Gutfleisch aus Gutland

Diese Tage regen sich ja nicht wenig Leute darüber auf, dass unter dem Label „Gutfleisch“ verkaufte Kadaver ihrem Namen offenbar nicht all zu viel Ehre machen. Wer hätte das gedacht: Das an 12.000 Filialen gelieferte Fleisch stammt nicht ausnahmslos von idyllischen Alm-Wirtschaften. Leben die Hühner von Wiesenhof am Ende auch nicht auf von Wiesen umgebenen Höfen?

Anyway… ein guter Zeitpunkt, ein Schmankerl der Werbekunst aus den Tiefen des Internets zu bergen – ich konnte leider nicht herausfinden, wann dieses Kleinod an Marketing-Kompetenz das Licht der Welt erblickte. Aufgrund der Bildqualität und dem damals noch unverhohlenen Fremdenhass tippe ich mal auf die 80er:

https://www.youtube.com/watch?v=jh7r5YtJ_Ow

Aber selbst dafür – war der Regisseur permanent auf Crack oder was? 20 wertvolle Sende-Sekunden lang guckt man der Oma bei ihrer geradezu meditativen Schnitzel-panier-Session zu. Wenn dann die Enkelin in die Küche gerannt kommt, stehen immer noch nur Schnitzel auf dem Tisch. Das kocht die regelmäßig für ihre Enkelin? 8 Schnitzel ohne alles?

Ok, aber die Enkelin steht auch echt auf die Dinger, vergisst kurzzeitig sogar ihren Schwarm Julian, der schon allein aufgrund seines Namens total süß ist, und kaut mit der Anmut einer halbseitig gelähmten Kuh auf der Proteinmatte herum. Das war die beste Einstellung vom ganzen Dreh? Seriously? Oh Mann, in den Outtakes muss der guten ja regelmäßig das Zeug aus dem Gesicht fallen.

So weit so gut, das Zeug schmeckt wohl hammer-mäßig, Werbebotschaft 1 erfolgreich überbracht. Jetzt aber macht die Oma sich doch etwas Gedanken, was für einer der Julian so ist. Wo kommt er her? Er ist doch hoffentlich Arier, oder? Wer sind seine Eltern? Isst er gerne Schnitzel? Widerworte lässt sie nicht gelten, denn die Erfahrung eines langen Lebens manifestiert sich in der wunderbaren Rentner-Weisheit: „… ist es mit den Freunden wie mit dem Fleisch“ *Schnitt* *Komplett irrer Blick direkt in die Kamera* „Auf die Herkunft kommt es an!“.

Oh wow… schimmerte da eben ganz kurz ein rotes Terminator-Leuchten durch ihr Auge? Würde einiges erklären – diese Einstellung bringt mich heute Nacht vermutlich um den Schlaf. So viel zu Werbebotschaft 2. Man hätte auch sagen können „Wenn Ihr nicht wollt, dass Eure Tochter mit Ali anstatt Robert in die Kiste hüpft, dann kauft wie jeder aufrechte Deutsche gutes Gutfleisch aus dem guten Doitschland! Heil dem Führrrror!“ „Gutfleisch“ kommt nämlich laut Herstellerangaben nur aus Deutschland.

Als ob das nicht schon absurd genug wäre, schwenkt die Enkelin zum Abschluss noch ihren debil/verständnislosen Blick in die Kamera – der ja irgendwo berechtigt ist. Aber wieso ist der Teil des Videos? Fährt der nicht dieser heimeligen Message vom guten deutschen Frontsoldaten Fleisch an den Karren?

Wie gesagt, entweder Crack oder der Cutter war damals schon im veganen Untergrund und irgendwie diese Version aus dem Rohmaterial geschummelt.

*Gutfleisch, das beste für sieeeeee*

 

preview

11 Gedanken zu “Gutfleisch aus Gutland

  1. Wieder ein sehr lustiger Artikel zu einem sehr ungewollt lustigem Werbespot! Ich gebe dir grundsätzlich auch recht mit dem was du schreibst. Allerdings haben mich diese Nazivergleich doch ein wenig gestört. Ich glaube nicht, dass die Leute von Gutfleisch wirklich Fremdenfeindlichkeit soggerieren wollten. Der Bezug auf die Herkunft hat denke ich nichts mit der Nationalität o.ä. zutun, sondern in dem Fall mit der Qualität des Elternhauses bzw. des Fleischproduzenten. Schließlich hieß der neue Freund des Mädels auch nicht Ali, sondern Julian! Da zu unterstellen, dass Fremdenfeindlichkeit vermittelt werden soll halte ich für etwas an den Haaren herbei gezogen. Wenn so ein Ali nämlich aus guten Haus gewesen wäre und anständig und vernünftig gewesen wäre, dann hätte die Oma bestimmt nichts gegen ihn gehabt. Und auch wenn damit geworben wird, dass das Fleisch nur aus Deutschland ist, sehe ich das nicht als Grund „Führer“-Anspielungen zu machen.

  2. Wo findest Du nur immer so ein Zeug? 🙂
    Ist das die Fortsetzung von Lilli? Die Schnitzel kommen mir auch total glücklich vor.

    Allerdings muss ich Marc-David Recht geben- „Herkunft“ würde ich trotz des hanebüchenen Blödsinns, den der Werbespot sonst so rüberbringt, auch nicht unbedingt auf das Herkunftsland beziehen, sondern eher auf den Superbauern, bei dem es die Schweine richtig guthaben und dann in bestem Gesundheitszustand glücklich ihrer Ermordung entgegensehen.

    Aber sonst top Artikel- wie immer!

    • gutfleisch wirbt ausschliesslich damit fleisch aus deutschland zu verarbeiten. also ist die anspielung auf die herkunft ganz klar auf „aus deutschland“ und nicht auf „aus gutem elternhaus“ / „guter auch nicht deutscher züchtung“ o.ä. bezogen.

      die frage ist auch „wo kommt er her?“ und nicht „was machen seine eltern?“
      da gibt’s imho nix anders zu verstehen.

  3. … und hier die nächste Runde aus Kotzistan

    http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=88589&key=standard_document_52663197&mediakey=fs%2Fmex%2F2014_08%2F140813225918_mexvegan_37168&type=v
    – veganes Junkfood ist ungesund … ja ach
    – „Eiweißmangel“ – von nem Ernährungswissenschaftler!!!
    – „immer mehr Kranke … weil Veganer“
    – „B12-Mangel … weil ja nur über tier. Produkte“
    – „viele Veganer haben keine Ahnung“
    – „nur ne Mode“
    – „Mangelernährung“

    mal sehen wer wieder schneller ist … du oder Ava von http://veganesauge.wordpress.com 😉

    • Ich würde auch gerne mal im Fernsehen irgendwelche Sachen als bewiesen darstellen, die mir grade einfallen. Ist doch schön, wenn man sich nicht mehr informieren muss, ob das, was man erzählt, überhaupt stimmt. Das muss ein wirklich entspanntes Leben sein.

    • Hm, das könnte spannend werden: wer wird den Kindern in diesem Heft seine Moral aufzwingen, die Veganer oder die Karnisten?
      “ WAS GIBT’S HEUTE ZU ESSEN? : Wenn man Fleisch isst, hat das Folgen. Für die Umwelt, für die Tiere – und für die eigene Gesundheit. Die Frage ist, ob man auf Fleisch verzichten kann.“

      http://www.spiegel.de/spiegel/deinspiegel/index-2014-9.html

      OB man auf Fleisch verzichten kann – diese Frage haben Ernährungswissenschaftler doch schon beantwortet: ja, unbedingt! Würde mich interessieren, wie die sicherlich fleischessende Redaktion diese Frage (natürlich total unvoreingenommen) beantwortet, ich hätte da allerdings so eine Ahnung.

      Noch mehr Tiere in diesem Heft: Berggorillas gibt es nicht im Zoo, Nils (13) stellt irgendein „freches Haustier“ vor, Pferde als Sportgeräte (Titel: „Pferdchen hüpf!“).

  4. Wenn man das Video als Comedy-Clip interpretiert geht es :D. Wie jemand so etwas jemals ernsthaft publizieren konnte entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

    Vielen Dank für das Teilen und den tollen Artikel dazu :).

  5. Hauptsache ich habe deinen Ansatz mit dem Führer und Arier erst nach dem Video gelesen…und witziger Weise dachte ich genau das Gleiche 😀 Kommt schon ein wenig..unterschwellig. Dieser Werbespot ist nicht nur schlecht gedreht, er ist für die Tonne.
    Sehr sehr guter Beitrag deinerseits! Mal wieder steckt nur Wahrheit verpackt in Ironie und Witz in deinen Worten 😉

Schreibe einen Kommentar

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst Du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen findest Du in der Datenschutzerklärung

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen