Ho ho ho – Der Dunkelflauten-Adventskalender Türchen 1: Dunkelflaute ist absolut nichts Neues

Wer letzte Woche Medien konsumiert hat, musste wohl den Eindruck bekommen, dieses Dunkelflauten-Ding sei ein vollkommen innovatives Konzept. Ein gänzlich unerwartetes, alle Fachleute überraschendes Phänomen und jetzt seien wir recht spontan komplett angeschmiert. Toll! Nicht nur stirbt uns der Einzelhandel weg und chinesische Autos drängen in unsere Exportmärkte, nein, wir werden auch noch von sinistren Dunkelflauten heimgesucht. Übel! Sollten wir uns angesichts dieser Bedrohung zusammenfinden und gemeinsam unsere Angst herausschreien?

Nein, sollten wir nicht. Angst ist grundsätzlich kein guter Ratgeber. Keep calm and installiere Windkraft, denn Dunkelflauten gab’s schon immer. Erstaunlich in diesem Zusammenhang, dass die größten Verfechter der Atomkraft immer wieder German Angst in Bezug auf unseren Atomausstieg monieren, jetzt aber so tun (gerne mal bei NZZ, Welt und den Ruhrbaronen nachgucken, ich möchte Desinformation aber nicht verlinken), als würde die Dunkelflaute unsere Ernten vernichten und die Jugend verderben. Beherzigt doch bitte eure eigenen Ratschläge und chillt mal.

Ich sage das jetzt einfach so in meinem jugendlichen Leichtsinn, denn es gibt nicht mal eine einheitliche Definition für Dunkelflaute. Im Volksmund ist damit eine Periode mehrerer Tage gemeint, an denen wenig Wind weht und wenig Sonne scheint. Nun ist „wenig“ ein recht dehnbarer Begriff. Wir haben ja alle diesen einen Kumpel, der jedes Jahr um die Weihnachtszeit nur ganz wenig naschen will, den ihr dann aber auf dem Supermarktparkplatz dabei beobachtet, wie er einen Meter lange Riesen-Tobleronen in seinen Kofferraum stapelt. Sind bestimmt nur für die Kinder.

Manche definieren einen Tag Dunkelflaute so, dass weniger als 20% des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammt (4 Tage im Jahr 2024), andere nutzen als Benchmark 25% (9 Tage im Jahr 2024) und wieder andere 30% (21 Tage im Jahr 2024). Solche Werte haben natürlich Auswirkungen auf unser Stromnetz, auf die Importe und auf all die anderen Kraftwerke im Land, denn die müssen dann entsprechend die restliche Leistung liefern, also in den obigen Definitionen 80%, 75% oder 70%.

Ach du meine Güte, 80 Prozent vom gesamten deutschen Strombedarf ohne Erneuerbare? Solltet Ihr euch jetzt geschockt die Hände an Wangen oder Stirn gelegt und einen erschreckten Kiekser ausgestoßen haben angesichts dieses scheinbar aussichtslosen Unterfangens: Das war vor 20 Jahren noch der absolute Normalfall. Zu dieser Zeit kamen insgesamt nur 10 Prozent des deutschen Stroms aus Wasser-, Biomasse- und Windkraft. Die restlichen 90% waren Kohle-, Gas- und Atomstrom. Und zwar nicht nur an einzelnen Tagen wie jetzt, das war über weite Teile des gesamten Jahres der Fall. Je mehr Erneuerbare wir zubauen, desto stärker sinkt die Zahl dieser Tage (Achtung, dem Jahr 2024 fehlen in dieser Darstellung noch 12 Tage):

Daten von den Fraunhofer ISE Energy-Charts, Aufbereitung von mir

Rein aus Wettersicht waren das früher natürlich keine das komplette Jahr andauernden Dunkelflauten, ich kann mich ja an Schwimmbadbesuche im Jahr 2004 erinnern. Aber energetisch gesehen war das genau das gleiche wie die Situation letzte Woche, weil all der schöne Wind und die netten Photonen nutzlos verpufften: Es gab kaum Windstrom, so gut wie gar keinen Solarstrom, also mussten die thermischen Kraftwerke fast den ganzen Bedarf stemmen (das sind solche, in denen mit Dampf ein Generator angetrieben wird, also Atomkraft, Kohlekraft, Gaskraft, Ölkraft).

Der größte Unterschied wird damals gewesen sein, dass das niemanden groß gejuckt hat, während heutzutage selbst die liberale taz Unsinn wie „Der Zubau an Erneuerbaren läuft und damit bekommt Deutschland ein neues Problem“ formuliert. Nein, das Problem ist, dass Deutschland immer genug Backup-Kraftwerke braucht. Das war auch schon vor 20 Jahren so, da war der Der Bedarf an die Grundlastkraftwerke sogar etwas höher als heute (weil unser Stromverbrauch vor 20 Jahren höher war).

Das, was wir heute bei einer krassen Dunkelflaute erleben, war in den 1990er Jahren also der absolute Normalzustand. Es gab ein paar Prozent Wasserkraft, der Rest war Fossil- und Atomstrom. Dann kam die Energiewende und es wurden Jahr für Jahr immer größere Teile des Stroms aus Großkraftwerken durch Wind- und Solarkraft ersetzt.

Stellt euch das vielleicht vor wie einen Nachbarn, der nur ganz, ganz furchtbar kochen kann. Nennen wir ihn Knut und stellen uns vor, dass der arme Knut jeden Tag nur Haferflocken isst. Vorteil: Ist billig und gut lagerbar (so wie Kohle eben auch). Nun sind Vitamin C und Abwechslung aber auch was Feines und so ersetzt der Mann auf Euren Rat hin sukzessive immer mehr Haferflocken mit frischem, regionalem Obst (die Erneuerbaren), das je nach Jahreszeit gut verfügbar ist. Im Mai mit Erdbeeren, im Juni mit Kirschen, im Oktober mit Pflaumen und so weiter.

Eines Morgens im November hämmert es nun an der Tür und ihr blickt in Knuts panisches Gesicht, der sich bitter bei euch beschwert. Die Obstsaison sei ja jetzt vorbei und der FOCUS würde titeln „Achtung bei Obstkonsum: Angebot frischer Früchte sinkt im Winter merklich!“. Auf eure Frage hin, warum er nicht einfach wieder mehr Haferflocken gegessen habe, kratzt Knut sich kurz am Kopf und sagt „Weiß auch nicht, der FOCUS-Artikel klang so bedrohlich, da habe ich vor lauter Angst nur Radiergummis gegessen“.

Bitte nehmt die Metapher nicht allzu wörtlich, aus Ernährungssicht würde ich weder zu einer 100% Haferflocken – noch zu einer 100%-Obst-Diät raten, aber in dieser Analogie haben wir einfach immer genug Haferflocken im Schrank, um Zeiten mit wenig Obst zu überbrücken. Und so ist das mit Erneuerbarem Strom und fossilem Strom eben auch: Es ist rein aus Kaloriensicht schlussendlich egal, ob es nun für 12 Stunden oder 7 Tage keine Erdbeeren gibt, solange der Schrank voller Haferflocken ist.

Dass es letzte Woche dann auf einmal doch kurzfristig sehr teuer wurde, ist aktuell Gegenstand vieler Diskussionen und Grund für Ratlosigkeit unter Fachleuten, denn unser Kraftwerkspark muss immer in der Lage sein, auch nachts bei kompletter Windstille die Versorgung zu sichern. Wir haben in Deutschland eine eigene Behörde mit der Aufgabe, genau das sicherzustellen, damit uns eben nicht eines Tages komplett die Haferflocken ausgehen.

Ihr könnt hier die aktuelle Haferflocken- bzw. Kraftwerksliste einsehen, auf der beruhigende 59,3 Gigawatt fossile Kraftwerksleistung aufgeführt werden (beruhigend, weil wetterunabhängig). Dazu kommen noch Wasserkraft und Biomasse und für ein paar Stunden können außerdem 10 Gigawatt Pumpspeicher das Netz entlasten. Für den seltenen Fall, dass auch das nicht reicht, gibt es darüber hinaus noch Reserven. Das sind Kraftwerke, die ihren Strom nicht auf den Strommärkten verkaufen dürfen, sondern für Notfälle bereitstehen, so als hätte Knut immer noch eine Kiste mit Proteinriegeln im Garten vergraben.

Alle diese Kraftwerke zusammen können aktuell auch bei kompletter Flaute etwa 100 Gigawatt auf die Beine stellen, ohne die Pumpspeicher sind es dauerhaft etwa 90 Gigawatt. Der maximale Bedarf lag in Deutschland im Jahr 2024 lag bei 76 Gigawatt (rote Linie in der Grafik). In dieser Situation würde ich Knut also gerne an die Hand nehmen, ihn zu seinem prall gefüllten Vorratsschrank führen. Oder wir gehen mit Knut mal rüber zu unseren europäischen Nachbarn, die ja ebenfalls immer stärker auf Wind- und Solarkraft setzen.

Im Vereinigten Königreich fiel die Erzeugung aus Windstrom letzte Woche auf 2 Gigawatt von 40 Gigawatt Bedarf, in Dänemark waren es nicht mal 0,1 Gigawatt von 5 Gigawatt Bedarf. In Kopenhagen und London blieben die Medien dennoch sachlicher, vermutlich werden diese Abschnitte ins Verhältnis gesetzt mit den restlichen 364 Tagen des Jahres, denn insgesamt wirken sich diese Phasen kaum auf die entscheidenden Ziele aus.

Die Frage, wie die europäischen Börsenstrompreise – wenn auch nur kurzzeitig – so ansteigen konnten, obwohl unsere Vorräte doch so umfangreich sind, ist dennoch interessant. Darum soll es morgen im zweiten Teil vom Dunkelflauten-Adventskalender gehen 🙂

Sollte Euch das Format gefallen: Ich baue aus diesem Adventskalender ein neues Kapitel für mein Buch „Klima Bullshit Bingo“. Dafür wird es nochmal gesetzt und es gibt ein paar treffende Antwort-Vorlagen für Eure Verwandten, die in der Familien-Whatsapp-Gruppe vor der Dunkelflaute warnen.

Wer bis zum 24.12.2024 ein Exemplar bestellt, bekommt das zusätzliche Kapitel nach Weihnachten per PDF zugeschickt, dazu einfach eine Mail mit der Quittung an info@komplett-media.com schicken 🙂

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22 Gedanken zu „Ho ho ho – Der Dunkelflauten-Adventskalender Türchen 1: Dunkelflaute ist absolut nichts Neues“

  1. Brauchen wir dann nicht trotzdem immer die nötigen thermischen Kraftwerke auf Vorrat ?
    Also unabhängig von der Anzahl Windräder und Solar müssen diese vorgehalten werden , die nötigen Brennstoffe bevorratet werden., die Menschen beschäftigt werden , alles gewartet sein usw.
    Es sei denn wir hätten die Möglichkeit Langfristig Energie zu speichern.

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    • Haben wir doch inzwischen, nachdem die CDUSPD-Regierung dies lange verhindert hat, indem sie Großspeicher als „Verbraucher“ behandelte. Dank Habeck ist das jetzt anders und die MWh>GWh wachsen batterieelektrisch, H2 kann endlich aus Überstrom kosten-/steuergünstiger hergestellt werden. Dank aktualisiertem EnWiG.

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  2. Wir brauchen auf jeden Fall die Möglichkeit, längere Zeiten mit wenig Wind+Sonne zu überbrücken. Von der Länge dieser Zeit und daher der benötigten Energiemenge hängt ab, was dafür am sinnvollsten ist. Kürzere Zeiten (wie diese neulich im Dezember) sind wahrscheinlich größtenteils auch gut durch Batteriespeicher überbrückbar. Für längere Zeiten (wie im November) vermutlich eher Gaskraftwerke, die mit Wasserstoff oder Methan betrieben werden, die aus regenerativen Strom hergestellt werden (das brauchen wir ohnehin für verschiedene Industriezweige).

    Und ja, natürlich fallen auch einfach während so einer Bereitstellung Kosten an, die finanziert werden müssen. Die sind allerdings gering im Vergleich zu den Brennstoffkosten – das gilt auch schon heute mit normalen Erdgas.

    Wie das finanziert wird, dafür gibt es verschiedene Modelle. Entweder sie müssen sich komplett während dieser Phasen finanzieren oder (was ich bevorzugen würde) sie bekommen ihre Bereitstellungskosten aus den Netzgebühren bezahlt. Hier könnte man auch mit einem Ausschreibungsmodell arbeiten: Wer fordert am wenigsten, um X Kapazität bereitzustellen?

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    • Haben wir doch inzwischen, nachdem die CDUSPD-Regierung dies lange verhindert hat, indem sie Großspeicher als „Verbraucher“ behandelte. Dank Habeck ist das jetzt anders und die MWh>GWh wachsen batterieelektrisch, H2 kann endlich aus Überstrom kosten-/steuergünstiger hergestellt werden. Dank aktualisiertem EnWiG.

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      • Was meinst du mit „aktualisiertem EnWiG? Das interessiert mich, weil ich jemandem im Bekanntenkreis habe, der die ganze Zeit wütet dass die Grünen Elektrolyse in Deutschland verhindern würden (ohne wirkliche Gründe dafür, meiner Meinung nach). Wen es hier tatsächlich eine Änderung im EnWiG gab, die das leichter gemacht hat, wäre das sehr interessant.

        Ich habe mich bei dem Kommentar auf den ersten Beitrag bezogen und vor allem auf „Dunkelflauten“ konzentriert. Die jetzt kommenden Batteriespeicher und die Änderungen im Gesetz sind sehr wichtig und ein großer Schritt, der uns auf 80-90% EE bringen sollte. Hier ging es jetzt um die letzten 10%.

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  3. Der Witz ist nur: wenn „wir“ es ernst meinen mit der Energiewende hin zu Netto-Null-THG-Emissionen (zumindest in Deutschland), dann kann das nicht so bleiben. Ich sehe täglich den Strommix in der ElectricityMaps-App. Da sieht man genau wieviel fossiler Strom noch dabei ist. Im Vergleich zur Dunkelflaute im November über mehrere Wochen, war das letzte Woche ein Klacks. Nur die Medien machen jetzt wegen der Strompreisexplosion an einem einzigen Tag(!) so einen Bohei darum. Und alle springen auf diesen Hype auf.

    Bei ca. 1,5 TWh Stromverbrauch in D pro Tag(!) brauchen wir Stromspeicher im zweistelligen TWh(cap) Bereich um jede Dunkelflaute abreiten zu können. Im Moment haben wir 0,04TWh(cap) an Pumpspeicher. Das reicht gerade mal um die Stromspitzen im Tagesgang etwas zu glätten (sieht man auch gut in der App). Derzeit können wir nicht mal den Hochsommer mit Sonne satt zu 100% THG-frei bestreiten, weil eben nicht genug Speicher vorhanden um den Überschuß an PV-Strom in die Spitzenstromzeiten abends und morgens zu verschieben. Es geht jetzt schon durch Abregelung von Wind- und PV-Strom so viel Strom verloren, mit dem man eine Million E-Autos THG-neutral betreiben könnte. Und komme mir keiner mit Wasserstoff oder anderem Power2X Kram: das ist dermaßen unwirtschaftlich, dass sich niemand daran die Finger verbrennen will. Da müssten 10kWh Ökostrom im Überschuß erzeugt werden um nachher aus der Rückverstromung mit allen Umwandlungsverlusten ca. 1kWh Speicherstrom wieder heraus zu bekommen. Aber all diese Überlegungen spielen bei den Quaschnings dieser Zeit keine Rolle.

    Ich sage nicht, dass Netto-Null ein Ding der Unmöglichkeit ist. Wenn ich mir die andauernde Energieverschwendung z.B. Krieg und Rüstung, Superreiche, Touristen-Flüge, Überkonsum, Korruption und Selbstbedienungsmentalität bei Politikern, ÖRR, Managern etc. anschaue, dann wäre die Energiewende auch ein Klacks ohne sozial ungerechte Extrakosten. Nur mit diesen Politmarionetten, die gerade eine mediale Massenschlägerei inszenieren und nach der nächsten Wahl genau da weiter machen wo ihre Vorgänger aufgehört haben, mit diesem korrupten, politischen System wird das eben nix.

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    • Sie wissen, dass 161 GW gerade an Anschlussanfragen für Speicher bereitstehen?

      Das ist der Schlüssel, Batteriespeicher ist sensationell günstig… alleine in den letzten 1,5 Jahren um die Hälfte geschrumpft… und die Preisspreads am Tage liegen vor allem im Sommer häufig zwischen 10 und 20 Cent. Daraus ergeben sich Renditen in Höhe von 15% für Großspeicher… das spricht alleine für sich und wird natürlich die hohen Strompreise und EE-Lücken immer mehr glätten. Sicher nicht immer, aber marktwirtschaftlich angeregt immer öfter und länger.

      Und Ihre Annahme, dass Batteriespeicher einen ganzen Tag mit 1,5 TWh abdecken muss, ist Zukunftsmusik in 15 Jahren. Heute geht es um die Residuallast, die bereits 49 Wochen bei über 30% EE liegt. Und wir haben bis 2030 nahezu eine doppelte EE-Erzeugung plus deutlich mehr Speicher… und Sektorenkopplung mit einem Energiemanagement, welches die Speicherung erst gar nicht notwendig macht, wenn das E-Auto, die Wärmepumpe oder die Öfen und Tiefkühlhäuser bevorzugt und verstärkt in EE reichen Phasen betrieben werden.

      Das Schöne dabei ist, dass auch so bis 2030 schon 80% EE, 2040 um die 90% des Jahres im Strommix erreicht werden können… und alle profitieren davon in Form von niedrigen Preisen und einem effizienten Netz, das den gezielteren und dosierten Ausbau möglich macht. Letztlich muss nur die Gesetzgebung und der Strommarkt die richtigen Anreize zur rechten Zeit am rechten Ort setzen, auch zum Beispiel für Bidirektionalität oder virtuelle Kraftwerke.

      … wird schon. Ich wundere mich immer, dass die größten Kritiker von heute auf morgen 100% grün haben wollen. Dabei geht es schrittweise wunderbar. H2 und extrem große Batteriespeicher dann für die letzten 5-10% erst im letzten Schritt in 10-15 Jahren oder so, wenn es sich auch mit großen nahezu Gratis-Überschüssen wirtschaftlich rechnet und die europ. Infrastruktur (hoffentlich) geschaffen ist. Bis dahin kann auch relativ wenig fossiles Gas die immer kleineren Lücken flexibel in einem finanzierbaren Kapazitätsmarkt abdecken. Das ist bei weitem wirtschaftlicher und planbarer, wenn der Switch zu H2 schrittweise bei vorhandener Infrastruktur erfolgen kann.

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      • GW ist Anschlußleistung und nicht TWh(cap) Speicherkapazität. Und selbst wenn das GWh(cap) wären, dann bewegen wir uns immer noch im Promille-Bereich des notwendigen Speicherbedarfs.
        Und momentan bewegt sich Deutschland mit Elektroautophobie und Gasheizungsmanie und einer Politik der ertablierten Parteien die mit eFuels und anderer Technologiebesoffenheit unseren fossilen Lebensstil retten wollen, nur um Wählerstimmen abzugreifen, gerade nicht auf Netto-Null zu. Niemand hat Netto-Null von jetzt auf nachher behauptet oder gefordert. Es geht um einen realistischen Weg dahin und den wird es mit dem „weiter so wie bisher“ nicht geben.
        Ja, die Batteriepreise werden weiter fallen, ja, mit dynamischer Stromnachfrage kann man Speicher bis zu einem gewissen Grad einsparen, ja, es wird mehr und billigere (Batterie-)Speicher geben, nur eben nicht in dem Ausmaß wie es nötig wäre um die selbstgesteckten Klimaschutz-Ziele rechtzeitig zu erreichen.
        Mehr Speicher und das früher kostet mehr (was aber später wieder herein kommt). Nur dafür müssen politische Weichen gestellt werden und das wird mit diesem selbstzerfleischenden, korrupten Politkasperletheater für Erwachsene schlicht nicht passieren. Und der Ökostrom verteilt sich nicht von alleine auf den Strombedarf, sondern je mehr Ausbau ohne Speicher, desto mehr Schieflast. Punkt. Wunschdenken und Gesundbeten hilft nicht.

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        • „dann bewegen wir uns immer noch im Promille-Bereich des notwendigen Speicherbedarfs.“

          … für was?
          Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie sich ernsthaft mit dem Energiekonzept beschäftigt haben. Das sieht noch lange gar nicht große Batterie-Speichermengen vor, es geht auch mit nur 100 GWh laut Fraunhofer für den anvisierten Anteil von 80% EE im Strommix bis 2030. Das ist keineswegs unrealistisch, wenn man sich den dramatischen aktuellen Großspeicher-Zuwachs oder die Sprünge bei Heimspeicher und bald auch Bidirektionalität anschaut.

          Mindestens genauso wichtig ist es, bis 2035 den Kraftwerkspark auf Residuallast mit Gaskraft zu etablieren, bis dahin spricht man noch (quasi) gar nicht von Wasserstoff. Wichtig ist die hochflexible Backup-Funktion als Lückenfüller zu immer mehr EE. Und dazu selbstverständlich ein passender Strommarkt, der Sektorenkopplung und die Speicherung antreibt und den Direkthandel und die Bidirektionalität einfach und lukrativ macht… marktgerecht, das bedarf überhaupt keiner Förderung, da jegliches Anwerfen von Gaskraft immer deutlich teurer ist. Das Ausgleichen bzw. der Handel mit eingefangenen EE-Tagespeaks sowie Eigenverbrauch rechnen sich selbsttragend sehr erträglich.

          Wasserstoff für Ihre Langzeitspeicherung und für die immensen Speichermengen kommt erst nach 2035 zum Zug, da hängt es sehr daran, ob wir bis dahin die Hausaufgaben mit europ. Infrastruktur und die günstige Skalierung hinbekommen. Ist also heute noch reine Glaskugel… dennoch. Selbst, wenn H2 gänzlich in die Hose ginge, bleibt 2045 ohnehin nur noch um die 5%, was überhaupt noch fossil für Dunkelflauten im Jahr abzudecken wäre.

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          • Für was? Sie haben auf mein Vorposting geantwortet, dann sollten Sie es auch gelesen haben, denn da steht es drin. Es hindert Sie aber niemand daran mit Ihrem unmaßgeblichen Eindruck von sich auf andere zu schließen.
            Wie weit Sie mit 0,1TWh(cap) Speicherkapazität bei 1,5TWh Stromverbrauch in D pro Tag hinkommen können Sie sich selbst ausrechnen, wenn Sie rechnen können. Mit den derzeit ca. 0,04TWh(cap) Pumpspeicher können Sie gerade mal den Tagesgang ein bisschen glätten. Mit 0,1TWh(cap) vielleicht im Hochsommer die Mittagsspitze in den Abend bzw. den nächsten Morgen verschieben.
            Die //VDE-Studie Energiespeicher für die Energiewende// geht für das 80% Szenario für einen Langfrist-Speicherbedarf von mindestens 7 TWh(cap) aus. Das ist zumindest schon mal die Größenordnung richtig. Aber das ist nach der 80-20-Regel noch der Teil des Speicherzubaus der vergleichsweise „billig“ zu haben ist.

    • Immer die selben Fragen. Immer die selben Antworten.
      Speicher haben wir doch inzwischen, nachdem die CDUSPD-Regierung dies lange verhindert hat, indem sie Großspeicher als „Verbraucher“ behandelte. Dank Habeck ist das jetzt anders und die MWh>GWh wachsen batterieelektrisch, H2 kann endlich aus Überstrom kosten-/steuergünstiger hergestellt werden. Dank aktualisiertem EnWiG.

      Antworten
      • Und immer dieselben Irrtümer.
        Dynamisch angepasster Stromverbrauch geht nur bis zu einem gewissen Grad mit steuerbaren Verbrauchern wie z.B. E-Autos. Ansonsten braucht es Speicher für den größten, eben nicht steuerbaren Stromverbrauch um Angebot und Nachfrage auszugleichen. Und wenn die nicht da sind, geht Ökostrom verloren und muss durch fossilen Strom ersetzt werden. Schon jetzt muss Ökostrom in D in einem Ausmaß abgeregelt werden mit dem man 1 Million Elektroautos mit Null Mehremissionen versorgen könnte. Sprich: wir haben jetzt schon viel zu wenig Speicher.
        H2 aus Überschußstrom kannste erst mal vergessen:
        1. braucht man 10kWh Ökostrom um in der Rückverstromung ca. 1kWh wieder raus zu bekommen.
        2. wenn dann ist H2 viel zu kostbar für Rückverstromung. Besser da wo Brennstoff nicht ersetzbar ist wie Verkehrsflugzeuge, Stahlindustrie u.ä.
        3. die Umwandlung ist so verlustbehaftet und die Investition so teuer, dass ein Elektrolyseur erst bei 50% Betriebsstunden im Jahr wirtschaftlich wird. So viel Öko-Überschußstrom haben wir noch lange nicht und deswegen will sich daran niemand die Finger verbrennen.
        4. je mehr die Batteriepreise fallen um so mehr Batteriespeicher werden gebaut, dass für andere, teurere Technologien weniger vom Speichermarkt übrig bleibt und diese noch unwirtschaftlicher macht als sie es ohnehin schon sind.

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    • Ich verstehe Ihre generelle Ablehnung von P2X für die Abdeckung von Dunkelflauten nicht.
      Erstens ist die Roundtrip-Efficiency nicht 10%, sondern mindestens 20%, eher sogar 30%.
      Zweitens ist „unwirtschaftlich“ relativ. Klar, wenn es sich um große Bereiche des Jahres handeln würde, wäre das etwas anderes. Aber wir sprechen von vielleicht 50 – 100 TWh im Jahr, die in dieser Zeit erzeugt werden müssen. Was ist denn die Alternative? Große Speicher einzusetzen, die dann kaum arbeiten ist auch nicht gerade wirtschaftlich.
      Drittens werden wir P2X ohnehin für chemische Anwendungen brauchen – die Infrastruktur muss also ohnehin aufgebaut werden (Elektrolyseure)
      Viertens sind Gasspeicher schon vorhanden, Kraftwerke teilweise auch (bzw. deren Aufbau kostet nicht viel).

      Natürlich beziehe ich mich dabei nicht auf Sachen wie Abglättung von Tagesspitzen oder selbst ein Ausgleich innerhalb 1-3 Tage, hier werden wohl Batteriespeicher dominieren. Und natürlich kann sich das auch ändern, je nachdem wie billig Kapazität bei Batterien wird. Für die Abdeckung einer Dunkelflaute brauchen wir ja auch keine Li-Ionen Batterien mit schneller Reaktionsfähigkeit etc., die können durchaus etwas träger sein.

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      • Mit allen Umwandlungs-, Transport-, Verdichtungs-, Lagerungs- und Vorkettenverlusten kommt mit den derzeitigen Wirkungsgraden nicht viel mehr als 10% dabei heraus, 20% ist best case, 30% illusorisch bzw. nur bei stofflicher Verwertung oder Nischenanwendungen. Selbst mit Batterie- oder Pumpspeichern kommen wir nicht auf mehr als 70-80%. Wasserstoff ist nun mal kein Wasser. Und wenn man Wasserstoff noch weiter veredelt zu leichter kontrollierbaren Stoffen wie Methan, Ammoniak, Methanol oder gar eFuels dann werden die Verluste noch größer. Deswegen liegt auch alles was grünen Wasserstoff betrifft faktisch auf Eis. Der Hype darum ist alles nicht mehr als heiße Luft von Leuten, die nicht rechnen können.
        Und bei diesen unterirdischen Wirkungsgraden muss auch erst mal das entsprechende Vielfache an Ökostromüberschuß produziert werden. Die gleichen Politiker die von grünem Wasserstoff und eFuels phantasieren, wehren sich gleichzeitig gegen mehr Windkraftwerke in ihren Bundesländern. Perverser geht’s echt nimmer. Und selbst wenn: die aufgrund der geringen Effizienz um ein Vielfaches zusätzlich notwendigen Wind- oder PV-Anlagen, die das ganze Jahr neben den Elektrolyseuren nur dafür laufen um Dunkelflauten abzupuffern, kommen auch noch in die Rechnung hinein.
        Ja, dann kommt immer „Dann produzieren wir den Wasserstoff oder Ammoniak oder you name it in Afrika oder Südamerika“. Die Länder dort brauchen erst mal selbst grüne Energie bevor sie welche exportieren können und die Umwandlungs- und Transportverluste werden nur noch größer.
        Man kann es drehen und wenden wie man will: mit P2X werden nur mehr Probleme und Ineffizienzen geschaffen als gelöst bzw. vermieden.
        Den einzigen Weg – neben Energie einsparen, die ich derzeit sehe, ist die weitere Evolution der Batterietechnik hin zu effizienteren, langlebigeren, umweltfreundlicheren und nicht zuletzt durch Massenproduktion billigeren Speichern, die dann im letzten Schritt auch saisonal effizient nutzbar sind. Letztlich ist nur der Preis pro kWh(cap) Speicherkapazität entscheidend und da muss mit spitzem Bleistift gerechnet werden. Und wer meint P2X sei eine super Sache, darf gerne sein privates Geld da investieren. Aber wie schon meine Oma sagte:
        „Es nützt alles nichts, wenn der Chef nicht rechnen kann“.

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  4. Was man nicht vergessen darf – europaweite Dunkelflauten sind nochmal seltener, es ist also sinnvoll, den europäischen Strommarkt auszubauen, gebnauso wie Knut im Winter Orangen aus Spanien kaufen kann.

    Und unsere Wirtschaft würde es überleben, wenn man für schwer überbrückbare Dunkelflauten flexible Feiertage einführen würde. In der Regel ist das ja auch gut einige Tage im Voraus vorhersehbar. Damit würde man sich ersparen soviel Kapazität vorzuhalten, dass immer der maximale Verbrauch gedeckt werden kann.

    Ebenso kann man künftig die E-Auto-Flotte als Reserve mitnutzen, dafür dass die Stehzeuge soviel Infrastruktur für lau bekommen, können sie ja auch mal was zurückgeben.

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    • „europaweite Dunkelflauten sind nochmal seltener, es ist also sinnvoll, den europäischen Strommarkt auszubauen“
      Mein erster Instinkt war „wir brauchen die 100%, dann ist es egal, wie oft es passiert“, aber deine Idee ist ja, diese Fälle mit flexiblen Feiertagen abzudecken. Dafür müsste der Staat dann aber auch die jeweiligen Betriebe für das entstehende, sehr teure Chaos entschädigen, wäre nur fair – Aufträge müssen eingehalten werden, Just in Time, etc. Und die „Medien“ würden das schön aufbauschen.

      Generell klingst du recht idealistisch. Wenn die Menschen so nett wären wie in deinem Modell, das ich mir zugegebenermaßen aus deinem Beitrag zusammenreime, hätten wir das Klimaproblem wohl nicht, weil sofort vorrausschauend in saubere, nachhaltige Technik investiert und geforscht würde. Die Lösung muss leider die Schwächen der Menschen berücksichtigen.

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      • Ok, ich muss revidieren: Nicht alle Elektroautofahrer werden in Panik verfallen und in kopflosem Egoismus den Strom für sich hamstern. 😀 Gibt auch vernünftige Menschen und Unternehmen. Und egal wie viele das sind, jede Zahl größer als null ist besser als null. Von daher ist das doch ein sinniger Gedanke von dir. Es muss auf jeden Fall die Freiwilligkeit betont werden und auf Belohnung gesetzt werden.

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  5. Wie wäre es mit dem großangelegten Ausbau der Biogasanlagen. Weniger Tierfutter mehr Biomasse! Die Biomasse könnte auch saisonal gespeichert werden. Also im Sommer/Herbst ernten und auf Halde legen und zur Dunkelflautenzeit für viel Geld verstromen. Sinnvolles Standbein für vom Schweinepreis getriebene Landwirte.

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    • Antwort von Radio Eriwan: im Prinzip ja.
      Wenn ich mir hier ansehe, wieviele Rundballen auf den Feldern verrotten … da bin ich auch schon auf die Idee gekommen. Zumindest in ländlichen Regionen mit genug Platz zum Lagern, zum Verfeuern in Blockheizkraftwerken mit Nahwärme für kleinere Städte, wäre das als Baustein der Energiewende denkbar. Das Problem: so viel thermisch verwertbare Reststoffe haben wir nicht in der Landwirtschaft um ganz Deutschland damit zu versorgen. Und da gibt es sicher auch noch ein paar logistische und technische Probleme, aber prinzipiell zumindest als Teillösung denkbar.

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  6. Die hohen Preise sind ja immer nur an ganz wenigen Tagen im Stundenbereich angesiedelt, hat schon jemand mal die Stunden je Jahr 2018-2024 (das Jahr hat in der Regel 8760 Stunden) zusammengezählt, in denen der DayAheadPreis über 200 Euro/MWh war und dann je Jahr ins Verhältnis gesetzt, zu den Stunden in denen der DayAhead Preis im Jahr unter 10 Euro/ MWh war ??? Ich denke das wäre interessant für alle Interessierten, um einfach mal ein Gefühl dafür zu bekommen, was wirklich inzwischen (Ampel-Regierung) gut läuft bei der Energiewende. Klar den Stromgroßkonzernen passt es gar nicht, dass der durchschnittliche Strompreis nach den Rekordprofitjahren 22/23 (siehe RWE, e-on SE EnBW etcpp) in 2024 auf unter 78 Euro /MWh gefallen ist. (denn damit fällt auch deren Profite, Gehaltszahlungen der Vorstände und Aktionärsausschüttungen)

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