Über Gabor Steingarts groteske Thesen zu „Lebenslügen grüner Klimapolitik“

„Jan, du hast keine Ahnung, lies einfach bei Gabor Steingart nach, warum du falsch liegst!“, bekomme ich in letzter Zeit immer öfter als Ratschlag in festgefahrenen Diskussionen. Habe ich gemacht und nach der Lektüre von „Die drei Lebenslügen der grünen Klimapolitik“ bin ich angenehm bestärkt darin, in vielen Dingen goldrichtig zu liegen: Steingart wertet darin Daten falsch aus, fällt auf PR-Tricks von Herstellern rein und ordnet die Wucht technologischer Umbrüche nicht richtig ein.

Screenshot des Pioneer Briefing

Versteht mich nicht falsch, Regierungskritik ist ein wichtiger Bestandteil des Mediengeschehens, manche würden sogar sagen: Der wichtigste. Es ist gut und richtig, wenn Medien der Regierung auf die Finger hauen, aber dazu sollten die Kritiker idealerweise auch den Hauch einer Ahnung vom Thema haben. Das ist beim „Pioneer Briefing“ leider so gar nicht der Fall, hier werden peinlichste Anfängerfehler gemacht, die ich von einem Volontär am ersten Tag nicht erwarten würde.

Steingart verwechselt Tageswerte mit Monatswerten und merkt es nicht

Gabor Steingart war mal Chefredakteur und Herausgeber des „Handelsblatt“, wurde dann aber von Dieter von Holtzbrinck entlassen und hatte kurz Hausverbot in der Redaktion, was eine öffentliche Kontroverse auslöste. In der Rückschau scheint Holtzbrinck den richtigen Riecher gehabt zu haben, denn was Steingart da fünf Jahre später in seinem Morning Briefing verzapft, passt schlecht zu einer Finanzzeitung mit einem gewissen Anspruch:

Drei Lebenslügen der grünen Klimapolitik will er identifiziert haben. Bebildert ist das zwar mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in einer handwerklich schlecht gemachten Fotomontage, aber im Text wird das Ganze direkt ausgeweitet auf „die deutschen Energiepolitiker“, die ausschließlich „auf Irrwegen“ unterwegs seien. Also alle? Auch Peter Altmaier, Philip Rösler und Sigmar Gabriel inkl. der Staatssekretäre und Beratungsstäbe? Gut, an Selbstbewusstsein mangelt es Energie-Vollprofi Steingart offenbar nicht.

„Lebenslüge“ 1: Der Vorrang der erneuerbaren Energie sei teuer und im Winter extrem ineffektiv.

Bebildert ist die „Lüge“ mit einer verschneiten Photovoltaik-Anlage und einem Screenshot der Seite „Electricity Maps“, laut der der deutsche Strom… nun ja… braun ist. Für so neumodischen Kram wie konkrete Werte oder einen Link zur Grafik war keine Zeit, ein paar bunt eingefärbte Karten und eine Legende nach Farbschema müssen der Pioneer-Kundschaft hier reichen.

Es folgt der altbekannte Tenor aus einschlägigen Fossil-Kreisen, dass Deutschlands Strommix wegen der Erneuerbaren im gesamten Winter ganz furchtbar sei, dass diese durch Atomkraft ersetzt werden müssten und es werden unlautere Vergleiche gezogen, dass es in allen anderen Ländern viel besser laufe. Dazu werden die üblichen Kampfbegriffe wie „Flatterstrom“ und „Umweltsau“ bedient.

Leider wertet Steingart, laut dem sich ja alle anderen auf dem Irrweg befinden, hier hoffnungslos falsche Daten aus. Anstatt sich die Erzeugung der letzten 30 Tage anzusehen, auf denen seine Argumente beruhen, hat er nur die Daten eines einzelnen Tages berücksichtigt, obwohl die Schaubilder mit „Stromerzeugung in Europa der letzten 30 Tage“ beschriftet sind:

So ein Fehler kann passieren, besonders wenn man sich auf die grauenvolle Benutzeroberfläche der Seite Electricity Maps einlässt, bei der ein Klick auf die Schaltfläche „30 Tage“ die Daten des gestrigen Tages auf der Karte anzeigt. Wer aber auch nur halbwegs mit dem europäischen Strommix und den Mengengerüsten vertraut ist, dem wäre der Fehler sofort aufgefallen.

Dänemark mit einem schlechteren Strommix als Deutschland ihn im Jahresdurchschnitt hat? Das passiert vielleicht an vereinzelten Tagen mal, aber nicht auf Monatsbasis. Noch offensichtlicher: Der Ex-Chefredakteur des „Handelsblatt“ behauptet in der folgenden Grafik allen Ernstes, Deutschland hätte im vergangenen Monat (!) etwa 1.000 Gigawattstunden Strom verbraucht:

Niedlich, so viel verbraucht vielleicht Slowenien in einem Monat, aber Deutschland? Mit der Strommenge können wir gerade mal so Hamburg einen Monat lang versorgen, aber Deutschland benötigt insgesamt etwa 40 mal so viel Strom. Es ist, als würde Steingart seinen Enkeln für den Kinoabend 50 Cent in die Hand drücken und direkt ermahnen, nicht alles auf einmal auszugeben.

Es sind auch nicht die vier größten Quellen der Stromerzeugung zu sehen (er hat Wasserkraft und Biomasse vergessen) und natürlich auch nicht die von 30 Tagen, sondern mutmaßlich die des für Wind- und Solarstrom besonders schlechten 03.12.2023. Die tatsächlichen Anteile des November sahen so aus:

Steingart hat hier also weder einen Monat oder gar „den Winter“ betrachtet, wie er mehrfach behauptet, sondern hat sich einen Tag oder vielleicht auch nur einen Stundenwert mit besonders schwacher Leistung aus Wind- und Solarkraft ausgesucht. Das ist ein beliebter Trick auf Twitter, um die Energiewende schlecht zu reden, hat aber genauso wenig Aussagekraft, wie wenn ich die Daten des 02. Juli 2023 poste und aufgrund des hohen EE-Anteils behaupte, die Energiewende sei schon zu 84% abgeschlossen.

Wer wirklich wissen will, wie weit der Weg noch ist, muss sich die Werte des ganzen Jahres ansehen und die sind natürlich besser als der willkürlich gewählte Tag von Steingart. Diese Taktik nennt sich auch Rosinenpickerei. Mit ihr kann mittels einer 95 Jahre alten Kettenraucherin scheinbar belegen, Zigaretten seien nicht gesundheitsschädlich oder anhand von Dieter Bohlen argumentieren, Menschen in Niedersachsen machten grauenvolle Musik. Stimmt aber nicht, The Hirsch Effekt stammen aus Hannover und die machen feinsten Artcore.

Electrity-Maps-Screenshots von einzelnen Tagen haben wenig Aussagekraft

Aufgrund von Steingarts mangelhaftem Umgang mit Daten und Farben zerbröselt auch seine Behauptung, Deutschlands Strom sei zusammen mit dem von Polen der CO₂-intensivste ganz Europas im Winter. Selbst für seine im Screenshot zu sehende falsche Tagesauswertung stimmt das nicht, da haben Estland, Nordmazedonien, Kosovo und mutmaßlich auch Zypern schlechtere Werte als Deutschland.

Der kalendarische Winter hat hingegen nicht mal begonnen und das Winterhalbjahr misst man üblicherweise vom 01.10. bis zum 31.03. des Folgejahres – ein schwieriges Unterfangen Anfang Dezember. Aber selbst bei Betrachtung von Steingarts ungenauer, mit fragwürdigen Methoden rechnender Quelle Electricity Maps hatte Deutschland im November 2023* einen klimafreundlicheren Strommix als Polen, Tschechien, Bosnien, Serbien, Kosovo, Nordmazedonien, Bulgarien, Türkei und Zypern. Das war der Zeitraum, den er eigentlich auswerten wolle.
* Auf „12 Monate“ klicken und den Schieberegler auf November ziehen

Er behauptet weiter, die Kohle- und Gaskraftwerke liefen auf „vollen Touren“ und deswegen seien Menschen, die E-Autos oder Wärmepumpen nutzen, „Umweltsäue“. Anstatt so was aus bunten, schlecht geschätzten Europakarten abzuleiten, hätte er sich die prozentuale Volllast auch einfach von den Energy-Charts ausrechnen lassen können, und siehe da: Unsere Kohlekraftwerke waren in keinem November seit 10 Jahren so niedrig ausgelastet wie im Jahr 2023. Es hätte also keinen besseren November für E-Autos und Wärmepumpen gegeben als diesen.

Zwischenfazit: Steingart bezieht seine Aussagen auf vollkommen falsche Daten, und zieht daraus Schlüsse, die nicht mal die falsch erhobenen Daten zulassen.

„Lebenslüge“ 2: Der Ausstieg aus der Kernenergie wirft Deutschland technologisch zurück

Das kann man gerne so sehen, aber grün ist diese Lebenslüge nur, wenn man die Bundespolitik der letzten 15 Jahre verschlafen hat. Der Atomausstieg folgte ja nun mal einem Beschluss, dem im Jahr 2011 Union, SPD, FDP und Grüne zugestimmt haben. Der von Steingart zitierte Jens Spahn hat 2011 höchstselbst dafür gestimmt, alle deutschen Atomkraftwerke stillzulegen und hat danach in 10 Jahren Regierungsverantwortung nichts daran geändert:

Wenn Kernkraft also wirklich eine Renaissance erlebt, wie Jens Spahn zitiert wird, wieso hat er diese dann ignoriert, solange er mitregiert hat? Wieso wurden unter Philipp Rösler von der FDP dann die meisten Reaktoren stillgelegt? Oder gibt es die Renaissance erst seit der Ampel-Regierung? Unwahrscheinlich. Er behauptet:

„Derzeit gibt es 439 Kernkraftwerke in 32 Ländern, die rund zehn Prozent des weltweiten Stroms und etwa ein Viertel der kohlenstoffarmen Energie liefern. Weitere 62 neue Reaktoren werden weltweit gebaut, 110 befinden sich in der Projektierungsphase.“

Da Steingart konsequent auf Quellenangaben verzichtet, lässt sich schwer nachprüfen, warum seine Anzahl für die laufenden Reaktoren 27 über dem Wert des World Nuclear Industry Report liegt, aber immerhin stimmt hier die Größenordnung.

Generell vergisst er komplett zu erwähnen, dass „Projektierungsphase“ nicht heißt, dass diese Reaktoren tatsächlich alle gebaut werden. Projektiert wurden schon eine Menge Kraftwerke, bei denen am dann aber trotzdem nie ein Spatenstich erfolgte (Seite 67) – das hat allerdings weniger mit Atomkraft als generell mit Großprojekten und ihrer Finanzierung zu tun.

Ebenfalls wichtig zu wissen: Fast alle genannten Reaktor-Neubauten finden in Asien statt und stehen einer immer älter werdenden Atomkraft-Flotte im Westen gegenüber. Das Durchschnittsalter französischer Kernkraftwerke liegt bei 38 Jahren (Seite 115), das der 93 US-Reaktoren liegt bei 42 Jahren (Seite 206), während in beiden Ländern in Summe an zwei (!) Reaktoren gebaut wird:

Quelle (Seite 50)

In obiger Grafik könnt ihr das ganz gut sehen: Der Boom der Atomkraft fand im Westen in den 80er Jahren statt. Alter hingegen ist für Kernreaktoren ähnlich erstrebenswert wie für Kniegelenke, und so lagen die durchschnittlichen Ausfallzeiten der französischen Reaktoren bei 152 Tagen im Jahr 2022 Seite 108).

Die französische Atomstromproduktion lag daher letztes Jahr auf dem niedrigsten Stand seit 1993. Für das Jahr 2023 werden zwar bessere Werte erwartet, was dann aber auch nur den zweitschlechtesten Wert seit 1993 bedeutet:

Quelle (Seite 104)

Um eine echte Renaissance auszulösen, müsste der Zubau also dramatisch gesteigert werden. Die zusätzlichen geplanten 14 französischen Reaktoren werden die Alterung der bisherigen Kraftwerke nicht kompensieren könnten, so dass mit einem weiteren Rückgang der westlichen Atomstromproduktion zu rechnen ist.

Kleinere Reaktortypen, wie Polen sie bauen will, könnten eine Entwicklung in diese Richtung erleichtern, aber auch hierzu gibt es aktuell leider ein paar Rückschläge. Die Idee, diese Reaktoren seien dann in Kühlschrankgröße erhältlich, haben bislang auch eher mit Science Fiction als mit der Realität zu tun: Das IFE schätzt die Größe eines sogenannten Small Modular Reactor (SMR) in der Tat deutlich kleiner als den in einem konventionellen Kernkraftwerk, aber auch der Sicherheitsbehälter von NuScale ist 20 Meter hoch.

„Lebenslüge“ 3: Das Aus für den Verbrennermotor ist ein Jahrhundertfehler.

Auch hier stellt sich die Frage, was das mit den Grünen oder gar der deutschen Politik zu tun haben soll, befindet sich die Elektromobilität weltweit im Hochlauf:

Die größten Hersteller sind Tesla und BYD Aus China, die weltweiten Verkaufszahlen lassen wenig Zweifel, wie schnell der Markt wächst:

2021: 6,5 Millionen verkaufte E-Autos

2022: 10,5 Millionen verkaufte E-Autos

2023: 14,2 Millionen verkaufte E-Autos (geschätzt)

Und wir befinden uns immer noch am Anfang dieser Entwicklung. Höhere Produktionsmengen und verbesserte Batterietechnik werden die Stückpreise voraussichtlich weiter senken, so dass es richtig interessant werden könnte, wenn die ersten Kleinwagen auch in der Anschaffung günstiger sind als ihre Verbrenner-Pendants.

Gabor Steingart lässt sich Wachstumsraten aber nicht groß beirren, seine Logik ist folgende:

„Die globale Autoindustrie setzte 2022 über 71,7 Millionen neue Autos ab. Davon waren rund 8,7 Millionen rein elektrisch betrieben – also rund zwölf Prozent.

Das bedeutet: Die Elektrifizierung der gesamten globalen Fahrzeugflotte dauert viele Jahrzehnte – selbst bei einem zügigen Hochfahren der Elektroproduktion. Ein Rechenmodell verdeutlicht das Problem: Wenn im bisherigen Tempo weiter elektrifiziert wird, stünden nach 100 Jahren erst 870 Millionen reine Elektrofahrzeuge bereit, von denen allerdings zwei Drittel schon wieder verschrottet werden müssten, weil sie zu alt wären.“

Aua. Das liest sich wie der Auszug aus einer Beratungsmaßnahme für finanziell zu gut aufgestellte Unternehmen. Sie wollen Ihr Unternehmen zum nächsten Nokia machen? Kein Problem, unterschätzen sie einfach exponentielle Marktveränderungen und fragen Sie sich in zehn Jahren, warum niemand mehr ihre Produkte kauft.

In der Nokia-Zentrale in Espoo hätte Ende 2007 auch irgendein Vertriebsfuzzi zum anderen Vertriebsfuzzi sagen können „Ach, ich mache mir wegen des iPhones keine Sorgen, wir verkaufen im Jahr 440 Millionen Handys und Apple nur 1,4 Millionen. Bei der Geschwindigkeit dauert es ja noch hunderte Jahre, bis die so viel Geräte verkauft haben wie wir dieses Jahr. LOL“

The Pioneer Briefing ignoriert Strategien der großen Autokonzerne

Ja, aber nur bei der Geschwindigkeit, das ist ja der Witz. Steingart bemängelt, dass der Umstieg selbst bei einem „Hochfahren der Elektroproduktion“ 100 Jahre dauert, rechnet es dann aber, als frören die Verkaufszahlen jetzt für alle Zeiten auf den Werten von 2022 ein.

Der Witz bei technologischen Umbrüchen ist aber nun mal, dass die Produktionsgeschwindigkeit sich sehr stark ändert, so dass Nokia nur vier Jahre später nicht mehr Marktführer war. Apple hat nämlich bereits ein Jahr später 10 mal so viele Smartphones hergestellt und fünf Jahre später hundert mal so viel. Und boing, schon wurde das Vertriebsteam von Nokia bald kleiner.

Bei E-Autos wird es vermutlich nicht ganz so schnell gehen, weil der Lebenszyklus eines Autos in der Regel etwas länger dauert als der eines Smartphones, aber Zuwachsraten von 60% und 35% (Verkaufssteigerungen von 2021 auf 2022 und 2023) sprechen eine klare Sprache.

Hier noch ein kleiner Einwurf aus der BWLer-Ecke: Schrumpfende Märkte sind etwas, wobei Wirtschaftsfuzzies so gar nicht auf Touren kommen. Der Hochlauf eines neuen Produkts macht oft gleichzeitig die Produktion des alten schwieriger und teurer: Es gibt dafür dann weniger Investoren-Gelder, weniger Verkäufe bedeuten im Zweifel wieder höhere Stückkosten und gutes Personal, das zur Konkurrenz wechselt.

Ist also erst mal klar, dass das Ende einer Technologie gekommen ist, entsteht eine Art Abwärtsspirale, die den Umstieg dramatisch beschleunigt.

Fazit: Die drei Lebenslügen entpuppen sich bei näherer Betrachtung einfach als drei globale Wirtschaftstrends, die weder auf Deutschland noch auf grüne Politik beschränkt sind. Wind- und Solarstrom, Elektromobilität und Batteriezellen verzeichnen weltweit starkes Wachstum und werden von den mit Deutschland konkurrierenden Wirtschaftsräumen USA und China massiv staatlich gefördert, um die globalen Märkte der Zukunft zu dominieren.

Jetzt müsste nur noch irgendwer Herr Steingart informieren, dass die Grünen weder in den USA, noch in China oder einem der anderen Länder mit Hochlauf grüner Technologien regieren und auch nicht die vielen Firmen leiten, die gerade den Technologiewechsel vorantreiben. Seine Quellenauswahl offenbart eklatante Wissenslücken in Bezug auf die entscheidenden Mengengerüste und ein fehlendes Verständnis für exponentielle Entwicklungen.

Für die kommenden Umbrüche könnte ein Blick in Steingarts Morning Briefing aber durchaus einen Mehrwert bieten, indem ihr nach der Lektüre einfach das genaue Gegenteil von dem macht, was er empfiehlt.

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Hans-Werner Sinn wärmt seine Klimalügen von 2022 auf und alle fallen drauf rein

Naja, alle ist zum Glück übertrieben, aber gemessen daran, wie hoffnungslos unplausibel Sinns Gefasel mittlerweile ist, ist das Medienecho doch erstaunlich naiv und unprofessionell. Der Energiesektor wandelt sich gerade so rasant, große Verlagshäuser könnten eigene Fachzeitschriften nur zu den Entwicklungen von Traktionsbatterien oder Wärmesystemen herausgeben. Sie könnten spannende Interviews mit den führenden Köpfen der Speicherforschung führen oder mit Start-Up-Gründerinnen für neuartige Elektrolyseure. Oder oder oder.

Stattdessen werden einem emeritierten VWL-Professor wiederholt dieselben unkritischen Fragen gestellt wie in den vorangegangenen Jahren auch, die er vorhersehbar mit seinem Weltbild von 2003 beantwortet. Das ist journalistisch schon eine ziemliche Bankrotterklärung, weil dabei Nachrichten mit dem Neuigkeitswert null produziert werden. Man hätte auch Gargamel dazu interviewen können, was er von Schlümpfen hält oder Michael Wendler dazu, ob Deutschland ein Rechtsstaat ist.

Die von Sinn aufgestellten Behauptungen sind altbekannt und längst widerlegt:

1.: Sinn behauptet, sinkender Ölverbrauch hätte keine Klimaschutz-Wirkung

Ja, das ist schlicht Unfug. Seine Logik ist Folgende: Wenn wir in Deutschland weniger Öl kaufen, dann sinkt auch der Preis etwas. Das wiederum motiviert andere Länder dazu, mehr davon zu verbrauchen (ist ja dann etwas billiger), und zwar exakt so viel, wie wir in Deutschland eingespart haben. Und dadurch ändert sich am Ende gar nichts.

Das mag eine ganz witzige Theorie sein, auf deren Basis man auf VWL-Fachtagungen nerdige Diskussionen an der Hotelbar darüber führen kann, welche Auswirkungen irgendwelche fiktiven Spezialfälle in hätten. Aber die Realität sieht nun mal komplett anders aus. Zur Klarstellung für Fans von Hans-Werner: Realität, das ist dieses Ding, was man sieht, wenn man das Haus verlässt.

In dieser Realität gibt es das oben beschriebene Phänomen in dieser Form nicht bzw. es ist empirisch nicht nachweisbar. In dieser Realität gibt es nämlich andere lustige Sachen, z.B. die OPEC. Das ist die Vereinigung Erdöl fördernder Länder, also ein Preise absprechende, internationales Kartell, dessen Mitglieder sich mit den irren Gewinnen aus ihrem klimaschädlichen Geschäft gerne Ferraris, diamantbesetzte Handys und güldene Klobrillen kauft.

Problem aus deren Sicht: Wenn wir, die Erdöljunkie-Länder auf die verrückte Idee kommen, weniger Öl zu kaufen, dann geht der Preis runter und der saudische Prinz muss mit einem schnöden Smaragd-Handy vorlieb nehmen. Das ist natürlich vollkommen inakzeptabel, ein ordentlicher Prinz braucht schließlich ein paar dicke Diamanten auf dem Display. Um den steten Diamantenstrom aufrechtzuerhalten, macht die OPEC daher folgendes: Wenn der Ölpreis zu sinken droht, reduziert sie die Fördermenge und damit das Angebot auf dem Weltmarkt.

Das funktioniert so gut, dass manchmal schon das bloße Gerücht, die OPEC senke die Fördermenge, zu Preissprüngen führt. Wenn das nicht mehr ausreicht, wird die Fördermenge wirklich begrenzt und spätestens dann geht der Preis hoch. Bevor der Preis also gemäß Hans-Werner Sinns Logik so stark sinkt, dass andere Länder die fehlende Menge aus Deutschland einfach aufkaufen können, hätte die OPEC höchstwahrscheinlich längst Ferrari-erhaltende Maßnahmen getroffen – oder zumindest war das in der Vergangenheit so gut wie immer der Fall.

Und WENN der Preis tatsächlich doch so stark sinken sollte, dann hätte auch das Auswirkungen, weil manche Ölförder-Anlagen teurer sind als andere. Sinkt der Marktpreis etwa unter 60$ pro Barrel, lohnt sich das z.B. für viele Fracking-Firmen nicht mehr und sie gehen pleite. Wenn er noch stärker sinkt, dann gehen Raffinerien pleite und stehen erst mal nicht zur Verfügung.

Was es in der Realität auch noch gibt, sind Lagerkosten. Hans-Werner Sinn spielt ja immer wieder Hobbypsychologe und prophezeit, dass zu starke Klimamaßnahmen in Europa dazu führen, dass die Ölländer erst recht ganz viel Öl fördern werden, aus Angst, es später nicht mehr loszuwerden. Was mit der weltweiten Logistik passiert, wenn auf einmal extrem viel Erdöl auf wenig Bedarf trifft, konnten wir im April 2020 während der Corona-Pandemie beobachten: Die globalen Lagerkapazitäten waren so voll, dass der Ölpreis kurzzeitig negativ wurde. Keine Gute Idee, wenn eure Ölgewinne weiter den Ferrari-Fuhrpark unterhalten sollen.

Ach, und wäre es eigentlich sehr vermessen, wenn wir vom Ex-Präsidenten eines Instituts für Wirtschaftsforschung erwarten, sich mit aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen auszukennen? Sowohl Sinn als auch seine Fanboys und -girls auf Twitter und LinkedIn werden seit einer Woche nicht müde vor dass Alleingängen zu warnen. Es geht die Horror-Vorstellung um, dass die armen Deutschen extra auf E-Autos umsteigen und die anderen Länder einfach weiter Öl verfahren und uns auslachen.

Wäre das wirklich der Fall, dann wäre die Auswirkung auf die globalen Ölfördermengen in der Tat begrenzt. Wer sich aber auch mal andere Medien konsumiert als die in Energiefragen hoffnungslos überforderte Bild, merkt, dass diese Angst unbegründet ist. Alle großen, Auto produzierenden Länder stellen auf E-Antriebe um:

Der elektrische Anteil an Neuzulassungen steigt in den automobilen Kernregionen China, Europa und USA signifikant an, im ersten Halbjahr 2023 stiegen die elektrischen Zulassungen um 36 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022. Meistgekaufter Hersteller bleibt Tesla (+57 %), Chinas größter E-Auto-Konzern BYD legt mit +90 % aber kräftig zu. Beide Konzerne produzierten zusammen ein Drittel aller neuen E-Autos in diesen Regionen.

In Deutschland wurden 220.000 E-Autos zugelassen, das waren 19 Prozent aller Zulassungen. China hatte im gleichen Zeitraum mit 2,5 Millionen zugelassenen E-Autos einen Marktanteil von 23 Prozent und die USA hängt mit 7 Prozent noch hinterher. Zudem sind andere Länder und diverse Großstädte ambitionierter (Vorsicht, nicht alle Links sind in dieser Sammlung aktuell) beim Zulassungsverbot von Verbrennungsmotoren: Für sie ist zum Beispiel in Kalifornien ab 2035 Schluss und in der chinesischen Provinz Hainan ab 2030.

Die Sorge, Deutschland könnte als einziges Land auf E-Autos umsteigen, ist also ähnlich begründet wie die Sorge, dass nur Deutsche Brot essen. Im Gegenteil: Der Umstieg auf grüne Technologien ist zu einem Wettlauf geworden, in den andere Wirtschaftszonen riesige Geldsummen pumpen. Aktuell ist Deutschland noch gut aufgestellt, aber Angst machende Beiträge wie dieser von der Springerpresse machen es deutschen Firmen schwerer.

China hat längst erkannt, dass die westliche Dominanz in der Autobranche wackelt und dass konsequente Förderung von Batterietechnik eine wichtige Rolle spielt. Chinas größter E-Auto-Hersteller BYD plant bereits, auf den europäischen Markt zu drängen, hat einen Deal über 100.000 PKW mit Sixt abgeschlossen, und sucht parallel Standorte für Fabrik(en) auf dem europäischen Festland. Sinns Angst um die deutsche Industrie, weil deutsche Hersteller auf E-Autos umstellen, könnte also falscher nicht sein.

2. Sinn behauptet E-Autos würden den Klimawandel beschleunigen

Ja, richtig gelesen. Der Ex-Präsident des Ifo-Instituts tritt mit einer Position an, mit der er eine Podiumsdiskussion gegen eine Sechstklässlerin verlieren würde, solange sie nur Dreisatz beherrscht und über ein Kurzzeitgedächtnis verfügt. Auch sprachlich einfach unterirdisch, was er hier abliefert:

E-Autos sind keine Lösung! Der schmutzige Auspuff liegt nur etwas weiter entfernt im Kohlekraftwerk. Da der grüne Flatterstrom es vorläufig nicht schafft und die Atomkraftwerke abgestellt sind, bedeuten mehr E-Autos mehr Braunkohleförderung

BILD-„Zeitung“ vom 01.08.2023

Da der grüne Flatterstrom ES nicht schafft? Was genau schafft der nicht? E-Autos aufladen? Weil E-Autos allergisch gegen Solarstrom sind? Eine Kilowattstunde Solar- oder Windstrom ist nicht mehr oder weniger Energie als eine Kilowattstunde Atom- oder Kohlestrom. Bei Strom gibt es keine Güteklasse und der Strom aus einer Biogasanlage schmeckt auch nicht nach Himbeere.

Ja, ein E-Auto KANN den Braunkohleverbrauch erhöhen. Die Frage muss aber doch immer sein, um wie viel und ob das am Ende besser oder schlechter ist als ein Erdöl-Auto. Sorry, falls das hier jetzt rhetorisch langsam den Eindruck erweckt, als würde ich das Drehbuch für eine Folge Sendung mit der Maus schreiben, aber die Widerlegung eines VWL-Professors muss jetzt offenbar auch die absoluten Basics von Klimabilanzen abdecken.

Im Juli 2023 machte Braunkohlestrom nur noch 14 Prozent des deutschen Strommix aus (Im Jahresschnitt natürlich mehr), während sensationelle 70 Prozent des Mix EE-Strom waren. In den meisten Erdölautos wird hingegen 100 Prozent fossiler Kraftstoff verbrannt. Ferner haben E-Autos einen sehr guten Wirkungsgrad, das heißt die meiste der geladenen Energie wird auch wirklich in Bewegung umgesetzt, während ein deutscher Diesel-PKW 75% der im Kraftstoff gebundenen Energie in nutzlose Abwärme verwandelt. Ein E-Auto benötigt deswegen laut Spritmonitor etwa 175 Wattstunden Energie pro Kilometer und ein Diesel-PKW etwa 650 Wattstunden pro Kilometer.

Na, ob batterieelektrische Autos bei diesen Voraussetzung die klimafreundlicheren sind? Und ist der Papst eigentlich katholisch? Ja und ja (ersteres zumindest ganz sicher). Auf 10.000 Kilometern emittiert ein Verbrenner-PKW nach den oben genannten Verbrauchsdaten eine Tonne CO2 mehr als ein gleich großes Batterieauto, selbst wenn letzteres den ganz normalen Strommix lädt.

Und ja, die Batterieproduktion verursacht mehr CO2 als ein Verbrenner-Antriebsstrang, aber das holt das E-Auto eben schnell wieder auf. Mit allen Treibhausgasen für Herstellung, Gebrauch und Entsorgung geht selbst die jüngste Studie des ADAC davon aus, dass das E-Auto den Klimarucksack nach 45.000 bis 60.000 km wieder eingefahren hat. Und auch das gilt nur in der pessimistischen Annahme, dass wir wenig Erneuerbare zubauen und E-Autos Strommix laden. Wer Solarstrom vom eigenen Dach lädt, ist nach 25.000 bis 30.000 Kilometern besser als das Erdöl-Pendant.

Quelle ADAC

Und wie sieht Hans-Werner Sinns Rechnung aus? Tja, die gibt es leider nicht. Der VWL-Professor ist sich für Rechnen mittlerweile offenbar zu schade und hat sich stattdessen dem professionellem Schätzen zugewandt. Und so schätzt er einfach, dass das E-Auto schon ab einem einzigen Prozent Kohlestrom im Netz gegen den Verbrenner mit 100 Prozent fossilem Erdöl verliert. Tja, und ich schätze, das ist absoluter Mumpitz.

Witzig daran ist übrigens, dass Sinn sich hier komplett selbst widerspricht, denn was in Punk 1 für Öl gilt, müsste ja auch für Kohle und Gas gelten: Wenn ich mit meinem E-Auto keinen Kohlestrom lade bzw. wenn wir die den Kohlestrom für die Batterieherstellung einsparen, dann geht der Weltmarktpreis für Kohle etwas runter und dann kaufen diese Kohle doch einfach andere Länder und verbrennen sie selbst! Wieso sollen wir auf E-Autos verzichten, nur damit andere Länder dann den Kohlestrom verbrauchen, den wir mühevoll eingespart haben (natürlich wäre auch diese Behauptung hoffnungslos unterkomplex, zumal speziell Braunkohle für den Transport eine zu geringe Energiedichte hat)?

3. Strohmannargumente, Falschaussagen und Uninformiertheit

Sinn recycelt sein eigenes Argument „Wenn wir es nicht verbrennen, verbrennt es jemand anders“ für Wärmepumpen und plädiert für den weiteren Einsatz von Heizöl, solange die anderen Länder bei der Umstellung nicht mitmachen. Surprise: Die anderen Länder machen nicht nur mit, die sind viel schneller als wir (die USA lagen 2022 bei 33,2 Einheiten pro 1.000 Haushalte):

Quelle: European Heat Pump Association

Strohmannargument: „Wind- und Sonnenstrom werden uns nicht alleine versorgen.“. Das ist richtig, nur hat das auch niemand ernsthaft behauptet. Sinn scheint nicht vertraut mit den großen Studien zum Umbau des Energiesystems in Deutschland, die alle von einem Energiemix aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse, Geothermie, Batteriespeichern, Pumpspeichern, Wasserstoff- oder E-Methan-Kraftwerken ausgehen.

Sinn behauptet, Deutschland hätte mit Dänemark die höchsten Industrie-Stromkosten der Welt. Das ist falsch, der Preis für deutschen Industriestrom lag in der zweiten Hälfte von 2022 knapp unter EU-Schnitt:

Quelle: Eurostat

Auch beim Börsenstrompreis im Jahr 2023 steht Deutschland gut da:

€/MWh, Quelle: Fraunhofer ISE Energy-Charts

Sinn behauptet, grüne Technik könne nur funktionieren, wenn die EU sich mit den USA und China zu einem Klimaklub verbinden. Sonst ginge Deutschland ganz allein voran und die anderen Länder würden daraus dann fossile Profit ziehen und so könnte man „die OPEC nicht bezwingen“.

Dass grüne Technik in diesen anderen Ländern längst das Geschäftsmodell wachsender, auf den europäischen Markt drängender Konzerne geworden ist, scheint er nicht mehr mitzubekommen. Die Umstellung der Automobilindustrie ist längst beschlossene Sache, alle Hersteller gehen diese Weg. An wen genau die OPEC in dieser Zukunft all das Öl verkaufen will, das laut Sinn ja am besten in den Tanks deutscher PKW herumschwappen sollte, wird hier nicht beantwortet.

Fazit:

Ginge es Hans-Werner Sinn wirklich um gute Argumente, würde er seine Thesen in wissenschaftlichen Journals veröffentlichen und mit dem Forschungskollegium diskutieren. Dass diese Aneinanderreihung gefühlter Wahrheiten stattdessen nur noch von der Boulevardpresse abgedruckt wird, hat einen Grund. Das Niveau der Bild ist seit Jahren schon unterirdisch und vielleicht auch noch motiviert von den Beharrungskräften der Fossilwirtschaft, gehört sie zu großen Teilen KKR, einer der größten fossilen Investmentgesellschaften.

Es ist nicht die Frage, OB Erdgas, Erdöl und Kohle abgelöst werden, sondern wann. Für die großen Konzerne geht es hier immer noch um Milliarden Euro, da sind kreative Argumente gefragt. Dass diese nun ausgerechnet die Sorge vor sich hertragen, Deutschland könne durch zu ambitionierte Klimapolitik wirtschaftlich abgehängt werden, ist an Zynismus kaum noch zu steigern.

Deutschland hat kaum noch ökonomisch nutzbare fossile Lagerstätten und kann stattdessen mit seinem Erfindungsreichtum und seinen vielen innovativen Unternehmen ganz vorne mitspielen in einer nicht-fossilen Welt, während die Öl- und Gasländer immer mehr Bedeutung verlieren werden. Eine der größten Gefahren bei dieser Umstellung sind Ökonomen, die uns einreden wollen, möglichst lang an alten sterbenden Systemen festzuhalten.

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Dieser Text wäre nicht zu Stande gekommen, wenn mich nicht viele großzügige Menschen unterstützen würden, die zum Dank dafür in meiner Hall of Fame aufgelistet sind.

Damit der hiesige Blogger sein Leben dem Schreiben revolutionärer Texte widmen kann ohne zu verhungern, kannst Du ihm hier ein paar Euro Unterstützung zukommen lassen. Er wäre dafür sehr dankbar und schreibt dann auch endlich wieder mehr.

Best of Social Graslutsching Vol. 1

Okay, für den Fall, dass ich gerade mit dem Handy in der Badewanne liegt und euch fragt, was zur Hölle nochmal Social Graslutsching sein soll, macht noch etwas warmes Wasser und mehr Schaum rein. Es ist so: Auch wenn es hier im Blog gerade aussieht, als sei ich ein stinkefauler Typ, der nach einem Artikel erst mal einen Monat Pause macht, so habe ich in der Zwischenzeit viel geschrieben. Es ist nur leider hier auf dem Blog wenig davon zu sehen – Zeit, das zu ändern.

Ich hatte leider immer schon die Tendenz, „mal eben schnell“ eine Erwiderung auf irgendeinen ärgerlichen Post in Social Media zu schreiben zu wollen, um dann jedes Maß zu verlieren. Am Ende wurde dann aber aus einem kurzen Dreizeiler ein zwei Seiten langes Word-Dokument mit 20 Quellenverweisen, dessen Inhalt ich als Kommentar unter irgendeinen Beitrag auf Facebook kopierte.

Ja, das war immer schon recht putzig, denn der Facebook-Algorithmus wusste mit meinen elaborierten Antworten ungefähr so viel anzufangen wie ein Steinzeitmensch mit einer Vivaldi-CD. Da „Facebook-Algorithmus“ ein wirklich sperriges Wort ist und keine Lust habe, es hier im Text noch mehrmals zu benutzen, nenne ich ihn fortan einfach „Algi“.

Algi war es nämlich vollkommen egal, wie zutreffend oder liebevoll geschrieben eine Antwort war, für ihn zählte nur, WANN ein Kommentar verfasst wurde. Die ersten Kommentare bekommen aus naheliegenden Gründen vor allen anderen ein paar Likes, wodurch Algi sie automatisch als „relevanteste“ Kommentare ganz oben platziert. Das führt zu noch mehr Likes, was wiederum in noch mehr „Relevanz“ mündet und so ersetzte Algi das Motto „Eile mit Weile“ durch „Scheißegal, schreit einfach irgendwas rein, Hauptsache schnell!“.

Unter einem Facebook-Posts vom ZDF-Heute-Account, der fragt, ob die Tiere in der 99-Cent-Wurst eigentlich ihrer Würde beraubt werden, standen typischerweise ganz oben die Kommentare „Ich mag Wuäs!“, „höhö Vegetaria essen mein Essen das Essen weck!! *Smiley der vor Tränen lacht*“ und ein Rezept für Hackbraten. Mein feinsinniger 1.000-Zeichen-Kommentar, der eine elegante Schleife über Kants kategorischen Imperativ zieht und dennoch komplett als Jambus formuliert ist, fristet hingegen ein trauriges Dasein im schummrigen Kommentare-Keller.

Klar, denn bis ich den zu Ende geschrieben hatte, zählte das Hackbratenrezept schon mehrere tausend Likes und Herzchen. Dass ich erst dann noch was Schlaues kommentierte hatte die gleiche Wirkung als wenn ich während dieser berühmten Floskel „Dann möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen!“ bei einer Trauung einschlafe, 4 Stunden später aufwache und „Ja, ich! Cynthia, heirate mich und nicht diesen albernen Schnösel!“ in einen leeren Kirchensaal schreie.

Ja, das konnte schon frustrierend sein. Die meisten normalen Menschen haben dieses Vorhaben nachvollziehbarerweise längst aufgegeben und Facebook bei seiner Evolution in Richtung einer digitalen Kloake nur noch passiv zugesehen. Nun aber hat Algi sich vollkommen unerwartet besonnen – womöglich war er auf einem 4-wöchigen Retreat auf Bali mit Yoga und grünen Smoothies – und die bisherige „Ich belohne den lautesten Schreihals“-Strategie etwas aufgeweicht.

Vor ein paar Monaten hat Facebook meinen Account nämlich ins neue Design überführt und dabei eine kleine Änderung vollzogen: Fortan konnten meine Follower sehen, wenn ich irgendwo kommentierte. An dieser Stelle ein fettes Sorry an alle Menschen, die meiner ausführlichen Diskussion über die korrekte Nutzung von Pömpeln in Camping-Toiletten beiwohnen mussten. Ich werde solche eher delikaten Themen in Zukunft über den Privataccount abknuspern.

Das bedeutet: Es spielte keine Rolle mehr, wann ich mit meinem Kommentar fertig war. Hatte ich was gutes geschrieben, flogen mir spontan ein paar hundert Likes zu und Algi dachte nur „Boah, das ist ja so relevant! Ich muss allen Jans super-relevanten Kommentar ganz oben anzeigen!“. Das war dann schon lustig, wenn selbiger am Ende manchmal sogar mehr Likes hatte als der eigentliche Beitrag, auf der er sich bezog. Nein, sonderlich gerecht ist das immer noch nicht, denn wer nicht zufällig viele tausend Follower hat, dessen Kommentare unterliegen weiterhin der Schreihals-Regel.

Dennoch habe ich das natürlich ausgenutzt und mich in ein paar Diskussionen eingeklinkt, in denen ich unter „normalen“ Umständen keinen Stich mehr gemacht hätte. Damit Ihr auch außerhalb von Facebook etwas davon habt, stelle ich hier ein paar davon vor, denn laut einer Menge privater Nachrichten sind dieselben Fake News auch per WhatsApp oder anderen Medien im Umlauf, so dass ein kurzer, außerhalb von den Datenkraken verfügbarer Link zur Entkräftung gewünscht wurde.

Wenn euch das gefällt, mache ich gerne noch ein paar weitere Teile, Futter dafür gibt es genug.

Thema 1 (weil noch am aktuellsten): Was machen wir bei Hochwasser mit diesen blöden E-Autos, liebe Grünen?

Das war echt ulkig – noch während große Teile der CDU darauf pochten, dass jetzt bitte niemand die Flutkatastrophe politisch instrumentalisieren solle, war die AfD schon drei Schritte weiter und verbreitete auf ihren Kanälen wütende Anschuldigungen an die Grünen. Userin Anns übernahm das und formulierte zum Bild zweier Einsatzfahrzeuge, die in tiefem Brackwasser unterwegs waren:

„Stellt euch mal vor, künftig werden bei solchen Katastrophen nur noch E-Autos eingesetzt. Da würden mal kurz ein paar Funken sprühen, es gäbe einen Kurzschluß (sic) und das war’s dann.“

Ihr Beitrag wurde knapp 90.000 mal geteilt, worauf ich eine in der Sache recht scharfe, aber sachliche Antwort verfasste. Die kam ganz gut an, immer mehr kritische Kommentare sammelten sich unter Annas Beitrag und so löschte sie den ganzen Schund dann irgendwann (yeah).

Die AfD hingegen machte weiter. Sie brachte sogar das Kunststück fertig, sich über Instrumentalisierung zu beschweren und gleichzeitig zu instrumentalisieren. Ein besonders schrulliger Landtagsabgeordneter hatte sowohl den Vorwurf als auch dieses beknackte Bild mit den beiden Notfallfahrzeugen im Hochwasser in seinem Profil – ja was denn jetzt?

Ich hatte meinen Kommentar glücklicherweise noch gespeichert und so veröffentlichte ich ihn einfach am 20. Juli auf meiner Facebook-Seite. Einige Männer machte das so wütend, die kommentieren da immer noch 😂.

Falls ihr also das gleiche Bild in eurer Familien-Whatsapp-Gruppe oder über den Email-Verteiler des Fußballvereins zugeschickt bekommen habt und dachtet „Hmmm, klingt irgendwie komisch, aber ich habe jetzt keine Zeit dafür, das zu prüfen“, hier noch mal in Kurzform, warum dieser Vorwurf wirklich ganz schriller Nonsens ist:

1.: Verbrennungsmotoren und Hochwasser sind in der Regel eine eher schlechte Kombination. Eine Fahrt durch sehr hohes Wasser können entsprechende Notfall-Fahrzeuge nur bewerkstelligen, wenn die für die Verbrennung benötigte Luft (wie auch bei Jeeps) mittels eines Schnorchels auf Höhe des Daches angesaugt wird.

Wenn ihr mit einem normalen Erdöl-Auto in so hohes Wasser fahren wollt, dann packt schon mal die 112 in den Nummernspeicher, ihr werdet sie brauchen. Der Motor eines gewöhnlichen 3er BMW saugt dann nämlich schnell Wasser an und was dann passiert könnt ihr unter „Wasserschlag“ bei Wikipedia nachlesen.

2.: Hey, wir haben 2021, bedeutet: Batterien und Stromkreisläufe kann man isolieren (in echt). Wäre das nicht so, würde auf dem Bild ja auch das Blaulicht nicht funktionieren, das über eine konventionelle Autobatterie Strom zieht. Oder meint ihr der Beifahrer tritt in ein paar Pedalen und lässt das Licht per Dynamo leuchten?

3.: Auch E-Autos werden entsprechend isoliert, aus naheliegenden Gründen insbesondere die Traktionsbatterie (mit der das Auto fährt), so dass die zuallerletzt aufgeben würde, wenn der Innenraum längst durch undichte Stellen oder die Belüftungsanlage vollgelaufen ist. In der Praxis kommen diese Autos daher noch am besten durch stark überflutete Straßen:

4.: Am Verbrennerausstieg sind die Grünen aktuell gar nicht beteiligt, wer regiert dieses überflutete Land denn seit 16 Jahren? Den Ausstieg forcieren die Autofirmen aktuell selbst, weil sie wissen, dass es für sie sonst eng wird bzw. andere Länder und die EU tun das.

5. Wo lädt man E-Autos bei Stromausfall auf? Am besten dort, wo es noch Strom gibt, also in diesem Fall zwei, drei Orte weiter. Selbst in den ländlichen Gebieten gibt es im Umkreis von 10 Kilometern mehrere Ladestationen. Sollte der Stromausfall ein zu großes Gebiet betreffen, wäre das im Prinzip eher ein Argument für eine dezentrale Stromversorgung mittels Wind- und Solarkraft an möglichst vielen Orten als gegen E-Autos.

Eine überflutete Tankstelle bringt euch außerdem genau so wenig wie eine überflutete Ladestation, denn auch die Pumpen der Zapfsäulen funktionieren bei einem Stromausfall nicht mehr.

Für alle, die das gerne ausführlicher nachlesen möchten, sei mein Artikel beim Volksverpetzer ans Herz gelegt. Bei Fake News mit so hoher Verbreitung ist ein Artikel dort das beste Mittel, denn meine Replik war nach Veröffentlichung (laut 1000flies.de) der zweitmeist gelesene/geteilte Artikel im deutschsprachigen Netz (yeah).

Da gehe ich auch darauf ein, dass U-Boote elektrisch funktionieren und wie heuchlerisch die AfD sich dieser albernen Geschichte bedient und dass die patriotischen Verteidiger des Dieselantriebs offenbar keinen Dunst haben, wie so ein Dieselmotor eigentlich funktioniert.

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Dieser Text wäre nicht zu Stande gekommen, wenn mich nicht viele großzügige Menschen unterstützen würden, die zum Dank dafür in meiner Hall of Fame aufgelistet sind.

Damit der hiesige Blogger sein Leben dem Schreiben revolutionärer Texte widmen kann ohne zu verhungern, kannst Du ihm hier ein paar Euro Unterstützung zukommen lassen. Er wäre dafür sehr dankbar und würde Dich dann ebenfalls namentlich erwähnen – sofern Du überhaupt willst.

Wie der BR ein bayerisches Wunderauto bewirbt und komplett zu fragen vergisst, wo eigentlich der Treibstoff dafür herkommen soll

Seit hierzulande immer mehr Menschen bewusst wird, dass der Verbrennungsmotor im PKW eine aussterbende Technologie ist, haben die meisten Deutschen 3 große Sehnsüchte: 1. Das Bernsteinzimmer wiederfinden 2. Gegen Italien ein Fußballspiel gewinnen 3. Der Welt wieder zeigen, was für prima, moderne Autos wir bauen können.

Die Seele der deutschen Autonation hat stark gelitten, seit sie in aller Welt zuerst mit Abgasbetrügereien in Verbindung gebracht wurde und nun im eigenen Heimatmarkt von der Gigafactory eines unscheinbar wirkenden Südafrikaners in ihren Grundfesten erschüttert wird. Konnte ein BMW-Logo vor ein paar Jahren noch so manchen beeindrucken, wird das Anfahren mit röhrendem Auspuff mittlerweile von vielen jungen Menschen mit einem gelangweilten „Fährt das Ding etwa mit Benzin?“ quittiert, ähnlich den Kindern, die Marty McFly in Zurück in die Zukunft II fragen, ob man das Videospiel echt mit den Händen spielt.

Seitdem gibt es quasi wöchentlich Berichte von angeblich neuen, revolutionären Antriebskonzepten, die in den Kommentarspalten geradezu euphorisch gefeiert werden. Zwischen Theorie und Praxis liegen allerdings Welten, so dass es allein unter meinen Artikeln zu Batterieautos mittlerweile mehr Kommentare gibt, laut denen Wasserstoff die viel bessere Antriebstechnologie sei, als in ganz Deutschland überhaupt echte Wasserstoffautos zugelassen sind (Stand März 2021 waren das insgesamt 808 dieser Fahrzeuge).

Nun hat der Bayerische Rundfunk den nächsten Hoffnungsträger aus der Taufe gehoben: Das bayerische Wunderauto von Roland Gumpert aus Ingolstadt fährt elektrisch, hat (laut diesem) 800 Kilometer Reichweite und kann wie ein herkömmliches Auto betankt werden. Klingt ja erst mal großartig, aber was ist der Nachteil?

Laut Christoph Arnowski, dem Autoren dieser Geschichte, gibt es keinen. Entsprechend provokant raunt er zu düsterer Musik „oder wollen Politik und Industrie gar keine weitere Innovation“ ins Mikrofon. „Schließlich wurden in den letzten Jahren zig Milliarden Euro in das batterieelektrische Auto investiert“.

Die Geschichte, die Arnowski hier glaubt entdeckt zu haben, ist folgende: Sympathischer, integrer Ingenieur aus Bayern erfindet in der eigenen Garage einen das Klima rettenden Wunderantrieb, aber böse Konzerne und Politik folgen ihrer ideologischen

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Meine unerfreuliche Kurzstreckenfahrt im Erdölauto

Der große Graslutscher-Fahrtest! Von Wiesbaden nach Mainz mit einem Erdölauto – kann das gutgehen?

Auto-Praxis-Tests sind ja das große Ding im seriösen Journalismus, und nachdem Thomas Geiger für den Spiegel im E-Auto von München nach Zagreb gefahren ist und anschließend wie eine hängende Schallplatte von guten Dieseln schwärmt, haben wir mal den Gegentest gemacht. Sind Dieselautos wirklich schon marktreif und können im Alltag überzeugen?

Diverse Autohersteller und andere Firmen bedrängen einen ja förmlich, diese Technologie einmal auszuprobieren, weil sie angeblich so sauber und komfortabel ist. Also mieten wir uns für unseren Trip das beste, was die deutsche Automobilindustrie zu bieten hat: Einen Audi Q7. Mit einem Kindergeburtstag geht es damit zur 15 km entfernten Trampolinhalle.

Doch schon vor dem Einsteigen kommt gleich die erste Enttäuschung: Es herrschen 34 Grad im Schatten, und ich kann in diesem Gefährt im Wert von 85.000 Euro nicht per App die Klimaanlage einschalten. Also laufe ich extra umständlich zum Auto hin, um das zu erledigen. Darin herrschen Temperaturen wie im Schicksalsberg von Herr der Ringe. Gut, wenn man mal Saurons Ring vernichten möchte, schlecht, wenn man einen geschäftlichen Termin wahrnehmen will.

Mir bricht am ganzen Körper der Schweiß aus, und der Knopf für die Klimaanlage funktioniert nicht. Also erleide ich beim Öffnen des Handschuhfachs eine Verbrennung dritten Grades und schnappe mir die Gebrauchsanweisung. Ah, man muss extra den Motor einschalten, um die Klimaanlage zu nutzen, wie unpraktisch. Gut, also Motor an.

Das ganze Auto fängt auf einmal an zu vibrieren und zu wackeln und verursacht eine Geräuschkulisse, die ungefähr so charmant daherkommt wie ein Laubbläser am Sonntagmorgen. Meine Nachbarin guckt genervt über die Hecke, die Kinder an der Straße rümpfen die Nase, denn aus dem Auto entsteigen seltsame Dämpfe und

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Was der BR als „scharfe Kritik der Wissenschaft“ bezeichnet, stellt sich als Meinung von Forschenden mit Interessenkonflikt heraus

Seit 14 Tagen finde ich mit schöner Regelmäßigkeit den Link zum immergleichen Artikel des Bayerischen Rundfunks mit der Überschrift „E-Mobilität: Scharfe Kritik der Wissenschaft an einseitigem Kurs“ in meinem Postfach. Kombiniert ist das meist mit einem Ausruf von Triumphgefühl nach dem Motto „Da siehst du mal, ich fahre weiter Diesel!“ oder „So, was ist jetzt mit deinen elektrischen Spielzeugautos?“.

Tja, was soll ich sagen, da bin ich mit „meinen“ Autos ja wohl ganz schön angeschmiert und verzweifelt, zumindest wenn ich ganz kurz komplett ausblende, dass ich gar kein Auto mehr habe. Das ist so ein unpraktischer Nebeneffekt eines Medien-Watchblogs: Ich reagiere meistens auf den größten Unsinn im Netz, und der fokussiert sich aktuell stark auf E-Mobilität. Eigentlich würde ich ja gerne mal was zur Verkehrswende selbst schreiben, also dazu, wie Kommunen zu weniger Autos kommen. Ich warte also sehnlichst auf die Artikel, laut denen wir bitte noch viel mehr Autos in unseren Städten brauchen *händereib*.

Bis es soweit ist, schauen wir mal, was die „Wissenschaft“ laut BR so alles an E-Autos kritisiert. Und dazu muss man sich zunächst ansehen, wer oder was denn „die Wissenschaft“ überhaupt sein soll. Hält die wissenschaftliche Community jetzt regelmäßig Besprechungen ab wie beim Rat von Elrond, um zusammen ein paar griffige Presseerklärungen zu formulieren? Könnte ja schon rein logistisch eine Herausforderung sein bei 480.000 Forscher:innen in Deutschland. Wer schmiert die ganzen Häppchen für so viele Menschen?

Bei genauerem Hinsehen stellt sich dann auch heraus, dass es sich nicht wirklich um eine offizielle Verlautbarung aller Wissenschaftler:innen handelt, sondern um einen offenen Brief von nur 59 davon (mit dem etwas sperrigen Titel „Offener Brief an die Bundesregierung wegen drohender Verfehlung der langfristigen Klimaschutzziele im Verkehr aufgrund unzureichender Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote“. Um einen Brief also, der von einem Achttausendstel der deutschen Wissenschaftsgemeinde unterzeichnet wurde. Das ist also nicht wie der Rat von Elrond, sondern eher

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Über Sahra Wagenknechts mangelhafte Ansätze zur Lösung der Klimakrise

So, jetzt ist es passiert, ich darf mich in meinem Blog über absurden Klimaunsinn aufregen, den zur Abwechslung mal eine eindeutig links eingestellte Person von sich gegeben hat. Das ist einerseits enttäuschend, weil jede Multiplikatorin absurder Klimaverharmlosung eine zu viel ist, andererseits vielleicht eine Chance zu zeigen, dass auch wir linksgrün versifften Vegan-Blogger:innen Kritik da üben, wo sie notwendig ist. Ja, ich hacke hier oft auf der FDP und der CDU herum, aber nicht, weil ich das so gerne mache, sondern weil von denen leider überdurchschnittlich oft absurde Aussagen zu Klimafragen kommen.

Mir wäre es ja lieber, wenn alle Parteien den Ernst der Lage anerkennen würden und das Problem genauso konsequent angingen wie die Weltgemeinschaft 1987 das Ozonloch. Da haben ein republikanischer US-Präsident und ausgerechnet die Eiserne Lady Thatcher das Montreal-Protokoll mitinitiiert, das dann von der deutschen Kohl-Regierung ratifiziert wurde. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Vielleicht herrschte auch deshalb so viel Einigkeit, weil niemand etwas auf die persönlichen Ansichten von Politikwissenschaftler:innen oder sonstigen fachfremden Personen zur Wechselwirkung von FCKW-Molekülen gab, wer weiß.

Oder lag es daran, dass Thatcher Chemikerin war? Tja, selbst wenn, auch das Physikstudium von Frau Dr. Merkel hat leider nicht verhindert, dass ihr Energieminister die Windkraft ausbremst. Wie auch immer, es war offenbar allen klar, dass dieses Problem schnell gelöst werden muss und dass es eigentlich keine konservative, also die Schöpfung bewahrende Position sein kann, die schützende Ozonschicht gegen ein paar

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Les cinéastes d’ARTE veulent maintenant résoudre la crise climatique en abandonnant l’énergie éolienne et les voitures électriques

Non, ce titre n’est ni appât à clics, ni exagération, mais bien le message immédiat du documentaire „La face cachée des énergies vertes“, réalisé par ARTE. Le titre a été traduit très librement pour le public allemand de „La face cachée des Énergies vertes“ à „Umweltsünder E-Auto?“ (Pollueur – voiture électrique?).  Le sujet, produit par Jean-Louis Pérez et Guillaume Pitron, est sous-titré „Le revers de la révolution énergétique – une enquête“.

C’est doublement trompeur, il s’agit ici de bien plus que de simples voitures électriques.  Et franchement, le point d’interrogation aurait dû être remplacé par 3 points d’exclamation, car à la fin des 89 minutes, il ne reste rien de l’apparente ouverture quant aux résultats, supposée dans le titre en Allemand. Pendant la rédaction de ce texte, le documentaire a été visionné plus de 500.000 fois sur YouTube. Cette œuvre apparait comme le petit frère européen de l’absurde „docutainment“ de Michael Moore „Planet of the humans“.

Il y a plusieurs parallèles entre les deux productions : toutes deux tentent d’aborder le problème extrêmement complexe d´une économie mondiale durable. Néanmoins, les deux films ne donnent la parole à aucune des personnes ayant quelque chose de solide et fondé à dire sur le sujet. Au contraire, on nous y présente une multitude de pièces du puzzle sans pour autant réussir à les assembler en une image globale sensée. Pour les déclarations à caractère scientifique, il n’existe aucune source ou alors des sources anciennes, on nous balance des termes bien trop simplistes comme „vert“ et „propre“, qui accompagnés de musique lugubre, dégagent un maximum d´atmosphère anxiogène.

Si je voulais énumérer toutes les erreurs que l´on peut trouver dans „La face cachée des énergies vertes“, il me faudrait probablement écrire une série de dix articles. Mais ce ne serait pas très accessible, et on risquerait de s’ennuyer dès la troisième partie, car les épisodes du film ARTE alignent une série de répétitions de la

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Nachlese zum ARTE-Film: Wie das Internet auf „Umweltsünder E-Auto?“ reagiert hat

Zum ARTE-Film „Umweltsünder E-Auto?“ und meinen entsprechenden Artikel dazu von letzter Woche gab es so viel Feedback und Updates, dass ich beides hier in einem eigenen Nachlese-Artikel sammeln möchte. Trotz der Länge des Films gibt es nämlich heute schon mehrere kritische Stimmen, die es alle verdient haben, gehört zu werden und die ich deswegen hier aufliste. Ich aktualisiere die Liste dann, wann immer etwas neues dazu veröffentlicht wird. Abschließend gehe ich noch auf die häufigste Kritik zu meinem Artikel ein.

Medienrezeption von „Umweltsünder E-Auto?“:

Das Wichtigste zuerst: Arte hat reagiert und am vergangenen Freitag Abend auf Twitter mitgeteilt, die Kritik an die zuständige Redaktion weitergeleitet zu haben und die voraussichtliche Antwort dann zu

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ARTE-Filmemacher wollen die Klimakrise jetzt durch Verzicht auf Windkraft und E-Autos lösen

Uff, so einen langen Text müsst ihr jetzt lesen? Nein, müsst ihr nicht, ihr könnt ihn auch bequem hören, und zwar hier:

Nein, mein Titel ist weder Übertreibung noch Clickbait oder rhetorische Zuspitzung, sondern die unmittelbare Botschaft der seit 6 Tagen bei ARTE zu sehenden Dokumentation „Die verborgene Seite der grünen Energien“. Komisch, Eure Google-Suche findet unter diesem Namen gar nichts? Das mag daran liegen, dass man den Titel für das deutsche Publikum sehr frei von „La face cachée des Énergies vertes“ zu „Umweltsünder E-Auto?“ übersetzt hat. Der von Jean-Louis Pérez und Guillaume Pitron produzierte Beitrag hat in der Mediathek noch den Untertitel „Die Kehrseite der Energiewende – Eine Spurensuche“ spendiert bekommen, der YouTube-Upload muss aber ohne auskommen.

Das ist schon doppelt irreführend, denn hier geht es um weit mehr als nur um E-Autos, und das Fragezeichen hätte ehrlicherweise durch 3 Ausrufezeichen ersetzt werden müssen, denn von der scheinbaren Ergebnisoffenheit dieses Titels ist nach 89 Minuten nichts mehr übrig. Das Ganze ist beim Verfassen dieses Textes allein auf YouTube über 250.000 Mal angesehen worden, obwohl man sich stattdessen auch anderthalb Stunden lang das Mantra eines fatalistischen Doomsday-Kults hätte anhören können. Ganz so, als wäre das Werk der kleine, europäische Bruder von Michael Moores Docutainment-Quatsch „Planet of the humans“.

Generell gibt es mehrere Parallelen zwischen den Werken: Beide versuchen, sich dem überaus komplexen Problem zu nähern, wie in Zukunft eine nachhaltige Weltwirtschaft aussehen könnte. Dennoch lassen beide Werke niemanden zu Wort kommen, der dazu etwas Fundiertes zu sagen hätte. Stattdessen stürzen sie sich auf eine Menge einzelner Puzzlestückchen und scheitern kläglich daran, diese zu einem sinnvollen Gesamtbild zusammenzusetzen. Für wissenschaftlich wirkende Aussagen gibt es entweder keine oder uralte Quellen, es hagelt übersimplifizierende Begriffe wie „grün“ und „sauber“, die dann zu düster klingender Musik maximal bedrohlich aufgeladen werden.

Wollte ich alle Fehler von „Umweltsünder E-Auto?“ auflisten, ich müsste wohl eine zehnteilige Artikelreihe schreiben. Das wäre aber vermutlich nicht besonders zugänglich und zudem auch spätestens ab Teil drei ziemlich

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