Wie wir unsere Kinder an unmäßigen Fleischkonsum gewöhnen

Ja, das mag nicht besonders überraschend sein, aber so schwarz auf weiß finde ich das schon mal erwähnenswert:

SPON_Artikel

Offiziell ist die Massentierhaltung allen ein Dorn im Auge – auch das Landwirtschaftsministerium brüstet sich gerne mit Bio-Errungenschaften und der bewusste Fleischesser fordert die Rückkehr zum Sonntagsbraten. Tatsächlich füttert aber der Staat höchstselbst die ihm schutzbefohlenen Schüler nicht nur mit Fleisch fragwürdiger Herkunft, sondern auch mit zu viel davon.

Und zu diesem Schluss kommen hier nicht der Vegetarierbund oder Nina Hagen sondern die DGE, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die für ihre konservative Haltung in Ernährungsfragen bekannt ist. Das ist so, als würde die CDU auf mangelnde Rechte für Homosexuelle hinweisen, da kann man schon mal aufhorchen.

Ein Armutszeugnis für die viertgrößte Volkswirtschaft des Planeten. Wir exportieren im Jahr Waren im Wert von einer Billion, oder anders gesagt 1000 Milliarden Euro, und geben unseren Kindern in staatlichen Schulen Müll zu essen. Das enthält in der Hälfte der untersuchten Schulen zu wenig Gemüse, ist zu zucker-, fett- und fleischlastig.

Simpsons-Screenshot

Und dabei muss man nicht mal Geld in die Hand nehmen, um zumindest den Fleischanteil auf ein gesundes Maß zu begrenzen, das ist eine reine Willensfrage. Der Grund dafür ist meiner Einschätzung nach auch, dass die Schulvertreter die erzürnten Eltern fürchten, die auch im Kindergarten meiner Kinder schon meckern, wenn es „nur“ 3 mal pro Woche Fleisch gibt.

Niedlich. Als Vegetarier bekommt man ja nicht selten zu hören, man würde den Kindern seinen eigenen Willen aufdrücken und damit deren Gesundheit gefährden. Währenddessen entsorgen wir in Schulkantinen und Kindergärten Antibiotika-getränktes Fleisch an unmündige Kinder, das in der Menge auch ohne die intensive Medikation der Tiere nicht mehr gesund wäre, und züchten damit nebenbei noch multiresistente Erreger heran.

Gegen Vegetarismus hört man dagegen nur, da würde „irgendwas fehlen“, das Tofu mache schwul und „Mhhh, jetzt erst mal lecker Steak“.

In Deutschland. Im Jahr 2014. Es ist so peinlich.

7 Gedanken zu “Wie wir unsere Kinder an unmäßigen Fleischkonsum gewöhnen

  1. Zum Glück betrifft mich das (noch) nicht. Mein Sohn geht gerade erst in die 1. Klasse. Mir graut aber schon davor, wenn er auf die weiterführende Schule kommt und dort evtl. tatsächlich dem Kantinenfraß ausgesetzt sein wird.

    Besonders schade finde ich, dass Kindern schon solch dumme Vorurteile eingetrichtert werden. Eine Situation beim Kochen neulich zeigte mir, wie entspannt Kinder mit ihrer Ernährung im Grunde umgehen und wie stark äußere Einflüsse sie negativ prägen.

    Mein Sohn ist (gerade noch) 6 Jahre alt, bisher als Mischköstler erzogen, da ich selber erst vor gut 1 Jahr umgestellt habe. Zu den Hauptmahlzeiten gibt es aber bei uns in der Regel für alle Familienmitglieder veganes Essen. Und nicht selten hilft mein Sohn mir bei der Zubereitung. Neulich also haben wir Pierogi gemacht, mit einer Füllung aus Sauerkraut, Kartoffeln und Räuchertofu.

    Nun ist Tofu natürlich immer das Antibeispiel jedes Fleischfanatikers, weil „schmeckt ja nach nichts“, „kaut sich wie Gummi“ etc pp.

    Mein Sohn probierte einen Löffel von der Füllung, kaute kurz und fragte dann „Was ist das Braune da?“ Meine Antwort quittierte er mit einem weiteren Löffeln in seinen Mund, nickte kurz und meinte dann „Das musst du mal öfter in Sachen reinmachen. Das ist gut.“

    Auch beim Essen klärte er dann meinen Freund darüber auf, dass „das Braune“ Tofu-Fleisch wäre.

    Für meinen Sohn ist Tofu also absolut nicht negtiv behaftet, es ist ein Lebensmittel wie jedes andere auch. Und ich sehe natürlich schon die Wellen hochschwappen, wenn versucht wird, das Fleisch zwangsweise in den Schulkantinen zu minimieren, aber zumindest fände ich es großartig, wenn wir Kindern einfach die Vielfalt an Nahrungsmitteln näher bringen würden. Das fängt ja schon zu Hause an. Ich kenne etliche Kinder, die gar nicht mehr wissen, was ein bestimmtes Obst oder Gemüse ist. Weder kennen sie den Namen, noch wissen, wie es schmeckt. Und oft geht mit „kenn ich nicht“ – „ess ich nicht“ einher. Sowas kennt mein Sohn überhaupt nicht. Für ihn gilt seit jeher das Motto „kenn ich nicht, muss ich sofort probieren“.

    Eltern sind sich scheinbar kaum bewusst in machen Fällen, was so dumme Sprüche wie „Papa braucht sein Fleisch“ oder „Das Hasenfutter kann die Mama essen“ oder „Tofu ist was für Hippies“ für Folgen haben.

  2. Mega-peinlich..mega. Peinlich. Ich stimme dir 100% zu. In dem Fall bin ich froh, dass meine Tochter weder im Kindergarten, noch jetzt in der Schule Essen bekommt sondern ich ihr dieses mitgebe. So weiß ich wenigstens, was sie zu sich nimmt. Ändert aber nichts an dem allgemeinen Problem, ich weiß. Leider. Oft kommen Sprüche von den Klassenkameraden meiner Kleinen (sie ist 7 Jahre alt), wie z.B. „Vegetarische Kinder wachsen nicht richtig und werden krank und bleiben für immer klein“ und lauter solche Grütze. Wenn ich mir da ausmale was für Gespräche in deren Elternhaus geführt werden, da graut mir. Im Jahr 2014.
    Kotz.
    LG Steffi

    http://www.redseconals.com

  3. Meine Tochter geht nach Ihrem Realschulabschluss auf ein ernährungstechnisches Gymnasium um dort Ihre Fachhochschulereife zu machen (oder vielleicht besser nicht?).
    Ihre Lehrerin (60+) erklärte letzte Woche, dass es gerade noch irgendwie möglich ist, vegetarisch zu leben, aber vegan geradezu ein Massaker in jedem Körper anrichtet. Nach Ihren Worten müssen vegetarisch lebende Schwangere eine halbe Apotheke an Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nehme um lebende und halbwegs gesunde Kinder zur Welt zu bringen und bei vegan lebenden Schwangeren (wenn man da überhaupt noch von einem Leben reden kann!) ist es an mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich, dass die (wenn sie überhaupt schwanger werden) ein überlebensfähiges Kind zur Welt bringen.
    Außerdem darf man Kinder auf GAR KEINEN FALL vegan ernähren und von vegetarischer Lebensweise ist auch hier abzuraten.

    Mein Kommentar dazu war einfach die Frage, wie sich die Lehrerin die Kinderflut in Südindien erklärt, wo etwa 80% der Bevölkerung vegetarisch bis vegan leben.
    Und natürlich habe ich mir überlegt, ob ich einen bösen Brief an die Lehrerin schreibe und sie frage, woher sie ihren vorsintflutlichen Bildungsstand gegenüber pflanzlicher Ernährung hat.

    • Liebe Claudia,
      sollte sich eine Lehr-Person derartig meinem Kind gegenüber äußern, hätte das sofort einen Brief mit der Bitte um ein persönliches Gespräch zur Folge, in dem ich dieser Person dann deutlich sagen würde, wie unverantwortlich ich es finde, wenn Leute über Dinge reden, von denen sie keine Ahnung haben.

      Zu diesem Gespräch würde ich eine Flut an Infomaterial zur vegetarischen/veganen Ernährung mitbringen, Statistiken und Nährwertangaben und von dieser Person verlangen, dass sie sich zunächst informiert, bevor sie inzwischen widerlegte Fehlinformationen in die Welt setzt. Von einem Lehrer erwarte ich, dass sie sich auf den neusten Stand bringen, bevor sie etwas „lehren“. Und wenn sie das nicht tun, sollten sie lieber den Mund halten.

      Ferner wäre ich wahrscheinlich auch an die Schulleitung heran getreten und hätte dort ein Gespräch geführt. Schließlich wird auch nicht mehr gelehrt, dass die Erde eine Scheibe ist oder die Sonne sich um die Erde dreht, seitdem das widerlegt wurde. Und Lehrkörper, die falsche Inormationen verbreiten, sollten darauf angesprochen und korrigiert werden.

      • Wenn sie sich doch nur MEINEM Kind gegenüber so geäußert hätte! Sie hat es vor der ganzen Klasse gesagt und ernst gemeint! Allerdings wurdes es wohl von der Klasse nicht so ernst aufgenommen. 😉
        Ich habe mir tatsächlich überlegt ob ich dagegen vorgehen soll- nur ist sie nicht die Lehrerin für Ernährungswissenschaft sondern die für Säuglingspflege, was noch genau 3 Stunden in diesem Schuljahr unterrichtet wird und sowieso von keiner/m in der Klasse ernstgenommen wird. Ebensowenig wie diese Ansichten zur Ernährung.
        Es sind wohl einige Vegetarier/innen in der Klasse und die haben sich nur alle sehr amüsiert. Von daher werde ich keine wertvolle Lebensenergie daran verschwenden, das von der Fleischindustrie geprägte Weltbild dieser Frau geraderücken zu wollen.

        Aber ja, ich verstehe Deine Empörung.

        • Ich denke ein Brief mit Infomaterial würde der Frau gut tun. Du musst dich nicht beschweren oder aufregen, sondern einfach Informationen schreiben und schicken. Möglicherweise relativiert sie ihre Sicht dann für die nächste Klasse im neuen Schuljahr.

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