihm klarmachen, dass er nicht so im Thema ist wie ich.

2. Gute Miene zum bösen Spiel machen und so viel korrigieren, wie ich kann.

Ich habe mich für Option 2 entschieden in dem Wissen, dass dadurch am Ende Falschbehauptungen unwidersprochen bleiben werden. Wenn ihr euch mit dem Thema Energie auskennt, mag euch das nicht gefallen, weil ihr euch jetzt seit Jahren diesen ganzen Blödsinn anhört und euch verständlicherweise jemanden wünscht, der den Leuten endlich mal die Meinung geigt, auch wenn sie dann richtig blöd dastehen.

Glaubt mir: Würde das die Menschen am besten überzeugen, hätte ich das mit Freuden gemacht. Ich fürchte nur, dass es so leicht nicht ist. Ich beschäftige mich schon etwas länger mit der Frage, wie Menschen sich am besten von etwas überzeugen lassen (Leseempfehlung dazu: „Change of Heart“ von Nick Cooney). Ein entscheidender Punkt, der es Menschen einfach macht, ihre Meinung trotz guter Argumente nicht zu ändern, ist ihre gefühlte Gruppenzugehörigkeit.

Stellt euch vor, eure engsten Verwandten und besten Freunde erzählen euch bei einer Party, dass sie alle nur noch Second-Hand-Klamotten kaufen und wie toll das jetzt bei Vinted mit Kleidungsstücken aus halb Europa geht und wie viel sie da trotz guter Qualität gespart haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr euch dieses Konzept jetzt auch mal näher anseht, ist jetzt viel größer, als wenn euch in der Fußgängerzone eine Aktivistin darauf angesprochen hätte, wie viel Schaden Fast Fashion anrichtet.

Die Argumente der Aktivistin mögen sogar besser und von Belegen gestützt sein, aber sie gehört nicht eurer Eigengruppe an, weswegen euer Gehirn beruhigt die Skepsis-Schranke hochfahren kann. „Was will mir diese fremde Frau über meine Klamotten erzählen, pfft! Als wenn die nie Fast Fashion kauft!“ denkt sich einfacher als „Meine wichtigsten Freunde und Verwandten liegen alle falsch.“

Wenn ihr euch von der Aktivistin jetzt auch noch irgendwie abgrenzen könnt, fällt das womöglich noch einfacher. Vielleicht hat sie ein paar auffällige Tattoos, eine quietschbunte Hose oder eine sehr hohe Stimme? Wunderbar, daraus lässt sich intern umso besser argumentieren, dass sie der Fremdgruppe angehört. Und Leute aus der Fremdgruppe, die haben einfach keine Ahnung! Haha, diese Trottel aus der Fremdgruppe, denken unsere Gehirne (das soll jetzt kein Aufruf zur absoluten Konformität sein, ich wünschte ja, es wäre anders).

Deswegen versuche ich, wenn ich in einer NDR-Sendung sitze, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, um vom Publikum in die Fremdgruppe eingeordnet zu werden. Deswegen sitze ich da in übertrieben ordentlichen Klamotten rum und versuche, das Publikum mit einem Lächeln auf dem Gesicht für mich zu gewinnen. Ob Hinnerk Baumgarten am Ende denkt, dass Windkraft cool ist, ist mir ja vollkommen egal.

Deswegen bin ich auch gar nicht auf den Vorwurf eingegangen, welche Nachteile vegane Ernährung angeblich hätte. Das hatte unheimlich viel Zeit gekostet und darauf war ich auch nicht gut vorbereitet.

Ich habe auch nicht mehr auf die „gefährlichen Gase“ in Windkraftanalgen reagiert und auch nicht sonderlich ausführlich auf die Frage, ob in einem Mehrfamilienhaus für alle Bewohner E-Autos angeschlossen werden können.

Bei den Gasen wollte er vermutlich auf SF6 anspielen, das ist eine derartig reaktionsträge Substanz, dass sie sich als extrem gute elektrische Isolation erweist. Sie findet sich deswegen so gut wie überall in der Mittel- und Hochspannungstechnik, also vom Umspannwerk über Kernreaktoren bis hin zu Windkraftanlagen, aber auch in der Medizin, in schallisolierenden Fenstern oder in Schuhsohlen.

Der große Nachteil dieses Gases ist, dass nur ein Kilogramm davon in etwa die Klimawirkung von 24.000 Kilogramm CO2 hat. Argumentativ ist das also eine Art Lithium 2.0, denn der Einsatz dieses Gases war allen schnurzegal und niemand hat jemals in Bezug auf Atomkraft gefragt, wie schädlich SF6 eigentlich ist. Es gibt sogar Trottel, die es in Youtube-Videos verwenden, um Aluminium-Schiffchen auf SF6 schwimmen zu lassen oder ähnlich wie mit Hilfe von Helium die eigene Stimme zu verstellen.

Ja, sehr lustig, Nick. Wenn Du dabei 1,5 Liter ein- und wieder ausgeatmet hast, entspricht das halt den Emissionen einer Flugreise von Hamburg nach Wien. Das SF6 aus Schaltkästen in Windkraftanlagen können wir aber absaugen und dann wiederverwenden bzw. genau das ist auch die Vorschrift.

Um das alles zu erklären, hätte ich locker 3 Minuten gebraucht, mit Unterbrechungen eher 5. Und dann wäre die psychologische Wirkung immer noch fraglich gewesen, denn aus dem Narrativ „Gefährliches Gas“ kommt man mit einer einzigen sachlichen Widerlegung oft gar nicht raus. Vielmehr setzt sich oft im Gedächtnis fest, dass es da irgendwas gefährliches gibt, bis mehrere Entwarnungen kamen.

Auch das Mehrfamilienhaus ist eine undankbares, weil sehr asymmetrisches Argument: Da gibt es ja gar nicht überall Ladesäulen, es gibt Geschichten von Kommunen, bei denen die Netze das nicht schaffen, es gibt Geschichten von den Millionen E-Autos, die dann gegen Feierabend alle gleichzeitig laden und so weiter. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass viele Mehrfamilienhäuser in Städten am Ende weniger Ladesäulen haben werden als Menschen, die in ihm wohnen.

Weil viele gar kein eigenes Auto mehr brauchen werden, weil das E-Auto gar nicht jeden Tag geladen werden muss und weil viele dieser Autos im Büro, beim Einkaufen oder sonstwo geladen werden. Aber erklärt das mal in 5 Minuten, ohne dass Menschen das Gefühl haben, ich wolle ihnen etwas wegnehmen.

Rechthaben allein ist leider kein grundsätzlicher Garant dafür, dass andere überzeugt werden. Besonders wenn ein von euch angeführter Fakt einer Minderheitsmeinung angehört, findet die eigentliche Überzeugungsarbeit auch auf eher unterbewussten Ebenen statt. Ihr tretet dann auch gegen die Überzeugung an, dass Energiewende die naive Idee baumumarmender, ewig mürrischer Öko-Spinner ist. Es war mir deswegen ähnlich wichtig, diesem Klischee nicht zu entsprechen wie die Widerlegung auf fachlicher Ebene.

Deswegen lächle ich entsprechende Vorwürfe weg, gehe auf persönliche Provokationen kaum ein und versuche, möglichst viel auf der Sachebene zu bleiben. Hätte ich gewusst, dass Hinnerk Baumgarten Mitherausgeber des Golfmagazins Golf’N’Style ist, hätte ich auch den Flächenvergleich lieber mit Weihnachtsbäumen und nicht nicht mit Golfplätzen gemacht. Der zugehörige Podcast heißt übrigens „Grün & Saftig“ – klingt ja eher nach einem veganen Foodblog 🙂

Und nein, das war nicht so abgesprochen. Manche dachten, wir wären bewusst auf die Meta-Ebene gegangen und wollten anstatt einer normalen Sendung eine Folge Bullshit Bingo machen. Nach meiner Einschätzung haben die Gäste bei DAS! Sonst mehr Freiraum, ihre eigenen Inhalte in Ruhe zu präsentieren.

Für konstruktive Manöverkritik bin ich natürlich dennoch dankbar. Ein Stückweit bestätigt fühle ich mich aber auch durch die vergangene Sendung mit Katja Riemann von 2013. Da war die Stimmung am Ende ziemlich ramponiert, in den Kommentaren beschweren sich viele Leute darüber, wie zickig sie sei, und viel entscheidender: Es ist auch unangenehm, sich das bis zum Ende anzusehen.

Viel Spaß beim Angucken!

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