Hundefleischfestivals bald auch in Europa? Ein Streitgespräch

Jedes Jahr wiederholt sich eines der wohl umstrittensten Festivals weltweit: Das Hundefleischfestival von Yulin, wo 10.000 Vierbeiner brutal gehalten, getötet und verspeist werden. Für westliche Kulturen ist das kaum vorstellbar und führt immer wieder zu großer Ablehnung. Daher sollen nun Verbesserungen eingeführt werden. Doch meinen die Organisatoren es damit ernst?

Um das besser einschätzen zu können, haben wir einen von ihnen, den Händler Deng Zhào, auf einer Lebensmittelmesse in Paris aufgesucht und ein Streitgespräch mit Silke Bottik vom „Hundefreunde Neckar e.V.“ organisiert.

Graslutscher.de: Frau Bottik, Herr Zhào, schön, dass Sie es einrichten konnten. Sie beide haben viel mit Hunden zu tun, richtig?

Bottik: Natürlich! In unserem Verein betreuen wir Streuner und solche Hunde, die keiner mehr haben will und suchen ihnen ein neues Zuhause. Das sind so liebenswerte Tiere, wir haben in diesem Jahr bereits über 50 Tiere vermittelt.

Graslutscher.de: Herr Zhào, Sie sind in Yulin geboren und aufgewachsen. Können Sie nachvollziehen, dass man ihr Festival, bei dem tausende von Hunden umgebracht werden, hierzulande ablehnt?

Zhào: Nein, ganz im Gegenteil – ich habe heute mit einer Menge interessierter Marktakteure gesprochen, die auch hier in Frankreich gerne im großen Stil Hundefleisch vermarkten würden.

Graslutscher.de: Also wollen Sie das Fleisch exportieren?

Zhào: Nein, aber wir würden gerne überall auf der Welt Ableger unseres Festivals etablieren. Wir hoffen, es zum Weltkulturerbe erklären lassen zu können, dann hätte bald jedes Land sein eigenes Yulin-Festival.

Graslutscher.de: Halten Sie das wirklich für realistisch? Die meisten Deutschen finden es unmoralisch und höchst fragwürdig, Hunde derartig brutal zu behandeln und zu töten.

Zhào: Nun, dann frage ich Ihre Landsleute: Haben Sie mal in Ihren Mund geschaut? Da sind vier Reißzähne drin, ideal für Hundefleisch. Menschen sind also Allesfresser, eine Ernährung ganz ohne Hundefleisch wäre unnatürlich.

Bottik: Das ist doch Unsinn! Niemand muss Hundefleisch essen, um zu überleben!

Graslutscher.de: Ich denke auch, Sie könnten mit den Zähnen eine ganze Menge anderer Sachen essen.

Zhào: Das schon, aber in Hundefleisch sind wichtige Enzyme, wichtig für die Entwicklung des Gehirns.

Bottik: (laut) Welche denn?!

Zhào: Fleischenzyme.

Graslutscher.de: Davon habe ich noch nie gehört. Und die sind nur in Hundefleisch?

Zhào: Sehen Sie: Sie sagen, ich sei ein böser Untermensch, weil ich…

Graslutscher.de: … das habe ich nicht gesagt.

Zhào: Aber Sie wollen mir vorschreiben, was ich zu essen haben. Dass ich keine Hunde mehr esse. Dabei schreibe ich Ihnen ja auch nicht vor, welche zu essen. Sehen Sie den Unterschied? Ich lasse Sie machen, was Sie für richtig halten, während Sie sich zum Richter über mich aufschwingen. Ich finde, jeder sollte essen, was er will. Leben und leben lassen.

Bottik: Nur dass Sie dabei jemanden vergessen: die Hunde!

Zhào: Sie gefallen sich wohl in Ihrer moralisch überlegenen Position! Aber ich will Sie mal was fragen: Wenn Sie auf einer Insel gestrandet wären und da gäbe es nur Hunde, was würden Sie dann machen? Hunde essen oder verhungern?

Bottik: Das ist doch…

Graslutscher.de: Ich wohne im Rhein-Main-Gebiet, da gibt es nicht so viele einsame Inseln, insofern esse ich auch keine Hunde.

Zhào: Gar keine? Nicht mal Hundewurst auf dem Brot?

Graslutscher.de: Nein, meine ganze Familie isst generell gar keine Hunde.

Zhào: Das klingt nach einer ganz schön einseitigen Ernährung. Wenn Erwachsene da aus welchen Gründen auch immer drauf verzichten wollen, meinetwegen. Aber halten Sie doch ihre Kinder da raus und zwängen sie denen nicht Ihre Ernährungsdogmen auf. Ihre Kinder bekommen also nie Hundefleisch?

Graslutscher.de: Nein. Sie würden es vermutlich auch…

Zhào: Es gibt auch in Yulin Familien, deren Kinder nie Hundefleisch bekommen. Eines davon ist jetzt gestorben.

Graslutscher.de: Ja, das habe ich gelesen. Es hatte eine Lungenentzündung, welche die Eltern nur mit Bachblüten behandelt haben, richtig?

Zhào: Ja. Mit Hundefleisch würde es bestimmt noch leben.

Bottik: Ich habe drei Kinder, denen geht es sehr gut und die haben noch nie Hundefleisch gegessen! Das ist Quatsch!

Zhào: Wie erklären Sie sich dann, dass ganz ohne Hundefleisch ernährte Kinder immer so blass sind?

Bottik: Vielleicht stimmt ja was mit Ihren Augen nicht? Vielleicht zu viel Hundefleisch, he?

Zhào: Sehen Sie? Immer fühlt Ihr Hundefleischboykottierer Euch angegriffen und werdet gleich persönlich!

Graslutscher.de: Herr Zhào, ich versuche ja nur rauszubekommen, wie Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren, diese unschuldigen Tiere zu töten.

Zhào: Mit meinem Gewissen? Was ich tue, ist nichts Verwerfliches. Hundefleisch hat eine jahrhundertealte Tradition, die bis in die Ming-Dynastie zurückreicht. Sie sehen: Menschen haben immer schon Hunde gegessen. Außerdem tun wir ja einiges, damit es den Tieren gut geht: Sie bekommen erstklassiges Futter, in den Käfigen liegen kleine Gummispielzeuge rum und seit diesem Jahr sind die Käfige 15% größer als früher.

Graslutscher.de: Ich habe Videomaterial gesehen, in dem die Hunde gequält und vor der Schlachtung nicht richtig betäubt wurden.

Zhào: Jede Branche hat schwarze Schafe. Aber lassen Sie mich Ihnen versichern: Ich kaufe mein Fleisch nur von Hundemetzgern, die ihre Tiere lieben.

Bottik: Hören Sie sich auch mal selbst reden? Sie lieben die und dann töten sie sie? Wie verblendet kann man sein?

Zhào: Das ist die Natur, wir alle sind Teil der Natur und töten uns gegenseitig. Trotzdem liebe ich diese Hunde.

Graslutscher.de: Das klingt irgendwie bizarr.

Zhào: Wieso? Was ist daran bizarr?

Graslutscher.de: Für gewöhnlich zersägt man nicht diejenigen, die man liebt, oder?

Zhào: Moment, Moment, ich rede ja nur von Hunden, die extra dafür gezüchtet wurden. Die wären ja gar nicht am Leben ohne vorbildlich arbeitende Hundezüchter. Die würden den Tieren doch nichts tun, wenn am Ende deren Fleisch schmecken soll.

Bottik: Und das ist ein Grund, sie zu quälen, damit am Ende alles schön billig ist?!

Zhào: Absolut nicht! Deswegen haben wir das Programm Bellowohl entwickelt, in dem die Tiere artgerecht aufwachsen.

Graslutscher.de: Und wie viel Fleisch auf dem Festival stammt von Bellowohl?

Zhào: Praktisch gar keins, aber ich esse auch nur ganz selten Hundefleisch.

Bottik: Sie erzählen uns jetzt seit 15 Minuten, wie toll Hundefleisch ist, aber Sie essen ganz wenig? Wer soll das denn glauben?

Zhào: Pfff, darauf erst mal ein leckeres Hundesteak!

Graslutscher.de: Herr Zhào, bleiben Sie doch bitte sachlich.

Zhào: Bin ich! Hier, probieren Sie mal, wie zart dieses Welpenfleisch ist. Wie trostlos muss Ihr Leben sein, wenn Sie sich so eine Askese auferlegen?

Graslutscher.de: Spricht nicht für Ihr Leben, wenn es ohne Hundefleisch trostlos wäre.

Bottik: Ich habe ein sehr erfülltes Leben, danke der Nachfrage! Ihre ganzen Argumente sind Blödsinn, deswegen springen Sie auch von einem Thema zum nächsten! Sie bringen diese Tiere um, nur um…

Zhào: (rollt mit den Augen) Ich bringe niemanden um, ich kaufe schlicht Lebensmittel ein, nichts anderes sind diese Tiere.

Bottik: (schnappt nach Luft): Aber Sie bezahlen die Leute, die sie umbringen! Und das vollkommen überflüssig, Sie können auch ganz ohne Hundefleisch gesund und glücklich leben.

Zhào: Was ich tue, ist vollkommen legal.

Bottik: Das Wegsperren schwuler Männer in der BRD der 70er Jahre war auch legal. Und jetzt?

Graslutscher.de: Frau Bottik, Herr Zhào, die Zeit ist um, wir danken für dieses Gespräch.

Zhào: Gerne, ich bin noch den ganzen Tag an unserem Yummidog-Stand, falls Sie sich von der Qualität unserer Produkte überzeugen wollen.

Bottik: Eher friert die Hölle zu.

Graslutscher.de: Frau Bottik, also haben Sie schon genug von der Messe?

Bottik: Nein, wir haben hier einen Stand für Spenden, da gibt es Würstchen und Pulled Pork, das ist ganz zart! Sollten Sie unbedingt probieren.

Graslutscher.de: Nein danke, ich esse kein Fleisch.

Bottik: Gar kein Fleisch? Wie ungesund, da fehlen Ihnen Enzyme! Ich lasse mir von Ihnen nicht vorschreiben, was ich zu essen habe! Einsame Fleischinsel! Voll einseitig, Kinder werden sterben! Immer schon Fleisch gegessen… (hörbares Einatmen) jahrhundertealte Tradition… (hörbares Einatmen) Teil der Natur… (hörbares Einatmen) ich liebe Tiere… (hörbares Einatmen) alles legal… (hörbares Einatmen) jetzt erst mal lecker Schnitzel, Scheiß Veganer, so!

 

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Disclaimer: Dieses Gespräch hat exakt so mit den Beteiligten Personen überhaupt nicht stattgefunden. Aber es wäre überaus denkbar 😉

8 Gedanken zu „Hundefleischfestivals bald auch in Europa? Ein Streitgespräch“

    • Lustig? Wer redet denn von lustig?

      Ich hab mir angewöhnt bei diesen Gesprächen die Menschen mittlerweile so anzustrahlen, dass einige denken, sie hätten mir soeben eine Liste mit den Lottozahlen der nächsten drei Monate überreicht und sie darauf hinzuweisen, dass ich sie soeben in meine fiktive Liste der Biofleischvomzutodestreichelndenhumanlandwirtkonsumenten eingetragen habe. Natürlich nicht, ohne ihnen stolz zu berichten, dass ich damit vermutlich alle der ca. 1,6 % Ichessenurganzwenigfleischundwenndannnurvombiolandwirtbeidemalletiereinweidehaltunglebenkäufer kenne.

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